Flüchtlinge protestieren auf den Bahngleisen bei Idomeni. Foto: AP

Mehr als 100 freiwillige Helfer haben in Maulbronn einen Hilfskonvoi mit Kleidung, Essen und anderem Nützlichen für das Notlager Idomeni auf den Weg gebracht. Initiator Theofanis Morkotinis über seinen Hilfskonvoi und das Versagen der Politik.

Herr Morkotinis, eine Woche lang waren Sie mit Freunden und Bekannten durch halb Europa unterwegs, um gesammelte Hilfsgüter zu den Kindern im Flüchtlingslager Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenzen zu bringen. Wie ist die Lage in Idomeni?
Das hat alles übertroffen, was man sich vorstellen konnte – positiv wie negativ. Es war die Hölle, die man gesehen hat, anders kann man es nicht sagen. Es war chaotisch. Die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, sind leider die, dass in Idomeni jeder sein eigenes Süppchen kocht: Ob es das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR ist, die Ärzte ohne Grenzen, das Rote Kreuz oder sonstige Hilfsorganisationen – jeder schafft für sich, sie sind nicht vernetzt.
Woran liegt das?
Es koordiniert niemand. Als wir angekommen sind, wollten wir uns ins Lager reintatasten und haben die Container der Hilfsorganisationen am Eingang der Reihe nach abgeklappert. Aber ob es die Polizei war, Ärzte ohne Grenzen, denen wir Medikamente übergeben wollten, oder wer auch immer – jeder verwies auf jemanden anderes. Es gibt keinerlei Leitung des Lagers, ich habe keinen zentralen Ansprechpartner gesehen. Auch die Helfer vor Ort konnten mir niemanden nennen, der koordinieren oder delegieren kann.
Wie sind Sie mit der Situation in Idomeni umgegangen?
Man versucht über Kontakte, über viele Ecken und zig Telefonate jemanden Seriöses zu finden, von dem man hofft, dass er einem weiterhelfen kann. Wir haben dann jemanden gefunden, dem wir vertraut haben und der unser Vertrauen auch so genutzt hat, um alles vernünftig auf die Beine zu stellen. Da geht es darum, wie man die Konvois aufbaut, wie man die Hilfsgüter abschirmt und einen Korridor so einrichtet, dass es nicht zu einer Panik kommt.
Konnten Sie die Hilfsgüter an die Bedürftigen übergeben?
Ja, zum großen Teil hat es geklappt. Unsere Kontaktperson hat uns in ein Außenlager geführt, wo wir einen Teil unserer Hilfsgüter übergeben konnten. Für uns war entscheidend, dass wir die Sachen persönlich übergeben konnten und das Ganze nicht irgendwo verschwindet. Die restliche Ware konnten wir bei vernünftigen Leuten einlagern. Wir sind in stetigem Kontakt und hoffen, dass wir den Rest auch noch über Organisationen vor Ort verteilt bekommen.
Wie haben die Hilfsbedürftigen reagiert?
Die Leute dort stehen unter einem ganz speziellen Druck, das kann man gar nicht in Worte fassen. Die Menschen sind ausgehungert, haben keine vernünftige medizinische Versorgung, geschweige denn fließendes Wasser – sie sind eigentlich von der Außenwelt und der Zivilisation abgeschottet. Wenn dann Hilfe von außen in irgendeiner Form kommt, würden wir als Familienväter oder -mütter nicht anders reagieren: Wir würden uns alles krallen, was uns unter die Finger kommt, um das Leid unserer Kinder ein Stück weit lindern zu können.
War Ihr Hilfskonvoi eine einmalige Sache?
Nein, wir planen schon die nächste Tour, denn man kann die Menschen nicht alleine lassen. Man hilft definitiv mit dem, was man tut. Es ist ein Armutszeugnis für Europa, was in Idomeni gerade passiert. Es ist viel, viel Politik im Spiel – und die Politik versagt komplett.