Foto: Frank Eppler

Mit Hilfe einer fliegenden Kamera macht das Weingut Herzog von Württemberg Rebstock-Inventur in seinen Weinbergen.

Stuttgart/Kernen - Mit pfeifendem Surren hebt der futuristisch anmutende Flugapparat mit seinen vier oben liegenden Propellern ab und schwebt dann bewegungslos gut zehn Meter über den Weinbergen am Untertürkheimer Mönchberg. 5,6 Hektar Wengert in jener Lage gehören zum Weingut Herzog von Württemberg. Und dort wird jetzt für das mit insgesamt rund 40 Hektar Rebfläche größte private Weingut im Anbaugebiet Württemberg Inventur gemacht – Rebstockinventur. Die Gelegenheit die fliegende Hightechkamera beim Einsatz Mönchberg und danach in der Stettener Exklusivlage Brotwasser zu erleben, lässt sich auch Weingut-Chef Herzog Michael von Württemberg nicht entgehen. „Ich finde das absolut faszinierend, was es an technischen Möglichkeiten gibt, auch im traditionellen Weinbau“, sagt er zur ersten Rebstock-Inventur per Drohne. „Manche würden sagen, das hat etwas von einem Spielzeug an sich.“

Diejenigen, die das hoch technisierte und rund 90 000 Euro teure Spielzeug an einer ganz besonderen Konsole bedienen, gehören zum Startup-Unternehmen Lilienthal Digitaler Weinbau. Seit 2014 bieten Henning Hühnemohr und Aaron Kirschen Messungen für den Weinanbau an. Dabei werden industrielle Drohnen eingesetzt, die als Sensorplattform dienen. Die Rebinventur steht in der Angebotsliste der digitalen Dienstleistung, aber ebenso auch die Rebschutz- oder die Bewässerungsplanung für die Weinberge.

Hauptanlass dafür, dass das Weingut Herzog von Württemberg sich als erster Betrieb im Anbaugebiet die Dienste der digitalen Weinbergerfasser gesichert hat, sei eben eine Rebstockinventur, sagt Kellermeister Moritz Just. Irgendwann sei es einfach nötig, sich einen exakten Überblick zum Beispiel über den Fehlstockbestand, sprich die Zahl der Lücken in den Rebreihen zu verschaffen. Da gehe es um Entscheidungen über Nachpflanzungen in älteren Beständen oder aber auch um die Frage, ob eine Neubepflanzung womöglich sinnvoller ist. Klar sei eben auch: „Wenn mir 20 Prozent der Reben fehlen, fehlt am Ende auch 20 Prozent vom Ertrag.“

Die manuelle Methode der Inventur sei extrem aufwendig und fehleranfällig gewesen, bei den rund 4500 Rebstöcken, die im Durchschnitt auf jedem Hektar Rebfläche stehen, sagt der Kellermeister der Hofkammer. Da habe man zum Zählen mindestens fünf Leute gebraucht und Fehlerquellen beim Erfassen und späteren Digitalisieren gehabt. Derlei Fehler seien bei der drohnengestützten Inventur mit 400 bis 500 Bildern je Hektar ausgeschlossen. Just zur Bildqualität: „Auf den Fotos erkennt man noch die Ameise am Stock.“ Und der andere Vorteil, so ergänzt Herzog Michael: „Das geht auch noch extrem schnell.“

Recht flott kann sie tatsächlich sein, die Drohne. Sie flitzt im Zweifelsfall mit Tempo 80 über den Wengert, was sie beim Fotografieren natürlich nicht tut. Da ist der Flugvorgang automatisiert, sodass die Bilder mit der gewünschten Überlappung und Auflösung perfekt passen. Wobei eben nicht nur die Inventur samt Auswertung zu dem gehört, was sich der Weinbau an digitaler Unterstützung zunutze machen kann. Mit Spezialkameras gibt es auch Bilder, die über den Vitalitätszustand der Pflanzen Aufschluss geben. Auch was Krankheiten und Schädlinge angeht könne man sich nutzbringend des Drohnenauges bedienen, sagt Moriz Just: „Man sieht viel früher, wenn der Mehltau im Anflug ist, als bei der Kontrolle mit bloßem Auge .“