Studenten beleben Ludwigsburg. Aber nur mit Erstwohnsitz bringen sie der Stadt Geld ein. Drum werden sie umworben, sich umzumelden. Foto: factum/Archiv

Für jeden mit Erstwohnsitz gemeldeten Bürger erhält die Stadt Geld. Doch viele Studenten in Ludwigsburg wollen lieber bei den Eltern gemeldet bleiben. Eine vor vier Jahren gestartete Werbeaktion mit Rabattkarten kommt nur langsam in die Gänge.

Ludwigsburg - Günstiger wohnen, billiger einkaufen, ermäßigt ins Fitness-Studio: mit einer Rabattkarte möchte die Stadt Studenten davon überzeugen, dass Ludwigsburg ihr Erstwohnsitz wird. Der Erfolg ist überschaubar. Die „Heimvorteil-Karte“ gibt es bereits seit März 2012. Etwa 1600 Karten hat die Stadt seither ausgestellt, rund 650 werden derzeit benutzt.

„Über den Länderfinanzausgleich bekommen wir pro Bürger 1156 Euro im Jahr, ein Nebenwohnsitz hingegen bringt uns nichts ein“, erklärt Jürgen Schindler, der städtische Fachbereichsleiter für Bürgerdienste. Von dem Geld wird beispielsweise die kommunale Infrastruktur finanziert. „Wer die meiste Zeit im Jahr in Ludwigsburg wohnt, der sollte seinen Erstwohnsitz hierher verlegen“, sagt Schindler.

Bei 50 Anmeldungen im Jahr wären die Kosten der Kampagne gedeckt

55 000 Euro kostet die „Heimvorteil“-Kampagne die Stadt Ludwigsburg im Jahr. Bei etwa 50 Erstwohnsitz-Anmeldungen wäre diese Summe refinanziert. Bis vor Kurzem war die Aktion allerdings wenig erfolgreich, nur wenige Studenten wussten von der Rabattkarte. „Wir haben in neue Broschüren investiert und unsere Mitarbeiter im Rathaus geschult“, sagt Schindler. Nun laufe es besser. Die Zahlen der Erstanmeldungen seien gestiegen, die für den Nebenwohnsitz gesunken. Zwischen September und November 2015 stellten die Rathausmitarbeiter etwa 100 Karten aus. Im gleichen Zeitraum dieses Jahr waren es laut Schindler dreimal so viele.

Damit kommt die Stadt bei Weitem nicht an den Ideengeber ran: Seit gut zehn Jahren animiert die niedersächsische Stadt Göttingen mit der Aktion „Heimspiel“ Studenten dazu, sich mit Erstwohnsitz in der Universitätsstadt zu melden. Von den rund 20 000 Studenten seien 19 500 mit Erstwohnsitz gemeldet, sagt Detlef Johannson, der Sprecher der Stadt. Das sind etwa 98 Prozent der Studenten.

Eine Zahl, von der Ludwigsburg nur träumen kann: Nur 18 Prozent der 20- bis 30-jährigen Ludwigsburger haben eine „Heimvorteil-Karte“. Wobei anzumerken ist, dass nicht alle in dieser Altersgruppe an einer der Hochschulen studieren.

Ludwigsburg will keine Zweitwohnsitzsteuer einführen

Wie viele Studenten tatsächlich in Ludwigsburg wohnen, weiß Schindler nicht, die Daten würden nicht erhoben. An der Pädagogischen Hochschule (PH), der größten der fünf Lehrstätten der Stadt, gebe es jedenfalls viele Pendler, sagt Anne Nörthemann, die Pressesprecherin der PH. Sie wohnten also nicht in Ludwigsburg.

Diejenigen, die mit Zweitwohnsitz gemeldet seien, wollten sich oft aus emotionalen, finanziellen oder steuerlichen Gründen nicht ummelden, sagt Schindler. Bewusst verzichtet die Verwaltung jedoch auf eine Zweitwohnsitzsteuer und setzt auf die Heimvorteil-Kampagne. „Wir wollen die Bürger lieber überzeugen als abschrecken“, sagt Schindler.

In anderen Städten üben die Behörden finanziellen Druck aus. In Konstanz liegt die Zweitwohnsitzsteuer bei 20 Prozent und soll im Januar auf 25 Prozent steigen. „Die Zahl der Studenten mit Zweitwohnsitz ist aber gering“, sagt Ulrich Hilser, der Stadtsprecher. Stuttgart erhebt ebenfalls eine Steuer auf den Nebenwohnsitz. Hier sind es 10 Prozent der Kaltmiete.

500 Euro Begrüßungsgeld im Schwarzwald

Es geht jedoch auch anders: Die Gemeinde Gütenbach im Schwarzwald bietet Studenten, die an der FH Furtwangen eingeschrieben sind, einen Anreiz, sich mit Erstwohnsitz in Gütenbach anzumelden. Wer dort zum Stichtag am 30. Juni gemeldet ist, erhält auf Antrag einmalig 500 Euro. „Mit dem Begrüßungsgeld wollen wir junge Menschen in unsere Gemeinde locken“, erklärt eine Rathausmitarbeiterin.

Eine Lösung, die für die Stadtverwaltung Ludwigsburg nicht in Frage kommt. „Es wäre leichter, den Studenten eine monetäre Leistung anzubieten als den ‚Heimvorteil’“, sagt Schindler, „aber wir wollen auch den Handel in der Innenstadt ankurbeln.“ Denn die Studenten sind potenzielle Käufer und sollen mit der Rabattkarte in die Innenstadt gelockt werden.

Schindler zeigt sich mit der Entwicklung und dem Erfolg der Kampagne insgesamt zufrieden. Im Frühjahr entscheidet der Sozialausschuss über eine Fortführung des „Heimvorteils“. Der Fachbereichsleiter hofft auf ein positives Votum.