Antje Oehler prüft an der 80 Jahre alten Maschine den Teig Foto: Sophia Jedrzejczak

Täglich verkauft die Firma „Maultaschen wie bei Oma“ an Metzger, Restaurants, Kantinen und an Privathaushalte ihren Maultaschenteig. Antje Oehler hat den kleinen Betrieb im Stuttgarter Westen in diesem Jahr von ihrem Vater übernommen.

S-West - Vor Ostern stehen die Hausfrauen Schlange vor dem Geschäft an der Ludwigstraße 64/1. Sie alle wollen Antje Oehlers selbst gemachte „Herrgotts-Bscheißerle“ haben. Oehler hat während dieser Zeit ihrem Betrieb „Maultaschen wie bei Oma“ alle Hände voll zu tun. Etwa eineinhalb Tonnen Maultaschen gehen dann täglich über den Tresen. „Das ist viermal mehr als im restlichen Jahr“, sagt Oehler. Gerade rund um Karfreitag ist des Schwaben liebste Speise besonders gefragt.

Fast wie in der heimischen Küche

Warum das so ist, kann die Maultaschen-Bäckerin erklären: Es gibt viele Legenden, wie die schwäbische Spezialität entstanden ist. Die bekannteste ist, dass Mönche vom Kloster Maulbronn die Maultaschen erfunden haben. „Sie wollten an Karfreitag nicht auf Fleisch verzichten“, sagt Oehler und lacht. Deshalb haben sie das Fleisch unter dem Teig versteckt, damit der Herrgott es nicht sieht. Ob das wahr ist, weiß niemand genau; aber das tut der Nachfrage nach den „Herrgotts-Bscheißerle“ keinen Abbruch. Bereits um vier Uhr morgens beginnt für Oehler und ihre Mitarbeiter der Arbeitstag. Stetig dreht sich der Rührstab in der Schüssel. Die sieht fast so aus wie in der heimischen Küche, nur etwa zwanzig Mal so groß. Das ist die erste Station die das Gemisch durchläuft, bevor es sich als Maultaschenteig bezeichnen darf.

„Angefangen haben wir mit 30 Maultaschen pro Tag, heute stellen wir 200 her“, erzählt Oehler und dreht an einem grünen Rad von der Größe einer Untertasse. Eine Walze bewegt sich nach oben. Kurz darauf beginnt der Motor seine Arbeit. Dieser setzt nun den Mechanismus in Gang. Ähnlich einer Fahrradkette drehen sich Bänder um zwei Scheiben. Durch diese Bewegung beginnt das Zusammenspiel der Zahnräder. Die Walze macht aus dem Gemisch einen dünnen Streifen Teig.

Eigentlich ist der Betrieb kein Maultaschenhersteller, sondern er produziert nur den Teig. Täglich verkauft „Maultaschen wie bei Oma“ an Metzger, Restaurants, Kantinen und an Privathaushalte. Antje Oehler hat den kleinen Betrieb in diesem Jahr von ihrem Vater übernommen. Vier Mitarbeiter fertigen dort Tag für Tag 200 bis 400 Kilogramm Teig. Donnerstags und freitags macht ihr Vater auch selbst Maultaschen. „Er stellt sie nach einem alten Rezept von meiner Oma her“, sagt die Tochter. Früher hatte ihr Vater ausschließlich Teig und Nudeln fabriziert. Seit etwa sieben Jahren gibt es die hauseigenen Maultaschen auch im kleinen Laden vor den Produktionsräumen.

80 Jahre alte Maschinen

Antje Oehlers Leben wird seit 24 Jahren von den Maultaschen begleitet. „Ich habe meine Lehre abgeschlossen und bin dann gleich mit eingestiegen.“ Dass ihr die Arbeit Freude macht, bestätigt ihr offenes Lächeln und die Leichtigkeit bei jedem Handgriff. „Hier habe ich einfach von allem etwas: die Produktion, den Kontakt mit Kunden und das Büro“, sagt sie.

Produziert wird in diesen Räumen bereits seit 1877. Hier haben selbst die Maschinen irgendwie Tradition. Teilweise wurden sie von den Vorgängern übernommen und leisten seit 80 Jahren gute Dienste. „Das ist noch richtig aus Guss und Eisen“, sagt der Vater Peter Wachendorfer mit strahlenden Augen. „Anders als bei vielen modernen Maschinen können wir noch individuell auf Wünsche der Kunden eingehen.“

Damit die Mitarbeiter immer wissen, wie lang der Teig von den Stammkunden werden soll, gibt es selbst angebrachte Markierungen auf der Vorrichtung. „Das hier ist zum Beispiel ein Metzger und hier ist ein Restaurant“, erklärt die Chefin und zeigt auf die jeweiligen Beschriftungen unter der Meterzahl. Bei Bestellungen von 15 Kilogramm an kann auf Wunsch auch die Geschmacksrichtung gewählt werden: Paprika, Kräuter, Spinat, Curcuma und Tintenfisch hat „Maultaschen bei Oma“ im Angebot. „Wir verwenden zudem keine Farbstoffe. Wenn bei uns Paprika drauf steht, ist auch Paprika drin“, sagt Antje Oehler.