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Nach einem Ausnahmejahr mit rund 14 Millionen Euro Gewinn vor Steuern will die Landesmesse rasch über eine Erweiterung der Hallenfläche entscheiden. Ein Verkehrsgutachten gibt beim Thema Parkplätze Entwarnung.

Stuttgart - Ulrich Kromer und Roland Bleinroth, die beiden Geschäftsführer der Landesmesse Stuttgart, wollen die Gunst der Stunde nutzen. Fünf Jahre nach der Eröffnung durch den damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler nehmen sie die Erweiterung in den Blick. Bis 2016 soll die Messe am Flughafen durch eine zusätzliche Halle bis zu 17 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche gewinnen und damit auf 122 000 Quadratmeter wachsen.

Die Chefs sind sich sicher, die neue Halle auf Dauer gewinnbringend füllen und die Baukosten von rund 65 Millionen Euro finanzieren zu können. Mit dem Neubau am Westeingang soll auch dem Mangel an kleineren Konferenzräumen für bis zu 200 Personen begegnet werden. Das architektonische Merkmal der geschwungenen Dächer dürfte sich für diese Nutzung eher weniger eignen. Die äußere Form des Neubaus könnte sich daher von dem bestehenden Kongresszentrum an der Messe-Piazza beim Haupteingang ableiten.

An diesem Mittwoch beschäftigt sich der Aufsichtsrat der Landesmesse (LMS) mit dem Thema Erweiterung. In das 13-köpfige Gremium haben Stadt und Land entsprechend ihrer gleichwertigen Beteiligung je fünf Vertreter entsandt, Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammer stellen drei Vertreter. Offene Gegnerschaft zur Erweiterung findet sich hier nicht, Vorbehalte und kritische Nachfragen dagegen schon.

Die Messe will auf der Südseite auf einem eigenen Parkplatz erweitern

Absolute Zurückhaltung hat sich beim Erweiterungsthema das Land auferlegt. LMS-Aufsichtsratsvorsitzender ist der Finanzstaatssekretär Ingo Rust (SPD). Es gebe „nichts Neues“, heißt es in seinem Haus. Die Gesellschafter Stadt und Land sprächen Mitte März wieder.

Deutlicher werden Grüne und SPD im Aufsichtsrat. Das Thema Verkehr biete „keine Aufhänger, eine Erweiterung zu verhindern“, sagt ein Mitglied der Öko-Fraktion. Selbst die Parteimitglieder auf den Fildern sähen den Punkt „entspannt, weil keine landwirtschaftliche Fläche versiegelt wird“. Die Messe will auf der Südseite der beiden Hallenreihen auf einem eigenen Parkplatz erweitern. Dort fallen 780 Stellplätze weg. 1200 müssten angeblich laut Gutachten als Kompensation und wegen zusätzlicher Besucher durch die geweitete Fläche neu entstehen. Etwa 1000 sind auf zwei Parkgeschossen im Keller der Halle vorgesehen.

Weil der Flughafen alle 18 000 gemeinsamen Stellplätze besitzt, müsste er die zweistöckige Tiefgarage zahlen. Sie würde grob gerechnet 13 Millionen Euro kosten. Die Begeisterung darüber hält sich bei der Flughafengesellschaft in Grenzen. Die Fluggastzahlen seien gesunken, einen Parkplatzmangel wie vor 15 Jahren kenne man schon lange nicht mehr.

Grüne und SPD nehmen die Kosten in den Blick. Kann die Messe die Raten für einen (ohne Tiefgarage) 52 Millionen Euro teuren Neubau zahlen und zudem genügend Rücklagen für das bisherige, rund 816 Millionen Euro teure Gelände ansammeln? Das gehört der Projektgesellschaft Neue Messe. Die LMS überwies an diese zuletzt 6,2 Millionen Euro Pacht (2011). Zusätzlich flossen je 2,2 Millionen aus den Parkhäusern und Werbeflächen an die Baugesellschaft. Beim Neubau könnte eine Landesbürgschaft für die Messe die Zinskosten senken.

„Aktuell befinden wir uns im Gewährleistungszeitraum, so dass keine Rückstellungen gebildet werden“, räumt Unternehmenssprecher Thomas Erken ein. An Gewinnrücklagen habe die LMS bisher, ohne das 2012er-Ergebnis, 2,75 Millionen Euro angesammelt. Grüne und SPD sehen diese Zahlen kritisch. Die öffentlich geschaffene Messe-Infrastruktur müsse aus eigener Kraft erhalten werden, der Unterhaltungsaufwand werde steigen, warnen sie.

Verlängerung der Stadtbahnlinie U 6 sei zwingend

Er gehe davon aus, dass Instandhaltung und Abschreibung erwirtschaftet werden könnten, sagt Aufsichtsrat Ulrich Endress (CDU). Die Abschreibung des Geländes – 25 Millionen Euro pro Jahr – kann die Projektgesellschaft tatsächlich aber keinesfalls erwirtschaften. Die Messe sei öffentliche Infrastruktur, so Endress. „Sollten die Träger tatsächlich einmal zehn Millionen Euro zuschießen müssen, wäre das kein Weltuntergang“, findet der Unternehmer. Er stimme jedenfalls für eine Erweiterung. Auch Jürgen Zeeb von den Freien Wählern erwartet, dass die „Erfolgsgeschichte Messe“ mit einem Ausbau fortgeschrieben wird. Die Verlängerung der Stadtbahnlinie U 6 hält er dabei für zwingend. Das spare Parkraum und reduziere die Umweltbelastung.

„Ursprünglich waren mehr Ausstellungshallen geplant, das Potenzial und der Platz für eine Erweiterung sind jetzt da“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Richter. Er hoffe nicht, dass es zu Verzögerungen beim Bau komme.

„Der Bedarf für eine Vergrößerung ist gegeben, und er wird sich weiter erhöhen“, sagt Stuttgarts Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU). Das ändere aber nichts daran, dass das Unternehmen die Erweiterung selbst stemmen müsse. Davon wollen Ulrich Kromer und Roland Bleinroth den Aufsichtsrat am Mittwoch überzeugen.