Nach Erkenntnissen des baden-württembergischen Förderinstituts L-Bank wächst der Anteil derjenigen, die Start-ups mit neuen Ideen an den Markt bringen. Foto: dpa

In Zeiten der Hochkonjunktur nimmt die Risikobereitschaft für Neugründungen ab – auch in Baden-Württemberg. Doch eine Auswertung der Daten zur Gründerförderung der L-Bank unterstreicht den Trend zu Start-ups mit innovativen Ideen.

Stuttgart - Technologie ist Trumpf bei den Gründungen im Land. Während die gute Konjunktur und sichere Arbeitsplätze potenzielle Gründer insgesamt vom Sprung in die Selbstständigkeit abhalten, wächst der Anteil derjenigen, die Start-ups mit neuen Ideen an den Markt bringen. Dies ergibt eine Analyse der Gründerförderung der L-Bank im Jahr 2016. Bei der so genannten Startfinanzierung 80, ein Programm, das sich an kleinere Start-ups mit zunächst geringerem Kapitalbedarf richtet, ist beispielsweise im vergangenen Jahr, der Anteil des Industriesektors beim Finanzvolumen von sieben auf zwölf Prozent gestiegen.

Bei der Gründerförderung mit höherem Kapitalbedarf liegt der Industriebereich ebenfalls im Plus. Noch deutlicher ist der Trend bei den „sonstigen Gründungen“, zu denen oft branchenübergreifende, junge Unternehmen aus dem Bereich der Digitalisierung gehören. Deren Anteil am Finanzierungsvolumen stieg von 28 Prozent auf ein Drittel. Als dritter Mosaikstein passt hierzu im Stadt-Land-Vergleich die leichte Tendenz zu kapitalintensiven Gründungen im städtischen Umfeld. Trotz absolut weniger Anträgen ist der Kapitalbedarf von Gründern in den Städten von einem Anteil von 17 Prozent auf 19 Prozent gestiegen. Damit fügt sich die Entwicklung in Baden-Württemberg in den Bundestrend. Die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat ihre Zwischenbilanz für 2016 unter die Überschrift gestellt: „Arbeitsmarkt trübt Gründungslust – innovative Gründer behaupten sich deutlich.“

Innovative Gründer behaupten sich

Obwohl laut dem statistischen Landesamt die Zahl der Gründungen in Baden-Württemberg im ersten Halbjahr 2016 um vier Prozent zurückging und auch 2015 um 1,3 Prozent gesunken war, ist die Nachfrage nach der L-Bank-Förderung gestiegen.

Technologieentwicklung bedeutet immer auch einen höheren Kapitalbedarf. Im vergangenen Jahr wurde bei den Förderzusagen für Gründer wieder das Niveau des Rekordjahres 2015 erreicht. „Wir bewegen uns deutlich über dem Mehrjahresvergleich sagt ein Sprecher der L-Bank. Während die Gründerförderung von 599 Millionen Euro mit einem leichten Minus von 1,6 Prozent auf hohem Niveau blieb, hatten etablierte Unternehmen etwas weniger Förderbedarf (minus zwölf Prozent).

Baden-Württemberg hat ein Luxusproblem

„Eigentlich hat Baden-Württemberg ein Luxusproblem“, sagt der L-Bank-Chef Axel Nawrath zur Bilanz des Jahres 2016. „Bei guter Konjunktur, geringer Arbeitslosigkeit und hohem Lohnniveau sind die Anreize, sich selbstständig zu machen, gering. Ihn stimme aber das Profil insbesondere der jungen Gründer optimistisch. Sie seien extrem getrieben, ein Produkt nach vorne zu bringen und selbstständige Unternehmer zu werden: „Das ist aus unserer Sicht der Mittelstand von morgen.“

Wie sehr das Thema Gründung und die Sicherung des bestehenden Potenzials vor allem im Mittelstandes Hand in Hand gehen, zeigt die wachsende Förderung von Unternehmensübernahmen. Diese verbucht die L-Bank ebenfalls unter der Überschrift „Gründungsfinanzierung“.

Bei den Finanzierungen mit größerem Kapitalbedarf betrifft dies ein Drittel der Kredite. Bei den kleineren Fördersummen liegt der Wert bei einem Viertel. „Beide Indikatoren zeigen, dass das Thema Nachfolge in der Gründungsfinanzierung schon jetzt einen besonders hohen Stellenwert einnimmt“, sagt ein L-Bank-Sprecher. Dies heißt andererseits aber auch, dass hier zumeist vorhandene Geschäftsmodelle weitergeführt werden .

Als Förderbank, die auch dem politischen Auftrag der Landesentwicklung verpflichtet ist, agiert die L-Bank anders als etwa als ein privater Risikokapitalgeber, der sich oft auf technologieorientierte Start-ups mit hohen Wachstumschancen konzentriert. Die L-Bank fördert Gründungen in ihrer ganzen Breite – ob nun der Frisörsalon oder das Restaurant. Man wolle auch die Balance zwischen Stadt und Land wahren, heißt es. Gerade diese sei ein „Markenzeichen des Gründungsgeschehens in Baden-Württemberg“.