Mit Geschrei und Böllergeknalle: Polizeireiter üben den Einsatz gegen Hooligans Foto: Horst Rudel

Der VfB Stuttgart spielt am Wochenende wieder – und auch die Polizei tritt mit verstärkten Kräften auf. Doch auch wenn Rechnungsprüfer manches infrage stellen: Auf Stuttgarter Polizeipferde soll nicht verzichtet werden.

Stuttgart - Die 26 Störer leisten ganze Arbeit. Groß ist das Gebrüll, laut sind die Rasseln, sie werfen mit Plastikflaschen und lassen Böller explodieren. Doch die sechs Polizeipferde lassen sich letztlich nicht beeindrucken. Unerbittlich schieben die Polizeireiter die Fangruppe vor sich her, behelmte Bereitschaftspolizisten ziehen die Störenfriede raus und führen sie ab.

Alles nur Übung am Montagnachmittag bei der Reiterstaffel. Aber am Samstag kann es wieder ernst werden, wenn die Rückrunde der Bundesliga beginnt – und der VfB Stuttgart das Team von Borussia Mönchengladbach empfängt. Acht Polizeipferde werden im Einsatz sein – eine gewöhnliche Anzahl, weil die Partie nicht als Hoch-Risiko-Spiel eingestuft wird. Würden die Bayern kommen oder gar Eintracht Frankfurt – dann hätte die Reiterstaffel zwölf Pferde im Angebot. „Man bräuchte viel mehr Menschen, um den gleichen Einsatzerfolg zu bewirken“, sagt Innenminister Reinhold Gall, „deshalb sind Polizeipferde unverzichtbar.“ Das sagt er auch deshalb, weil Rechnungsprüfer gerne den Rotstift ansetzen würden, wenn es um Kosten bei der Polizei geht.

Doch der Einsatz gegen Fußball-Rowdys wird auch weiterhin Personal und Einsatzmittel kosten. Von Jahr zu Jahr sind die Einsatzstunden der Polizei im Land in Sachen Fußball gestiegen. Letzte Saison wurde der Rekordwert von 185 000 Stunden erreicht – und wenn man den internen pauschalen Stundensatz von 50 Euro zugrundelegt, sind das 9,2 Millionen Euro. Auch die Zahl der Beamten pro Spiel ist ständig gestiegen – Nimmt man den Durchschnitt über die fünf ersten Ligen, gab es 2011 pro Spiel 66 Beamte. 2014 lag dieser Wert bei 94 Beamten.

Gall zog die Notbremse – und verkündete in der vergangenen Woche, dass die Fußballwelt friedlicher geworden sei. Die Polizei reduzierte ihren Aufwand für weniger risikoreiche Spiele – und konnte bei den Bundesligavereinen VfB Stuttgart, 1899 Hoffenheim und SC Freiburg tatsächlich die Einsatzstunden spürbar senken. Allerdings: Nicht nur die Zahl der Risikospiele hielt sich in der Hinrunde in Grenzen. Die Belastung verlagerte sich auf die breite Ebene der unteren Ligen. Beispiel Stuttgarter Kickers in der dritten Liga: Die haben der Polizei mit über 6000 Einsatzstunden bereits in der Hinrunde so viel Arbeit beschert wie in der gesamten Saison 2013/2014. Was am Umbau des Gazistadions und der Verlegung der Heimspiele nach Reutlingen liegt. In Sonnenhof Großaspach haben sich nach dem Aufstieg in die dritte Liga die Einsatzstunden bereits auf 6300 verdreifacht – und dabei ist die Saison ja erst zur Hälfte rum. Die Tendenz beim VfB Stuttgart II, bei Waldhof Mannheim und beim SSV Ulm zeigt ähnlich nach oben.

Gall muss also erkennen, dass er von den hohen Einsatzzeiten im Land kaum herunterkommt – auch wenn sich die Polizei beim VfB derzeit zurückhalten kann. Dass die Vereine an den Kosten beteiligt werden sollen, wie es Bremen versucht, lehnt Gall indes ab: „Die Sicherheit im Umfeld von Großveranstaltungen gehört zu den ureigensten Aufgaben von Staat und Polizei“, sagt er. Das gelte schließlich auch für die fünf Millionen Kosten für den Papstbesuch 2011 in Freiburg.

Auf die Polizeireiterstaffel Stuttgart und ihre 23 Pferde lässt Gall kostentechnisch ebenfalls nichts kommen. An eine Auflösung sei nicht zu denken. Billiger geht es übrigens kaum: „Die Kosten fürs Futter pro Tag“, rechnet Dienststellenleiter Hans-Peter Sämann vor, „betragen 2,86 Euro.“