Lebensmittel werden zu symbolischen Preisen abgegeben. Foto: factum/Granville

Der Tafelladen ist 2015 gut gelaufen. Die Kirche muss nur halb so viel Zuschuss wie geplant aufwenden. Es sind mehr Spenden eingegangen als geplant.

Ditzingen – Eberhard Rupp, der Finanzverwalter des Ditzinger Kirchenbezirks, berichtet es mit Erstaunen und Dankbarkeit zugleich: Auch wegen vieler Spenden zum Jahresschluss fällt die vorläufige Bilanz des Strohgäuladens recht erfreulich aus. Der Tafelladen in Ditzingens Stadtmitte braucht für 2015 nur rund 8000 Euro Zuschuss – fast doppelt so viel war eingeplant.

Insgesamt gingen für das Geschäft, in dem arme Menschen ihren täglichen Bedarf für wenig Geld decken können, 26 000 Euro Bargeldspenden ein – wesentlich mehr als kalkuliert. Auch eine andere Zahl lässt aufhorchen: Im Strohgäuladen dürfen jetzt 350 Menschen einkaufen; im Januar 2015 waren es noch 300. Für 2016 ist für den Laden in der Mittleren Straße ein Zuschuss von knapp 19 000 Euro vorgesehen.

Lebensmittelspenden aus Läden der Umgebung

Der Kirchenbezirk unterhält das Geschäft im Rahmen seiner kirchlichen Sozialarbeit seit 1998. „Der Laden ist im Bewusstsein der Bevölkerung“, sagt der evangelische Dekan von Ditzingen, Friedrich Zimmermann. Jede Gemeinde unterstütze den Strohgäuladen auf irgendeine Weise; seit Ostern 2015 gibt es die Aktion „grüne Kiste“. Darin sammeln die Kirchengemeinden, ob evangelisch, katholisch oder neuapostolisch, gespendete länger haltbare Lebensmittel. Wenn die Kiste voll ist, wird sie zum Strohgäuladen gebracht. In Ditzingen selbst, so Zimmermann, würden die Leute ihre Warenspenden direkt im Laden abgeben. Jedes Jahr am Erntedankfest werden die Nahrungsmittelgaben von den Altären im Laden abgegeben – um sie an dessen bedürftige Kunden für wenig Geld zu verkaufen. Den Hauptanteil der Verkaufsware sind die gespendeten Lebensmittel, die jeden Tag von Mitarbeitern in den Läden der Umgebung abgeholt werden. Ein Großteil der ehrenamtlich erbrachten Arbeit im Laden besteht dann darin, Backwaren, Obst und Gemüse zu sichten und für den Verkauf herzurichten. Darüber dass dabei viele Kilogramm verdorbene Lebensmittel in den Müllkübel fliegen, redet keiner gerne.

Weil der Laden relativ klein ist, können immer nur wenige Kunden eingelassen werden. Deshalb bilden sich manchmal Schlangen von Wartenden vor der Tür. Der Laden könnte größer sein, räumt Zimmermann ein. Er sagt aber auch: „Wir sehen keine Alternative“ – auch aus Kostengründen. Die Verantwortlichen wären schon froh, hätten sie mehr Lagerflächen. Denn bisher wird auch der Keller des gut 100 Meter entfernten Dekanats genutzt. „Der Ruf ist aber noch nicht so laut, dass wir nach einem neuen Laden schauen müssten.“

Große Dunkelziffer der Armut

Die Stadtverwaltung begrüße sehr, dass es den Strohgäuladen gebe, sagt der Rathaussprecher Guido Braun. „Wir sind der Kirche sehr dankbar, dass sie sich dafür engagiert.“ Denn es gebe Armut in der Stadt – das sehe man bei der Nachfrage nach den Hilfsangeboten der Bürgerstiftung oder am Wunschbaum für Kinder zu Weihnachten. Es gebe auch eine große Dunkelziffer. „Viele Leute schämen sich und wollen nicht in Erscheinung treten“, sagt Braun. Die Stadt unterstütze den Strohgäuladen immer wieder; zuletzt gab es einen Scheck über 1500 Euro zum 15-Jahr-Jubiläum des Ladens 2013. Zum Thema ständiger Zuschuss der Kommune meint der Dekan: „Es gibt die Zusage der Stadt, dass wir nicht vergessen werden. Und wir hoffen, dass unser Ruf erhört wird, wenn wir laut rufen müssen.“

Mit dem Thema Armut geht man auch im Landratsamt um. Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt haben 2015 im Landkreis Ludwigsburg 4654 Menschen bezogen – 130 mehr als noch ein Jahr zuvor, und nochmals 200 mehr als 2013. Alleinerziehende hätten eine besonders hohe „Armutsgefährdung“, heißt es dazu.

Vier Betriebe bei der Ludwigstafel

Vier Betriebe bei der Ludwigstafel

In Ludwigsburg betreibt der Verein Ludwigstafel drei Tafelläden: in der Lindenstraße am Nordrand der Innenstadt, in der Straße Neue Weingärten in Eglosheim sowie im Gemeindehaus in der Donaustraße in Grünbühl; dazu kommt als vierte Station der Tafelladen in der Karl-Joos-Straße in Kornwestheim. Zudem werden drei Mittagstische für wenig Geld angeboten: im Haus der Diakonie und Kirche in der Unteren Marktstraße in Ludwigsburg sowie in Kornwestheim im Haus der Kirchengemeinde Sankt Martin am Donnerstag, im Bürgertreff in Eglosheim (Tammer Straße) am Montag, Mittwoch und Freitag.

Seit einiger Zeit erwirtschafte man in jedem Jahr insgesamt ein leichtes Plus, das die Rücklagen stärke, sagt die Geschäftsführerin Anneliese Schneider-Müller – oder das Ganze „geht Null auf Null auf“. In allen vier Geschäften arbeiten einige Hauptamtliche auf Teilzeit- oder 450-Euro-Basis. Insgesamt stehen dafür 2,8 Personalstellen zur Verfügung. Dazu kommt eine Heerschar von Ehrenamtlichen: 80 seien es alleine für die Hauptstelle in der Lindenstraße, so Schneider-Müller; für die drei Außenstellen und die drei Mittagstisch-Angebote arbeiten noch einmal rund 100 Freiwillige.

Spendenaktionen der großen Lebensmittelhändler

Neben den Vereinsmitgliedern und den Spendern der Lebensmittel und sonstigen Waren tragen Dutzende Förderer dazu bei, dass alle Angebote aufrecht erhalten werden können. Auf der Internetseite des Vereins sind rund 60 Institutionen, Firmen und Privatleute als Förderer genannt. Zwei spezielle Spendenaktionen im Jahr werden von den bundesweit tätigen Lebensmittel-Handelskonzernen Edeka und Rewe getragen. Die Bundeszentralen der Konzerne, so Schneider-Müller, würden dabei ihre örtlichen Filialen mit den örtlichen Tafelläden zusammenbringen. So konnten beispielsweise in den Rewe-Filialen vor Weihnachten „Tafel-Tüten“ mit frischen Lebensmitteln gekauft werden, die dann an die bedachten Tafelläden ausgeliefert wurden.