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Aktionstag in Schorndorf – Waiblinger Polizei hat keine Erkenntnisse über mögliche Konfrontation mit Neonazis.

Schorndorf - Auf die Stille folgt der Krach: Während am Donnerstag im Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt in einer bewegenden Zeremonie mit eindrucksvollen Reden und zwölf Kerzen an die Opfer des rechtsextremen Terrors gedacht wurde, wird es an diesem Samstag im Remstal nicht ganz so ruhig zugehen. „Laut gegen rechte Gewalt“ ist der Titel einer Demonstration, die um 16.30 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Marktplatz beginnt und später mit Informationen zur Neonazi-Szene im Rems-Murr-Kreis sowie um 20 Uhr mit hämmernden Rockrhythmen diverser Bands im Club Manufaktur im Hammerschlag fortgesetzt wird.

Veranstalter rechnen mit mindestens 250 Teilnehmern

Ausrichter sind die Organisationen „Weiler schaut hin“ und „Rems-Murr nazifrei“. Faschistische Strukturen und die dazugehörige Gewalt seien ein ausuferndes und gerade im Rems-Murr-Kreis bedrohliches Problem, heißt es in der Ankündigung. Verwiesen wird auf diverse Vorfälle in jüngerer Vergangenheit: so der Brandanschlag von Neonazis auf eine Winterbacher Gartenhütte, in die sich türkische Migranten geflüchtet hatten; dann Waffenfunde bei organisierten Rechtsextremen im Raum Backnang, NPD-Parteitage in Korb oder „größere faschistische Feiern in Weiler, Winnenden oder Aspach“.

Die Veranstalter rechnen mit mindestens 250 Teilnehmern. Dass es in Schorndorf zu einem Aufeinandertreffen mit rechten Gegendemonstranten kommen könnte, scheint unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. „Wir haben keine Erkenntnisse, dass rechte Gruppierungen aufrüsten und nach Schorndorf kommen wollen“, sagt Polizeisprecher Ronald Krötz. Allerdings existieren im Internet kursierende Meldungen, wonach Neonazis an einen Besuch an diesem Samstag in der Geburtsstadt Gottlieb Daimlers denken: „Wir nehmen diese Lügerei nicht hin“, heißt es da, verbunden mit der Forderung: „Laut gegen den ewiggestrigen Linksextremismus.“ Die Polizei werde selbstverständlich vor Ort sein, um die Versammlung zu gewährleisten. Mit wie vielen Beamten man präsent sein wolle, werde aber im Vorfeld grundsätzlich nicht bekanntgegeben, so Krötz.

Der Charakter dieser Demonstration dürfte ein etwas schärferer sein als jener bei den Kundgebungen vom April und Juli 2011, als auch aus bürgerlichen Reihen ein Signal gegen den „verabscheuungswürdigen Brandanschlag“ (OB Matthias Klopfer) gesetzt werden sollte und es beispielsweise in Winterbach eine Mahnwache unter dem Motto „Kerzen gegen Brandstifter“ gab. Von derartigen Aktionen hält der Mitorganisator der jetzigen Demo, Alfred Denzinger, nicht viel. Er rügt diese „Halbherzigkeit in der Sache“, Ideen wie „Kerzen gegen Brandstifter“ seien ja „schon fast peinlich“.

Nichts am Hut mit Neonazis

Unruhe gibt es in Schorndorf zudem erneut um die einst von einem NPD-Funktionär betriebene und dann von der Stadt geschlossene Kneipe Linde im Ortsteil Weiler. Die dortigen „patriotischen Stammtische“ waren Auslöser für die Gründung von „Weiler schaut hin“. Vor wenigen Wochen wurde nun bekannt, dass das Lokal wieder geöffnet werden soll.Mit „Sorge und Angst“ wandten sich Weiler Bürger an den OB, dass womöglich „wieder eine öffentliche rechtsextrem geführte Gaststätte genehmigt werden soll“. Ihr Appell: „Wir wollen kein rechtsextremes Zentrum in Weiler und anderswo.“

Die neuen Pächter wiesen die Vorwürfe umgehend zurück, sie hätten mit Neonazis nichts am Hut und wollten „eine hundsgewöhnliche Gaststätte“ betreiben. Tatsächlich hat die Stadt kürzlich die Konzession erteilt. Das neue Pächterpaar sei bisher nicht auffällig gewesen, erläutert der Erste Bürgermeister Horst Reingruber. „Jeder kann sein Glück versuchen; aber ich bezweifle, dass Weiler diese Schankwirtschaft braucht.“ Im Übrigen versichert er: „Die Linde bleibt in unserem speziellen Fokus.“