Flüchtlinge bekommen Bücher von der Ludwigsburger Stadtbibliothek Foto: factum/Granville

„Wir möchten verhindern, dass die Willkommenskultur in Bezug auf Asylbewerber wegkippt“, sagt der Ludwigsburger Polizeipräsident Frank Rebholz. Darum haben sich die Beamten in den Landkreisen Ludwigsburg und Böblingen ein Zehnpunktepogramm verordnet.

Ludwigsburg - Zentrales Element wird ein Kontaktbeamter sein. Pro Revier soll mindestens ein Polizist mehrmals in der Woche in eine Flüchtlingsunterkunft gehen. Als „Sensor“, um möglichst frühzeitig Stimmungsumschwünge wahrzunehmen – egal ob innerhalb der Gruppe oder bei den Menschen in der Nachbarschaft.

Es gibt viele Runde Tische und Arbeitskreise sowie ehrenamtliche und von Amts wegen bestellte Helfer, um mögliche Konflikte bei der Integration der Flüchtlinge zu vermeiden. Die Polizei sucht noch nach ihrer Rolle, „aber wir wollen uns klar positionieren“, sagt Rebholz. „Und zwar als Freund und Helfer und nicht repressiv.“ Das werde nicht leicht, da die meisten in ihren Herkunftsländern die Polizei eher als korrupten Feind erlebt hätten. Darum müssten die Beamten vor Ort Vertrauen gewinnen, meint der Ludwigsburger Polizeipräsident. „Das wird sicher nicht leicht sein, aber wir werden es versuchen.“

Es handle sich beim Zehnpunkteprogramm nicht um eine landesweit abgestimmte Polizeiaktion, sagt Rebholz. Doch in seinem Präsidium seien bereits im April erste Überlegungen in diese Richtung angestellt worden: „Noch lange vor den ersten Übergriffen auf Flüchtlingsheime in Thüringen, Bayern oder Baden-Württemberg.“ Diese Anschläge aber zeigten, wie nötig es sei, dass auch die Polizei Farbe bekenne.

Bestätigt fühlten sich die Ordnungshüter auch, als bei einer Podiumsdiskussion im Landratsamt Anfang Juni der Ruf nach einer „einfühlsamen Polizei“ laut wurde. Darum sei es Teil des Projekts, den Asylbewerbern klarzumachen, wie die Polizei hierzulande ihre Arbeit verstehe, wie der Rechtsstaat funktioniere und welche Rechte sie hätten, aber auch, welche Regeln zu befolgen seien. „Wir wollen in beide Richtungen konsequent sein.“

Die neue Aufgabe kann das Präsidium nur dank einer Personalumschichtung leisten. Die Hauptlast liegt beim Referat Prävention und bei dessen Leiter, Kriminaloberrat Jürgen Hauber, sollen alle Fäden zusammenlaufen. „Ich kann diesen Job nicht irgendwem geben“, sagt Rebholz. Hauber sei der Richtige, weil er Auslandserfahrung mitbringe. Er war drei Jahre in Afghanistan – im Rahmen des deutschen Einsatzes zur Polizistenausbildung.

Die Polizei werde Flyer verteilen, in denen sie ihr Kommen ankündigt, aber auch zu Zeugenaussagen im Fall von kriminellen Handlungen aufruft, sagt Hauber. Bisher gibt es die Informationen auf Russisch, Arabisch, Englisch und Türkisch. Weitere Sprachen sollen folgen. Eine erste vertrauensbildende Aktion ist am 3. August geplant, wenn die Polizei zum Fahrradtraining nach Asperg einlädt. Wer das absolviert hat, bekommt eines von 400 Rädern geschenkt. So viele hat der Diakonieverband Ludwigsburg bei einer Spendenaktion zusammen bekommen.

„In der einen oder anderen Richtung werden wir das Konzept sicher noch korrigieren müssen, aber wir fangen jetzt einmal an“, sagt Frank Rebholz.