So schön die Wälder sind im Südwesten – sie sind duch die Klimawandel in Gefahr Foto: dpa

Lange galt die Buche als einer der gesündesten und resistentesten Bäume in den Wäldern des Landes. Doch das Extremklima dieses Jahr hat auch den mit 22 Prozent am meisten vertretenen Laubbaum erheblich geschädigt. Forstminister Alexander Bonde (Grüne) setzt auf verstärkten Klimaschutz.

Stuttgart - Als Rekordjahr werde 2014 in die Statistik eingehen, sagte Minister Alexander Bonde am Donnerstag. Für den Wald aber ein durchaus negativer Rekord: Während durch das warme Klima das Wachstum vieler Pflanzen dieses Jahr schon im frühen Frühjahr begonnen hat, war zu dieser Zeit der Boden sehr trocken. Vielen Baumarten hat das geschadet. „Der Wasservorrat ist entscheidend für das Wachstum“, so Landesforstpräsident Max Reger. Und ein trockenes Frühjahr könne auch nicht durch einen nassen Sommer ausgeglichen werden.

So verweist der Waldzustandsbericht 2014, den Bonde am Donnerstag veröffentlicht hat, auf stärkere Kronenschäden an vielen Bäumen. Diese hatten nach dem extrem warmen Jahr 2003 in den Folgejahren 2004 bis 2006 deutlich zugenommen, gingen dann aber bis 2013 zurück. „Jetzt gibt es wieder einen deutlichen Anstieg“, so Bonde.

Gleichgewicht in der Natur labil

2014 werde voraussichtlich das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, so der Minister. Das Gleichgewicht in der Natur werde labil. Die Witterung habe auch zu einer deutlichen Vermehrung der Schadinsekten geführt. Der Anteil an deutlich geschädigtem Wald sei um sieben Prozent auf 42 Prozent angestiegen. Gleichzeitig hat sich die Fläche an nicht geschädigtem Wald von 33 auf 24 Prozent reduziert.

Die Nadel- und Blattverluste – ein Gradmesser für den Zustand der Bäume – haben sich um vier auf 24 Prozent erhöht: „Das ist der drittschlechteste Wert jemals“, verdeutlichte Bonde.

Bei der Buche erhöhten sich diese Blattverluste sogar um sechs Prozent auf 35. Das bereitet den Forstleuten Sorge. Noch vor 15 Jahren stand die Buche im Schnitt immer besser da als alle anderen Baumarten. Jetzt ist die Buche die vom Klimawandel und den Folgen am stärksten betroffene Baumart. Durch die verlängerte Vegetationszeit haben die Bäume besonders viele Bucheckern ausgebildet. Das bedeutet, dass sich Nähr- und Energiestoffe in diese Früchte verlagern, während das Blattwerk in der Krone sich lichtet.

Käfer fressen Löcher in die Blätter

Diese veränderten Umstände sind ideal für den Buchenspringrüssler. Der nur etwa zwei Millimeter große Rüsselkäfer kommt generell im Südwesten recht häufig vor. Doch jetzt wurde eine „wirtschaftlich fühlbare“ Schadstufe erreicht. Davon betroffen sind in Baden-Württemberg 2465 Hektar, in Rheinland-Pfalz 1460 Hektar. Die Käfer fressen Löcher in die Blätter der Buchen, die Larven bilden sogenannte Blattminen (Fraßgänge), durch die größere Teile der Blätter dürr werden.

Zum Absterben großer Waldgebiete führe das vorerst aber nicht, sagte Max Reger am Donnerstag. Auch seien die Buchen nicht so geschädigt, dass sie gefällt werden müssten. „Wir setzen auf Laubholz und haben die Hoffnung, dass sich die Buche wieder erholt.“ Auf den Holzmarkt wirke sich die Schädigung der Buchen deshalb noch nicht aus.

Die Forstleute und Mitarbeiter an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) beobachten jedoch genau die Entwicklung der Buche. Die FVA aktualisiert regelmäßig die Baumarten-Eignungskarte. „Wir gehen davon aus, dass die Buche eine stabilisierende Baumart in Baden-Württemberg bleibt“, so Reger. Einen Waldumbau weg von der Buche würde er „ungern von einem einzelnen Jahr abhängig machen“.

„Baumart mit Migrationshintergrund“

Dabei ist der Waldumbau in vollem Gange. In den vergangenen 20 Jahren wurde der Anteil der Laubbäume von 36 Prozent auf 47 Prozent angehoben. Sollte die Buche dauerhaft beeinträchtigt bleiben, soll die Eiche wieder mehr zum Zug kommen. Bei den Nadelbäumen setzt der Forst nicht mehr auf die Fichte, die wie die Buche stark unter dem Klimawandel leidet. Vielmehr rückt die Tanne ins Blickfeld, die tiefer wurzelt und sich zurzeit als recht stabil erweist. An trockenen Stellen, so Reger, könnte auch die Kiefer wieder stärker gepflanzt werden. Gewichen ist die frühere Euphorie über die Douglasie, die in Nordamerika heimisch ist: Diese „Baumart mit Migrationshintergrund“, so Reger, sei nicht mehr erste Wahl.

Der Klimawandel zwingt den Landesbetrieb ForstBW, den Wald ständig umzubauen. „Der Aufbau stabiler Mischwälder ist unsere Hauptaufgabe“, so der Minister. Dringender denn je sei eine Folgevereinbarung zum Kyoto-Protokoll. Ernüchternd beurteilt er die Bundespolitik im Klimaschutz: „Die Position der Bundesregierung wird immer weicher.“ Bonde sieht den Klimawandel als die Herausforderung schlechthin für den Wald – nachdem er den sauren Regen überstanden habe. „Durch die Anstrengungen zur Luftreinhaltung seit den 1990er Jahren haben sich die Säureeinträge verringert.“ Die Blattvergilbung, hervorgerufen durch Störungen des Nährstoffhaushalts, seien nur noch gering. „Der saure Regen ist kein Problem mehr“, so Bonde.

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