Die Ausbaupläne des Katharinenhospitals werden erneut geändert. Für den zentralen Neubau muss das erst 20 Jahre alte Eingangsgebäude, der Katharinenhof, weichen. Zu den neuen Kosten schweigt die Verwaltung noch. Das Hospital bleibt bis 2022 Großbaustelle – drei Jahre länger als geplant. Foto: dpa

Bis die letzten Neubauten stehen, dauert es drei Jahre länger als geplant – Unklare Kostenlage.

Stuttgart - Nun ist es amtlich: Der sonnendurchflutete Katharinenhof am Standort Mitte des städtischen Klinikums wird zum Fall für die Abrissbirne. In dem erst 1993 eröffneten Empfangs- und Funktionsgebäude des Katharinenhospitals lassen sich Brandschutz und Statik nur unter hohen Kosten anpassen, um es zum Zentrum für Operative Medizin umzubauen.

„Wir müssten den Katharinenhof bis auf das Betonskelett zurückbauen, die Fundamente aufwendig unterfangen und vergrößern“, schilderte Steffen Walz, Leiter Krankenhausbauten im städtischen Hochbauamt, im Krankenhausausschuss den Aufwand. Derartig schwere Eingriffe bergen auch bei einem relativ jungen Gebäude Kostenrisiken. „Ein Neubau ist wirtschaftlicher“, warb Walz für Abriss statt Umbau. Der Kostenvorteil: zwölf Millionen Euro.

Damit sind nicht zum ersten Mal Ausbaupläne in der mittlerweile seit acht Jahren laufenden Umstrukturierung des Klinikums Stuttgart ein Fall für den Papierkorb. In der Absicht, das städtische Klinikum von fünf auf die beiden Standorte Katharinenhospital und Bad Cannstatt zu verschlanken, kam es immer wieder zu Änderungen.

Die Kosten wurden damals auf 245 Millionen Euro taxiert, Fertigstellung im Jahr 2015

Der geplante zentrale Neubau an der Kriegsbergstraße, der letzte große Restrukturierungsbaustein, sollte nach einem Architektenwettbewerb vom Juni 2010 noch aus dem komplett umgebauten Katharinenhof sowie einem benachbarten Neubaublock mit Haupteingang, drei Behandlungs- und vier auskragenden Bettengeschossen bestehen. Dazu käme am Hegelplatz ein Neubau für die Strahlentherapie. Die Kosten wurden damals auf 245 Millionen Euro taxiert, Fertigstellung im Jahr 2015.

Nach dem jüngsten „Kommando zurück“ soll die Strahlentherapie jetzt in einem ersten Bauabschnitt ab Anfang 2013 in einem unterirdischen Komplex an der westlichen Seite des künftigen Zentralbaus angesiedelt werden. Darüber soll später die Grünachse des Klinikums verlaufen. Das alte Verwaltungsgebäude bleibt stehen. Wenn die neue Strahlentherapie 2014 in Betrieb ist, sollen entlang der Kriegsbergstraße zwei etwa gleich große Neubauten mit jeweils vier Sockelgeschossen sowie drei U-förmig aufgesetzten Bettengeschossen in die Höhe wachsen. Begonnen wird mit dem westlichen Gebäude, also links vom heutigen Katharinenhof. Es nimmt Ende 2017 den Empfang und die Innere Medizin auf.

Rund zwei Jahre sind danach für Räumung und Abriss des Katharinenhofs vorgesehen. 2019 soll der Bau der zentralen Chirurgie beginnen, Fertigstellung ist damit 2022 und nicht, wie vorigen November noch verkündet, 2019. Zwischen den beiden Neubauten und dem bestehenden höheren Bettentrakt ist eine längliche Glashalle als Verteilerachse vorgesehen. „Das sieht wohlüberlegt aus“, lobte Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne) die neuen Pläne. Zeitlich ergebe sich „kaum eine Verzögerung“, da die inneren Disziplinen wie geplant zusammengefasst würden.

„Derzeit werden alle Kosten geprüft“

Die Einbindung von Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie Augenklinik ins Chirurgiezentrum hatte der Gemeinderat erst 2010 beschlossen. Keine Angaben machte Wölfe zu den Kosten der revidierten Pläne. „Derzeit werden alle Kosten geprüft“, kündigte er Zahlen für die Ausschusssitzung am 20. Juli an, „mit großen Überraschungen ist nicht zu rechnen.“ Zuletzt hatte Wölfle im November 2011 vor der Presse rechnerische Kostensteigerungen bei beiden Neubauten zusammen von 302 auf 387 Millionen Euro eingeräumt. Klinikumsgeschäftsführer Ralf-Michael Schmitz hatte diese damals unter anderem mit Wirtschaftlichkeitseffekten auf real 323 Millionen Euro heruntergerechnet. Durch Landesmittel und einen Verkaufserlös von 57 Millionen Euro für das Bürgerhospital rechne man mit einer Kreditaufnahme von letztlich 124,4 Millionen Euro. Die sei gut finanzierbar, hieß es damals. Nun müssen die Stadträte die neuen Zahlen abwarten.

Durch die längere Bautätigkeit am Katharinenhospital ist die für 2019 angepeilte Schließung des Bürgerhospitals infrage gestellt. Statt abgewickelt zu werden, braucht es den dritten Klinikumsstandort wohl noch als Interimsquartier. Für die verwaiste Psychiatrische Klinik, die inzwischen in den Neubau ans Krankenhaus Bad Cannstatt umgesiedelt ist, gibt es offenbar einen auswärtigen Mietinteressenten. „Alle Optionen werden geprüft“, sagt Wölfle. Auch am Krankenhaus Bad Cannstatt stehen die Zeichen auf weitere Veränderung. Bis Ende Juli soll geklärt sein, ob die Cannstatter Sportklinik dort einziehen kann. Zum Jahreswechsel werden dort OP-Kapazitäten der Frauenklinik frei, die mit dem Olgahospital (Kinderklinik) ans Katharinenhospital umzieht.

Trotz eines fraktionsübergreifenden „Wehmuts über den Abriss des Katharinenhofs“ begrüßten die Stadträte unisono die stark geänderten Neubaupläne. „Nichts ist am Klinikum beständiger als der Wechsel“, sagte Helga Vetter (CDU).