Wie es mit dem Garnisonsschützenhaus weitergeht, ist noch nicht endgültig entschieden Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Druck ist groß. Wider Erwarten gibt der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen des Gemeinderats einer Gruppe junger Leute die Chance, das Garnisonsschützenhaus zu pachten. Allerdings muss das Team bis Juni ein tragfähiges Konzept für das dort geplante Haus der Stille vorlegen.

Stuttgart - Die Überraschung bei Christian Dosch und seinen acht Mitstreitern ist noch nicht verflogen. „Wir schwanken zwischen Wow! und Au!, zwischen Euphorie und Zweifel. Aber die Begeisterung überwiegt“, gesteht Dosch. Unter dem Namen „Initiative Garnisonsschützenhaus“ hat die Gruppe bei der Stadt ein Konzept für die Nutzung des denkmalgeschützten Garnisonsschützenhauses samt Nebengebäude am Dornhaldenfriedhof eingereicht. Sie will dort ein „Haus der Stille“ für die Öffentlichkeit einrichten. Seminare und Workshops sollen veranstaltet werden und Wohnungen für Menschen entstehen, die Ruhe zum Arbeiten suchen.

Es gab vier weitere Nutzungsvorschläge. Bei der Bewertung der Konzepte durchs Baurechtsamt landete der Vorschlag der Initiative um Dosch auf Platz 5 und hatte damit die geringsten Chancen, zum Zuge zu kommen. Durch die Stimmen der Grünen, der SPD und der Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-Plus hat die Gruppe nun aber die Chance bekommen, die Liegenschaft im Erbbaurecht zu erlangen. Doch die Uhr tickt: Sollte die Gruppe nicht vor der Sommerpause bis zum 31. Juli ein tragfähiges Finanzierungskonzept samt realisierbarem Nutzungskonzept vorlegen, ist es aus mit dem ambitionierten Plan. Dann muss neu über die Zukunft der Gebäude entschieden werden.

„Für uns bedeutet das eine enorme Herausforderung, denn wir sind davon ausgegangen, dass wir für alles zwölf Monate Zeit haben. Die Hälfte, das wird verdammt eng“, sagt Dosch. Sein Fahrplan: Zunächst soll der Finanzierungsplan für das Projekt gemeinsam mit einem Wirtschaftsprüfer aufgestellt werden. Um an Geld zu kommen, will die Gruppe eine Bürgergenossenschaft gründen. Das setzt voraus, dass der Genossenschaftsverband Baden-Württemberg in Karlsruhe dem Eintrag ins Genossenschaftsregister zustimmt. Verweigern kann der Verband das, wenn die Geschäftspläne nicht schlüssig sind. Steht der Eintrag im Register, müssen Mitglieder gefunden werden, die einen oder mehre Genossenschaftsanteile erwerben. Benötigt werden laut Dosch für die Renovierung der Gebäude rund eine Million Euro. „Investieren 1000 Bürger 1000 Euro, können wir das Projekt stemmen“, ist er überzeugt.

Die Rendite fällt mit etwa ein bis zwei Prozent relativ gering aus und ergibt sich aus dem Überschuss an den Mieteinnahmen nach Abzug der Unkosten. „Die Genossenschaftsmitglieder können kündigen und ihre Anteile aus der Genossenschaft ziehen“, sagt Dosch und stellt fest, dass dann neue Mitglieder gefunden werden müssen.

Das Werben um Mitglieder ist der zweite Schritt, den die Initiative angehen will. Im dritten Schritt soll dem Baurechtsamt dann der Nutzungsplan vorgelegt werden.„Dabei kommt es darauf an, dass die Pläne aus baurechtlicher Sicht zulässig sind“, sagt Kirsten Rickes, Leiterin des Baurechtsamts, und weist darauf hin, dass bei einer öffentlichen Nutzung das Risiko, durchs Genehmigungsverfahren zu fallen, weit größer ist als bei einer privaten Nutzung. Durch ihre Behörde wird der Zeitdruck noch verschärft. Denn um die Pläne auf ihre Realisierbarkeit hin prüfen zu können, müssen sie etwa sechs Wochen vor der Sitzung in ihrem Amt sein. Bleiben also nur noch knapp fünf Monate Zeit für die Initiative.

Ob sie sich mittlerweile wünscht, die Chance auf Verwirklichung ihrer Pläne von den Stadträten doch nicht bekommen zu haben? „Auf keinen Fall. Das ist eine Riesenchance. Falls es klappt, könnten weitere Projekte folgen“, sagt Dosch – und etwas leiser: „Wenn’s scheitert, kann man daraus lernen.“ Er sieht die Initiative für das Garnisonsschützenhaus nicht als geschlossene Gesellschaft, die alles im Alleingang bestimmt. „Wir sind der Impulsgeber und offen für alle, die das Projekt jetzt mit auf den Weg bringen wollen. Die endgültige Entscheidung, ob die Initiative Garnisonsschützenhaus zum Zug kommt, fällt am 2. Oktober im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen.

Interessenten können sich mit der Initiative in Verbindung setzen. https://garnisonsschuetzenhaus.wordpress.com/haus-der-ruhe/