24 Objekte in Berlin, Hamburg und Brandenburg durchsuchte die Polizei. Foto: dpa

Der Attentäter vom Breitscheidplatz ging hier ein und aus und Terrorunterstützer trafen sich jahrelang in der Berliner Fussilet-Moschee. Erst jetzt wurde sie verboten.

Berlin - Die Polizisten, die am Dienstag früh vor der weinroten Altbautür in der Perleberger Straße stehen, haben sich hinter Sturmhauben verborgen. Vor einem können sie hier aber sicher sein: Keiner der Islamisten, die hier in der Berliner Fussilet-Moschee seit Jahren ein- und ausgingen, wird sich an diesem Morgen ihre Gesichter merken. Die radikalen Salafisten sind längst ausgeflogen.

Schon vor einer Woche hatte der Moscheeverein die Räume in Moabit von selbst verlassen – in Berlin war zuvor in aller Offenheit im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses über das eigentlich verdeckt geführte Verfahren eines bevorstehenden Vereinsverbots berichtet worden. Dass die Moschee Treffpunkt für gewaltbereite Islamisten war, dass hier auch mindestens zehn der als Gefährder bekannten Extremisten verkehrten, war schon lange bekannt gewesen.

Der Attentäter Anis Amri ging hier ein uns aus

In die internationalen Schlagzeilen geriet der Verein aber nach dem islamistischen Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz vom 19. Dezember, bei dem zwölf Menschen getötet und mehr als 50 verletzt worden waren. Der Attentäter Anis Amri, so wurde bei den Ermittlungen schnell klar, hatte die Moschee zuvor oft besucht. Das Video, in dem er dem Islamischen Staat Gefolgschaft schwört, wurde unweit der Moschee aufgenommen. Auch der Lastwagen, mit dem Amri auf den Breitscheidplatz fuhr, stand in der Nähe der Moschee, von wo aus er entführt wurde.

Zehn Wochen nach dem Anschlag wurde der Verein „Fussilet 33“ nun vom Berliner Innensenator Andreas Geisel verboten. Am Morgen durchsuchten 450 Polizisten insgesamt 15 Wohnunge, drei Gewerberäume und sechs Gefängniszellen in Berlin sowie zwei weitere Wohnungen in Hamburg und in Brandenburg. Beschlagnahmt wurden das Vereinsvermögen sowie Computer und Akten.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) machte am Nachmittag bei einer Pressekonferenz deutlich, wie zentral dieser Treffpunkt für die Szene der Terrorunterstützer in Deutschland war. „Maßgebliche Funktionsträger und Akteure des Vereins sind wegen der Unterstützung terroristischer Vereinigungen im Ausland und der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten angeklagt oder bereits verurteilt“, erklärte Geisel. Der Vereinsvorsitzende und der Präsident des so genannten Weisenrates säßen in Untersuchungshaft, ein Mitglied der Vorstandes sei nach Syrien gereist und habe dort im Kampfgebiet eine Ausbildung an Schusswaffen absolviert, ein weiterer IS-Unterstützer sei seit Oktober 2015 in Haft

Spitzen des Vereins sitzen bereits in Haft

Die Innenbehörde hat klare Beweise dafür, dass der Verein den Islamischen Staat (IS) sowie die Junud al-Sham („Soldaten Syriens“ ) unterstützt, Terror als Mittel zur Durchsetzung religiöser Ziele befürwortet und konkret Spenden für terroristische Gruppen und Dschihadisten aus den Reihen der Vereinsmitglieder sammelte.

Geisel sagte, das Verbot sei ein wichtiger Schritt gegen religiös motivierten Terrorismus. „Berlin ist kein Ort für geistige Brandstifter“, betonte er. Das sollten auch andere Gruppierungen im Hinterkopf haben. „Wir reden heute über Fussilet, aber wir haben auch andere Extremisten im Auge.“ Die Bildung von Ersatzorganisationen sei verboten. Es sei nicht um den Ort, sondern um die Vereinsstrukturen gegangen, die Sicherheitsbehörden könnten nun die Finanzströme der Organisation ermitteln und aus den Akten weitere Erkenntnisse gewinnen.

Der Senator versuchte auch zu erklären, weshalb es so lange gedauert hat, bis das seit 2015 diskutierte Verbot nun verfügt wurde. Geisel verwies auf die hohen Hürden für ein Vereinsverbot. Mit Blick darauf hätten Fachleute in der Verwaltung geraten, die Ermittlungen und Strafverfahren gegen Vereinsmitglieder abzuwarten, die schon seit 2015 liefen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wollte man im Verbotsverfahren nutzen. Im Februar 2016 wollte der ehemalige CDU-Innensenator Frank Henkel ein Verbot verfügen – aber personelle Probleme verzögerten den Schritt und es fehlte an Druck. Der zuständige Mitarbeiter war dauerkrank und schied im November aus, die Stelle blieb unbesetzt. Erst nach dem Attentat und dem Regierungswechsel besetzte Geisel die Stelle kommissarisch – dann wurden das Verbotsverfahren geführt. Am 8. Februar wurde die Verfügung erlassen – bis die Durchsuchungsbeschlüsse aus drei Bundesländern vorlagen, dauerte es weitere zwei Wochen.