Der Stifter und Sammler und der Leiter seines Museums: Frieder Burda (Mitte) und Ludger Hünnekens (re.) auf dem „Über Kunst“-Podium in der Galerie Klaus Gerrit Friese in Stuttgart. Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie. Foto: Frank Kleinbach

"Über Kunst“: Von der Sammlung zum Museum - Frieder Burda und Ludger Hünnekens geben Einblicke.

Stuttgart - 2004 konnte Frieder Burda in Baden-Baden das von ihm gestiftete Museum Frieder Burda eröffnen. Gemeinsam mit Ludger Hünnekens, Leiter des Museums, war Frieder Burda am Dienstag Gast unserer Veranstaltungsreihe "Über Kunst" in der Stuttgarter Galerie Klaus Gerrit Friese.

In wenigen Wochen wird Frieder Burda 75 - der Mann aber, der am Dienstagabend die "Über Kunst"-Bühne unserer Zeitung betritt, wirkt in den kommenden 90 Minuten überraschend jugendlich. Die öffentlichen Auftritte des Sammlers und Stifters sind selten - umso mehr freuen sich die 230 Besucher des Abends über die mitunter nachdenklichen, mal hintersinnigen, immer aber klaren Aussagen Burdas. An dessen Seite: Ludger Hünnekens. Bis Frühsommer 2010 Rektor der Stuttgarter Kunstakademie, folgte er im vergangenen Herbst dem Ruf Frieder Burdas, die Leitung des 2004 eröffneten Museums Sammlung Frieder Burda zu übernehmen.

Burda sieht sich selbst als "Sammler aus Leidenschaft", wie auch eine am 20. April erscheinende Biografie von Stefan Kohldehoff betitelt ist. Und Leidenschaft und Begeisterung für die Kunst ließ Burda in dem von Nikolai B. Forstbauer, Kulturressortleiter unserer Zeitung, moderierten Gespräch auch von Beginn an spüren. "Ich bin ja eigentlich ein Quereinsteiger", sagt Burda, der in verschiedenen Bereichen des Druck- und Verlagsimperiums Burda tätig war, bevor er 1986 seinem Bruder Hubert die Führung des Unternehmens überließ. "Einen Verlag", begründet Frieder Burda seine damalige Entscheidung, "kann man nicht zu zweit führen."

Fast 20 Jahre zuvor sieht Frieder Burda 1968 auf der Weltkunstausstellung Documenta IV in Kassel Lucio Fontanas Bild "Concetto Spaziale" - "ein unglaubliches Erlebnis für mich". "Andere gingen demonstrieren, ich habe einen Fontana gekauft", lacht Burda - und ergänzt, der erwartete Zorn seines Vaters sei ausgeblieben. "Er fand es sogar ganz gut", lacht Burda, der im Elternhaus von Werken des deutschen Expressionismus geprägt wird und auch im "Über Kunst"-Gespräch immer wieder das Expressive als Ausgangspunkt seines Interesses an Kunst erkennen lässt.

Auch das frühe Interesse an den späten Bildern von Pablo Picasso begründet sich so: "Es war das Expressionistische, was mich so begeistert hat", sagt Burda. Davor schon interessiert er sich für den Abstrakten Expressionismus der New York School um Jackson Pollock, und er sammelt Arbeiten von Künstlern "der eigenen Generation", vor allem Gerhard Richter, Sigmar Polke und Georg Baselitz. "Ich komme vom Bild", sagt Burda - und tatsächlich kommen Skulpturen erst im vergangenen Jahrzehnt in die Sammlung. Mit der Eröffnung des eigenen Museums im Herbst 2004 forciert Burda auch den Block der Gegenwartskunst - in eine überraschende Richtung. Der Sammler entdeckt die Fotokunst für sich, allen voran den Düsseldorfer Axel Hütte und den in Baden-Baden zuletzt im Dialog mit Skulpturen von Duane Hanson vorgestellten New Yorker Gregory Crewdson.

Geldknappheit ist notorisch

Die von diesem Freitag an zu sehende Ausstellung "Lebenslinien. Stationen einer Sammlung" bündelt nun die Wege und Kreuzungspunkte der über eine Stiftung abgesicherten Sammlung. "Für mich ergeben sich ungemein spannende Dialoge zwischen den Werken", sagt Ludger Hünnekens. Der Glanz, ergänzt der Leiter des Museums Frieder Burda, darf indes nicht den Blick für dringende Fragen verstellen. "Es fehlt der Kunst an Akzeptanz in der Gesellschaft", sagt Hünnekens, und der Beifall der prominent besetzten Reihen (Götz Adriani, Leiter der Stiftung Kunsthalle Tübingen und gemeinsam mit Werner Spies und Klaus Gallwitz wichtiger Berater für Frieder Burda war ebenso zu Gast wie Stuttgarts Staatsgaleriedirektor Sean Rainbird, die Sammler Ute und Rudolf Scharpff, die Düsseldorfer Malerin Karin Kneffel und Galeristen wie Dieter Mueller-Roth) macht deutlich, dass in Stuttgart der Sommer 2009 des verhinderten Kultur-Streichkonzerts noch nicht vergessen ist.

Die Geldknappheit der öffentlichen Museen ist indes notorisch. Verhindert sie auch risikoreiche Ausstellungen von Gegenwartskunst? Frieder Burda antwortet mit einer Gegenfrage: "Warum verkauft ein öffentliches Museum nicht einmal Bilder und erwirbt neue?"

Nicht anders als öffentliche Häuser bietet auch das gänzlich aus der Stiftung finanzierte Museum Sammlung Frieder Burda eine Vielzahl von Vermittlungsangeboten für spezifische Zielgruppen. "Droht hier in den Kultureinrichtungen nicht vielleicht gar ein Überangebot?", fragt Forstbauer. Hünnekens widerspricht, sieht er doch "besonders im Fall der zeitgenössischen Kunst weiter viel Erklärungsbedarf". "Die Besucher brauchen Handreichungen und nehmen die Angebote an", sagt er.

Für die Überblicksausstellungen zum Werk von Gerhard Richter und Sigmar Polke in Baden-Baden hat Frieder Burda mit anderen wichtigen Sammlern zusammengearbeitet - im Fall des Projekts "Polke - Eine Retrospektive" mit Josef W. Froehlich und Reiner Speck. Wäre auch eine verstärkte Kooperation mit öffentlichen Museen denkbar? "Bis jetzt", sagt Frieder Burda, "höre ich von den öffentlichen Häusern wenig." Fortgesetzt aber wird die Zusammenarbeit mit Götz Adriani und weiteren Gastkuratoren wie Werner Spies und Jean-Louis Prat. "Ich bin kein Kunsthistoriker", sagt Burda, "ich brauche jemanden, der meine Ideen umsetzt."

Stifter-Ideen würden, so hoffte Mitte der 1980er Jahre der damalige Ministerpräsident Lothar Späth, aus Baden-Württemberg ein "Stifterland" machen. Wie sehen Frieder Burda und Ludger Hünnekens heute die Realität? "Es hat lange gedauert", sagt Hünnekens, "bis die Große Koalition 2007 wichtige Weichen gestellt hat." Zugleich aber gebe es "immer noch große Vorbehalte gegenüber privaten Stiftungen". Die Zukunft der das Museum Sammlung Frieder Burda tragenden Stiftung immerhin ist gesichert. Ein Sohn soll einmal die Stiftung leiten, eine Tochter die Sammlung betreuen.