In Libyen herrscht zurzeit das Chaos in Form von Islamisten-Terror, zwei Regierungen und zahlreichen Flüchtlingen. Foto: ALMASRY ALYOUM

Islamisten-Terror, zwei Regierungen und zahlreiche Flüchtlinge: Zwischen dem Chaos in Libyen und EU-Staaten wie Italien liegen nur wenige Hundert Kilometer Seeweg. Jetzt will die EU handeln.

Brüssel - Die Europäische Union trifft Vorbereitungen für einen möglichen Friedenseinsatz im Bürgerkriegsland Libyen. In Brüssel sollen in den kommenden Wochen Pläne für eine neue, möglicherweise militärische EU-Mission erarbeitet werden. Diese könnte beginnen, wenn die laufenden Bemühungen für einen Friedensplan erfolgreich sind. „Sobald es eine Einigung über eine Regierung der Nationalen Einheit und Sicherheitsvorkehrungen gibt, steht die EU bereit, um Libyen zusätzlich zu unterstützen“, heißt es in einem Beschluss der EU-Außenminister vom Montag.

Nach den Worten von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ist denkbar, dass die EU sich mit Soldaten am Schutz von Grenzen und wirtschaftlich wichtiger Infrastruktur wie Häfen beteiligt. Ob die Regierung in Berlin bereit ist, auch deutsche Soldaten für solche Aufgaben zur Verfügung zu stellen, wollte er allerdings nicht sagen. Nach Lage der Dinge vor Ort sei es noch nicht möglich, Entscheidungen zu treffen, sagte Steinmeier. Zu Militäreinsätzen von direkten Nachbarländern in Libyen sagte der SPD-Politiker, es herrsche Skepsis unter den Außenministern, ob dies „am Ende zur Erhaltung eines libyschen Staates und zur Gewährleistung von mehr Sicherheit in diesem Staat beiträgt“.

Seit Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 mit Unterstützung des Westens gestürzt wurde, rivalisieren im ölreichen Libyen islamistische Milizen und nationalistische Kräfte gewaltsam um Macht und Einfluss. Die international anerkannte Regierung ist mittlerweile ins ostlibysche Tobruk geflohen, eine islamistische Gegenregierung sitzt in der Hauptstadt Tripolis. Dschihadisten von Terrorgruppen wie dem Islamischen Staat (IS) bauen ihren Einfluss aus.

Staaten aus dem Süden der EU unterstützen den Plan

Friedensbemühungen unter der Führung des UN-Sondergesandten Bernardino León wurden am Montag erneut von Gewalt überschattet. In der Nacht verübten IS-Anhänger einen Anschlag auf einen Militärstützpunkt der verfeindeten Islamistenmiliz Fadschr Libia (Libyens Morgendämmerung) in Misrata. Ein Kämpfer sei dabei getötet, drei seien verletzt worden, sagte ein Fadschr-Kommandant der Deutschen Presse-Agentur.

Die Idee einer europäischen Friedensmission für Libyen wird vor allem von Staaten aus dem Süden der EU unterstützt. Unter anderem Italien ist seit Monaten mit wachsenden Flüchtlingszahlen konfrontiert und will verhindern, dass das nordafrikanische Land noch stärker zum Rückzugsort für islamistische Terroristen wird. Von Libyen sind es nur wenige Hundert Kilometer Seeweg übers Mittelmeer nach Italien.

„Libyen ist in unserer unmittelbaren Nähe. Wir haben die Situation, dass auch sehr viele Ausländer dort in Gefahr sind“, kommentierte der österreichische Außenminister Sebastian Kurz am Rande der Beratungen in Brüssel. Als konkretes Beispiel nannte er die Entführung eines Landsmannes bei einem Überfall auf ein Ölfeld.