Ohne Kerosin läuft nichts am Flughafen Stuttgart – jetzt muss eine andere Route für die Kraftstoffleitung gesucht werden Foto: dpa

Der Stuttgarter Flughafen kann vorerst keine Kerosinpipeline bauen, weil eine knappe Mehrheit der Ratsmitglieder in Unterensingen (Kreis Esslingen) sie nicht auf seiner Gemarkung haben möchte.

Stuttgart/Unterensigen - Leicht haben sie es sich nicht gemacht. Ein Jahr lang haben unzählige Gespräche, Informationsveranstaltungen und Telefonate zur geplanten Kerosinpipeline des Flughafens Stuttgart über die Unterensinger Gemarkung stattgefunden. Am Ende hat sich der Gemeinderat mit sieben Ja- und acht Nein-Stimmen knapp gegen die geplante Pipeline entschieden. Damit stellte er sich gegen die Empfehlung der Verwaltung und des Bürgermeisters Sieghart Friz, der sich in der Sitzung ausdrücklich für das Projekt des Flughafens verwandt hatte.

Esslingen - Wie es weitergeht, ist vorerst ungewiss. Unterensingen ist die einzige Gemeinde, die sich gegen die neue Pipeline ausgesprochen hat. „Wir müssen jetzt schauen, ob noch andere Routen möglich sind“, erklärt der Pressesprecher des Flughafens, Volkmar Krämer.

Dabei müsse der Flughafen jedoch stets auch die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten. „Das ist für den Flughafen finanziell keine unendliche Geschichte.“ Eine andere Trasse ab Reutlingen entlang den Bundesstraßen 464 und 27 wäre 29 statt 19 Kilometer lang und entsprechend teurer. Andererseits braucht der Flughafen jährlich 230 000 Kubikmeter Kerosin.

Tanklager in Heilbronn wird geschlossen

Der Hintergrund der Pläne für eine neue Kerosinpipeline ist, dass Ende 2017 ein Tanklager in Heilbronn geschlossen wird, von dem der Stuttgarter Flughafen bisher einen Teil seines Kerosins bezieht. Er hat deshalb beschlossen, einen großen Teil der Transporte, die bisher über die Straße gingen, durch eine unterirdische Leitung mit einem Anschluss an das zentraleuropäische Pipelinenetz zu ersetzen, das zwischen Tübingen und Aalen verläuft.

Das Stuttgarter Regierungspräsidium betreibt derzeit ein Raumordnungsverfahren, um einen Korridor festzulegen, in dem die Kerosinpipeline verlaufen könnte. Neben den ökonomischen Aspekten - der Transport des Kerosins würde durch die Leitung billiger - wäre eine Pipeline auch wesentlich besser für die Umwelt, erklärt Volkmar Krämer.

Die Leitung soll in einer Tiefe von mindestens 1,20 Metern verlaufen und keinen Lärm verursachen. Ackerbau sei über der Leitung weiterhin ohne Einschränkungen möglich. Allerdings könnten die Grundstücke, unter denen die Leitung verliefe, nicht mehr mit Häusern bebaut werden. Außerdem seien keine tiefwurzelnden Bäume über der Leitung möglich. Neben der Wirtschaftlichkeit und ökologischen Gründen zählt der Stuttgarter Flughafen die größere Sicherheit als drittes Argument für die Pipeline auf.

Gemeinde sieht sich schon stark belastet

Eine Begründung für die ablehnende Haltung des Unterensinger Gemeinderats war, dass die Gemeinde bereits an vielen Stellen durch überörtliche Infrastrukturprojekte belastet sei und deshalb nicht auch noch die Pipeline über ihre Gemarkung führen lassen möchte. Neben der Autobahn 8 werden im Bericht von der Gemeinderatssitzung am 20. Juli die geplante ICE-Trasse, der Ausbau der Bundesstraße 313 sowie eine bestehende überörtliche Gasleitung als Belastungen genannt.

Zudem hätte Unterensingen keinen unmittelbaren Nutzen von der Pipeline, führt das Protokoll die Ansicht der Leitungsgegner auf. Da half es auch nicht, dass der Unterensinger Bürgermeister Sieghart Friz neben einer bereits ausgehandelten veränderten Führung um ein Naturschutzgebiet mit Baggerseen herum auch noch die Erneuerung eines Fahrradwegs bei den Verhandlungen mit dem Flughafen-Management herausgeschlagen hatte. Dass das Projekt innerhalb der Einwohnerschaft umstritten ist, belegt eine Unterschriftenliste mit 312 Namen von Pipelinegegnern, die im Unterensinger Rathaus beim Bürgermeister abgegeben wurde.

Der Stuttgarter Flughafen hofft, mit einer veränderten Trassenführung doch noch zu einer Einigung mit Unterensingen zu kommen. Zunächst ist der Gemeinderat jedoch mindestens ein halbes Jahr an seinen Beschluss gebunden.