Die Stadtverwaltung rät ab, das Wohnheim auf dem ehemaligen Fahrion-Areal an der Steiermärker Straße als zukünftige Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. Foto: Martin Stollberg

Der Bezirksbeirat spricht sich für den Bau eines Flüchtlingswohnheims im Gebiet Schelmenäcker-Süd aus, fordert aber auch, die Alternative auf dem ehemaligen Fahrion-Areal weiter zu prüfen.

Feuerbach - Wer ins Bezirksrathaus Feuerbach kommt, dessen Blick fällt in der Eingangshalle auf eine Reihe großflächiger farbiger Plakate. Darauf sind Feuerbacher Porträts zu sehen: Fotos von markanten Gesichtern. Alteingesessene Originale, aber auch zugewanderte Neubürger, junge Feuerbacher und alte Feuerbächer, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Eine bunte Mischung eben: „Wir sind Feuerbach und Feuerbach ist bunt“ ist die Imagekampagne passend dazu überschrieben.

Noch bunter könnte Feuerbach in Zukunft werden. Denn Anfang 2015 werden voraussichtlich 78 Flüchtlinge nach Feuerbach kommen. 4,5 Quadratmeter Wohnfläche stehen jedem Neuankömmling zu. Die Asylbewerber sollen in einem neu zu bauenden Wohnheim im Schelmenäcker-Süd untergebracht werden. Für diesen Standort hat sich jedenfalls der Bezirksbeirat Feuerbach in seiner Sitzung am vergangenen Dienstag einstimmig ausgesprochen. Der Gemeinderat muss noch am 27. März zustimmen.

Wenig Zeit, sich vorab mit den Prüfergebnissen zu befassen

Dem Votum der Bezirksbeiräte war eine längere Debatte vorausgegangen. Manche Fraktionssprecher stellten am Dienstagabend nicht nur die Ergebnisse des Prüfverfahrens in Frage. Dirk Teichmann (CDU) kritisierte, dass die Powerpoint-Präsentation bereits am Freitagnachmittag den elektronischen Weg ins Postfach der Feuerbacher Bezirksvorsteherin gefunden habe, aber erst am Sonntagabend an die Bezirksbeiräte weitergeleitet worden sei. „Ich frage mich, was da passiert ist“, so Teichmann. Mehr als ärgerlich sei das allemal, denn durch die zeitliche Verzögerung sei den Bezirksbeiräten die Möglichkeit genommen worden, sich vorab intensiver mit den Ergebnissen zu befassen und sich mit den betroffenen Anwohnern auszutauschen.

Ebenfalls auf Unverständnis stießen bei der Mehrheit der Bezirksbeiräte die Ausschlusskriterien für das Wohnheim auf dem ehemaligen Fahrion-Gelände. Denn laut den Ausführungen von Axel Wolf vom Amt für Liegenschaften und Wohnen ist das Arbeiterwohnheim nahe der Leobener Straße als Flüchtlingsunterkunft nicht genehmigungsfähig. Insbesondere wegen des benachbarten Betonwerkes und der umliegenden Betriebe sei eine Wohnnutzung in dem Mischgebiet bereits jetzt „eigentlich nicht zulässig“, so Wolf. Hinzu komme, dass das Betonwerk einen Ausbau und eine Verlängerung der Arbeitszeit auf Tag- und Nachtbetrieb beabsichtige.

„Davon ist uns nichts bekannt“, sagte Teichmann. Im Übrigen gebe es andernorts Sondergenehmigungen für Flüchtlingsunterkünfte. Auch Wolfgang Voelker (FDP) kann die Ablehnungsgründe der Stadt nicht nachvollziehen: Beim Standort Neckarpark in Cannstatt stehe dem Bau von Flüchtlingsunterkünften nichts entgegen. „Dort hat die Stadt wohl keine Einwände“, so Voelker. Er schlug vor, das Wohnheim als weiteren Standort für die Zukunft nicht auszuschließen. Die Lage sei zentraler als bei anderen Alternativen. Auch Jochen Heidenwag (Freie Wähler) hatte nach eigenen Angaben seine Zweifel, was die vorgetragenen Argumente der Verwaltung angehe. Marcus Lorenz (Freie Wähler) kritisierte, dass hier eine Entscheidung nach dem Prinzip „Friss oder stirb“ herbeigeführt werden solle. Eine echte Beteiligung der Bürger und Kommunalpolitiker vor Ort sehe anders aus.

Mehrheit gegen Standorte Hattenbühl und Burgherrenstraße

Freie Wähler, FDP und CDU sprachen sich erneut gegen die von der Verwaltung vorgeschlagenen Standorte im Hattenbühl und an der Burgherrenstraße aus. Am ehesten könne man sich noch mit der Variante 1 B anfreunden, also einem Gebäude für 78 Flüchtlinge auf dem Gelände Schelmenäcker-Süd.

„Wir von den Grünen halten alle drei Alternativen auf der Liste für machbar“, sagte dagegen Reiner Götz (Grüne). Seine Fraktion wolle Asylbewerber keinesfalls in das Wohnheim auf dem früheren Fahrion-Gelände abschieben: „Was haben wir die dortigen Nutzer und Betreiber wegen der auf dem Gelände gelagerten Schadstoffe und Abfälle kritisiert und gegeißelt. Und jetzt wollen wir dort die Flüchtlinge auf einem Müll- und Schuttplatz leben lassen. Ich bitte sie, dies nicht zu tun“, appellierte Reiner Götz an die Vertreter der anderen Fraktionen im Bezirksbeirat. Er sprach sich für Hattenbühl oder Schelmenäcker-Süd aus, auch die Burgherrenstraße sei „begrenzt möglich“.

Für Barbara Sohns (SPD) ist das bestehende Wohnheim „die schlechteste aller Lösungen“. Suse Kletzin (SPD) gab Götz recht. Wenn die im Freundeskreis Flüchtlinge geäußerten Vorstellungen keine reinen Lippenbekenntnisse seien, müsse das Fahrion-Areal bei zukünftigen Überlegungen außen vor bleiben. „Meine Kinder würde ich dort nicht spielen lassen.“

Wohnheim auf dem Fahrion-Areal bleibt weiter im Gespräch

Laut Roland Saur (SÖS/Die Linke) ist das Gebäude in einem „erbärmlichen Zustand“. Momentan würden dort in der Regel drei Bauarbeiter in einem Zimmer übernachten. Indes ließen sanitäre Anlagen und die Elektrik im Haus zu wünschen übrig. „Da müsste viel gemacht werden“, meinte Saur. Andererseits wolle er angesichts des massiven Widerstandes einiger Anwohner im Hattenbühl den Flüchtlingen nicht zumuten, in dieser ihnen eher unfreundlich gesinnten Umgebung untergebracht zu werden. „Wir müssen uns weitere Optionen offen halten“, sagte Saur.

Im Falle des Grundstückes an der Oswald-Hesse-Straße empfahl die Stadt, den Standort für den Wohnungsbau frei zu halten und nicht für die Unterbringung von Flüchtlingen zu verwenden. Teichmann warf der Stadtverwaltung bei diesem Grundstück vor, Tatsachen zu schaffen, bevor überhaupt ein Beschluss der kommunalen politischen Entscheidungsträger gefallen sei. Wolf wies die Behauptung Teichmanns zurück, dass für dieses Grundstück an der Oswald-Hesse-Straße bereits eine Baugenehmigung für ein Projekt vorliege.

Am Ende stimmten die Mitglieder des Gremiums einstimmig für die kleine Lösung im Gebiet Schelmenäcker-Süd. Die Flüchtlinge sollen dort ab 2015 in einem der sogenannten Systembauten der SWSG wohnen. Gleichzeitig forderte die Mehrheit im Bezirksbeirat, die Verwaltung solle genauer untersuchen, ob das Wohnheim auf dem Fahrion-Areal als Unterkunft doch in Betracht käme, wenn Feuerbach weitere Flüchtlinge aufnehmen müsse.