In Georgien wurde Bundesinnenministerin Nancy Faeser von ihrem Amtskollegen Vakhtang Gomelauri empfangen. Foto: dpa/Boris Roessler

Deutschland hat ein Migrationsabkommen mit Georgien unterzeichnet. Es ist der erste Erfolg des Sonderbevollmächtigten Joachim Stamp. Mit der Vereinbarung wollen die Staaten die Migration neu regeln – und stark begrenzen.

Wenn die Bundesinnenministerin nach Georgien kommt, dann strahlt der Fernsehturm für sie in Schwarz-Rot-Gold. Am Dienstag hat Nancy Faeser (SPD) ein Migrationsabkommen in der georgischen Hauptstadt Tbilissi unterzeichnet. Wie sehr man sich in Georgien über diesen Besuch freute, war an den Farben des Fernsehturms zu sehen, der schon zu ihrer Ankunft am Montag in den deutschen Nationalfarben leuchtete. Auch die Ehrengarde lief für die Ministerin auf.

Bei der anschließenden Pressekonferenz mit dem georgischen Innenminister Vakhtang Gomelauri bedankte sich Faeser mehrmals – bei der georgischen Regierung, aber auch bei Joachim Stamp (FDP), der das Abkommen eingefädelt hat. Bei der Pressekonferenz in Tbilissi saß er in der ersten Reihe. Stamp ist ein unauffälliger, freundlicher Mann mit einer schwierigen Aufgabe. Seit Februar ist er Sonderbevollmächtigter der Bundesregierung für Migrationsabkommen. Im Koalitionsvertrag hielten SPD, Grüne und FDP fest, dass sie „neue praxistaugliche und partnerschaftliche Vereinbarungen mit wesentlichen Herkunftsländern“ schließen wollen. Stamp soll das umsetzen.

Knapp 9000 Asylanträge in diesem Jahr

Das Migrationsabkommen mit Georgien ist Stamps erster Erfolg. In der Vereinbarung verständigen sich Deutschland und Georgien auf verschiedene Punkte. Dazu gehört auch, dass Georgien nun als sicherer Herkunftsstaat gilt. Die Asylverfahren von Georgiern können nun schneller bearbeitet werden. Knapp 9000 Asylanträge reichten Georgier laut Bundesinnenministerium im laufenden Jahr in Deutschland ein. Im Schnitt werden allerdings nur zwischen 0,3 und 0,6 Prozent der Anträge bewilligt.

Daneben spielen auch andere Themen in der Vereinbarung eine Rolle. Unter anderem wollen beide Staaten daran arbeiten, dass die sogenannte zirkuläre Migration zwischen den Ländern wieder zunimmt – also die Saisonarbeit. Dafür sollen Georgier leichter eine Arbeitserlaubnis für entsprechende Jobs erhalten können. Ein weiterer Punkt betrifft die prekär beschäftigten georgischen Arbeiter, von denen es viele in Deutschland gibt – besonders in der Pflege, aber auch im Transport. Diesem Problem wollen sich beide Staaten nun widmen. Außerdem wollen die Länder den Bildungsaustausch fördern: mehr Stipendien, mehr Austauschprogramme zwischen Universitäten.

Mehr Abschiebungen

Was das Abkommen für die Bevölkerung in Georgien bedeutet, wird vor Ort unterschiedlich bewertet. Einige fürchten, dass durch die Einstufung zum sicheren Herkunftsland nun sämtliche Georgier aus Deutschland abgeschoben werden sollen. Das stimmt so nicht, wie der georgische Innenminister bei der Pressekonferenz mehrfach betonte. Und doch: Die Einstufung wird dazu führen, dass mehr Georgier schneller abgeschoben werden. Das Abkommen zielt eben im Wesentlichen darauf, Migration zu begrenzen.

Die Vereinbarung ist für Georgien aber auch ein Schritt in Richtung EU. „Wenn wir der EU beitreten wollen, müssen wir ein sicheres Herkunftsland werden“, sagte der georgische Innenminister Gomelauri bei der Pressekonferenz – was wohl nur teilweise richtig ist, aber jedenfalls erhöht die Einstufung die Chancen für den EU-Beitritt. Der ist in Georgien ein wichtiges Thema. Als am Freitag bekannt wurde, dass die EU dem Land nun den Kandidatenstatus zuerkannt hat, feierten die Georgier auf den Straßen von Tbilissi. Vor allem die Bevölkerung freut sich über den Fortschritt.

Ein Schritt in Richtung Westen

Obwohl der EU-Beitritt als Ziel in der georgischen Verfassung verankert ist und Umfragen zufolge von der Mehrheit der Bevölkerung gewünscht wird, schien in den vergangenen Monaten nicht immer klar, ob die Regierungspartei Georgischer Traum wirklich hinter diesem Ziel steht. Mit dem Migrationsabkommen nähert sie sich nun aber wieder dem Westen an.

„Es ist ein sehr gutes Migrationsabkommen, das auf Augenhöhe geschlossen wurde“, sagte Faeser auf dem Rückflug von der Reise. „Ich bin sehr zufrieden.“ Klar ist aber: Ein Migrationsabkommen allein dürfte an den Zuwanderungszahlen in Deutschland zunächst wenig ändern. Zumal die Anzahl der Asylanträge aus Georgien gering wirkt, wenn man sie mit anderen Ländern vergleicht. Um die Migrationszahlen deutlich zu senken, bräuchte Stamp viele solcher kleinen Erfolge – was viel mühsame Arbeit bedeutet. Das nächste Migrationsabkommen will die Bundesregierung im Januar mit Moldau treffen. Weitere sollen folgen.