„In Breisach bin ich der Superstar“: Asylbewerber Arsene Eba'a fühlt sich bereits bestens integriert. Dabei hilft ihm seine Ausbildung im Hotel Mercure in Freiburg. Foto: StN

Das neue Ausbildungsjahr beginnt, und noch immer sind viele Firmen auf der Suche nach Auszubildenden – und umgekehrt. Die Arbeitgeber erkennen zunehmend das Potenzial von Flüchtlingen. Denn viele sehen in der Ausbildung die Chance ihres Lebens.

Freiburg - Eigentlich wollte Arsene Eba'a (24) nach Dortmund gehen. Oder nach München. „In Kamerun sind vor allem diejenigen deutschen Städte bekannt, die einen großen Fußballverein haben“, sagt der Asylbewerber aus der kamerunischen Hauptstadt Yaoundé. Über Umwege hat es ihn nach Breisach (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) verschlagen. Heute sagt er: „In Breisach bin ich der Superstar.“ Den Bürgermeister bezeichnet er als seinen Freund, manchmal besucht er die älteren Menschen aus dem Ort, damit sie sich nicht langweilen. „Ich kenne in Breisach jeden“, sagt er. Und auch das hat mit Fußball zu tun, weil er da gut ist. Die Leute vom SV Breisach respektieren ihn.

Beim Fußball hat er eine Sache gelernt: immer alles zu geben. Und so geht er auch seine Ausbildung im Hotel Mercure in Freiburg an: „Das ist meine große Chance“, sagt er. Die Arbeitsagenturen und die Arbeitgeber in Deutschland versuchen, immer mehr Asylbewerber für die Ausbildung zu gewinnen. Doch die Gesetze stehen vielen Arbeitgebern noch im Weg.

Eba'a macht seit dem 1. Juni in Freiburg eine Ausbildung zum Hotelfachmann. Er hofft, dass er in Deutschland bleiben kann, wenn er sich dabei gut schlägt. Denn mit der Ausbildung ist er noch nicht an seinem Ziel: „Ich will Hotelmanager werden“, sagt er.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zählt für 2014 insgesamt 624 Asylanträge von Menschen aus Kamerun. Bis Ende Juli 2015 sind es 515. Die Gesamtschutzquote – also die Summe aller positiven Entscheidungen – liegt 2014 bei 4,7 Prozent und 2015 bisher bei 2,2 Prozent.

Arbeitagentur will Flüchtlinge schneller in Ausbildung bringen

Für Eba'as Chef zählen andere Dinge als diese Zahlen. Es gibt vieles, was Patrick Graf-Mathias (38), Direktor des Mercure in Freiburg, an seinem Azubi schätzt: dass er Erfahrung hat, weil er in Yaoundé bereits im Hotel Hilton gearbeitet hat. Dass er so locker mit den Menschen umgehen kann. Dass er Englisch und Französisch spricht. Vor kurzem hat er seine Deutschprüfung gepackt – mit einer Eins vorm Komma. Eba'a ist seit 20 Monaten im Land. Vor allem aber profitiert Graf-Mathias von Eba'as Wunsch, etwas zu erreichen. Weil die Ausbildung alles ist, was er hat. „Diese Motivation beobachte ich bei anderen Bewerbern nicht in diesem Maße“, sagt Graf-Mathias.

Flüchtlinge - wer darf arbeiten, wer nicht?

Asylsuchende

Subsidiärer Schutz,
Abschiebeverbote,
humanitärer Aufenthalt

Asylberechtigte und
Flüchtlinge nach
Grundgesetz & Genfer
Flüchtlingskonvention

Geduldete Migranten

Paragraph

§ 55 AsylVfG

§ 25 Abs. 2/ Abs. 3/ Abs.5 AufenthG

§ 25 Abs.1 / Abs. 2 AufenthG

§ 60a AufenthG

Titel des Status

Aufenthaltsgestattung

Aufenthaltserlaubnis

Aufenthaltserlaubnis

Duldung

Ausbildung,
Praktika,
Freiwilligendienste?

Nach 3 Monaten erlaubt

Sofort erlaubt

Sofort erlaubt

Sofort erlaubt (Näheres s. § 32 Abs. 2 BeschV)

Unselbstständige Arbeit?

1.-3. Monat – Arbeitsverbot 4.-15. Monat – Mit Vorrangprüfung Ab 16. Monat – ohne Vorrangprüfung

Sofort erlaubt

Sofort erlaubt

1.-3. Monat – Arbeitsverbot 4.-15. Monat – Mit Vorrangprüfung Ab 16. Monat – ohne Vorrangprüfung

Hochqualifizierte Arbeit Und Arbeit bei Verwandten (ohne Vorrangprüfung

Nach 3 Monaten erlaubt

Sofort erlaubt

Sofort erlaubt

Sofort erlaubt (Näheres s. § 32 Abs. 2 BeschV)

Kann ein Arbeitsverbot durch die Ausländerbehörde verhängt werden?

Nein Nein Nein

Ja, bei mangelnder Mitwirkung des Flüchtlings (zB Angabe falscher Identität

Selbstständige Arbeit?

Nicht erlaubt

Kann auf Antrag erlaubt werden

Erlaubt

Nicht erlaubt

Dass es sich bei Eba'a um einen Asylbewerber handelt, hat für ihn nie eine Rolle gespielt: „Mir war wichtig, dass von der bürokratischen Seite her alles in Ordnung ist“, sagt er. „Dass er bei uns ins Team passt, habe ich schon vorher gewusst.“ Der Kameruner hat bereits zwei Praktika im Mercure-Hotel gemacht. Eba'a ist Graf-Mathias durch die Arbeitsagentur in Freiburg vermittelt worden. Angesichts der hohen Zahl an Asylbewerbern auf der einen Seite und des drohenden Fachkräftemangels auf der anderen versucht die Bundesagentur für Arbeit (BA) Flüchtlinge schneller in Arbeit und Ausbildung zu bekommen. Dabei hilft das Projekt Early Intervention, das in Baden-Württemberg als Pilotprojekt in Freiburg durchgeführt wird. Außerdem gibt es in Baden-Württemberg an drei Standorten das Pilotprojekt Stella, das ebenfalls die Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt zum Ziel hat.

An den Pilotprojekten der Arbeitsagenturen in Freiburg, Ludwigsburg, Tübingen/Reutlingen und Offenburg nehmen aktuell 385 Flüchtlinge teil. 53 Flüchtlinge sind bereits in Arbeit oder Ausbildung vermittelt worden.

Arbeitgeber kritisieren Gesetzeslage

Die Arbeitgeber kritisieren die vage Gesetzeslage, wenn es um das Bleiberecht von Asylbewerbern in Ausbildung geht. Im Moment ist es für die Firmen mit einem Risiko verbunden, Flüchtlinge als Azubis einzustellen. Zwar gibt es eine Reform, die Auszubildenden eine bessere Bleibeperspektive einräumt, diese geht den Arbeitgebern und dem baden-württembergischen Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) jedoch nicht weit genug. „Für die Belange von Baden-Württemberg ist das nicht ausreichend“, sagt Schmid unserer Zeitung.

Die Änderung sehe vor, dass eine Ausbildung einen dringenden persönlichen Grund für eine Duldung darstellt, so Christian Noebel, Leiter des Referats Integration, Vereinbarkeit Familie und Beruf, Chancengleichheit beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). „Die Regelung gilt für Ausländer, die das 21. Lebensjahr noch nicht erreicht haben“, so der Experte. Die Duldung kann für ein Jahr erteilt werden. Sie kann jeweils um ein Jahr verlängert werden, wenn die Ausbildung fortdauert und in einem angemessenen Zeitraum mit ihrem Abschluss zu rechnen ist. Und genau dieses „Kann“ stört die Arbeitgeber.

„Noch immer besteht ein großer Ermessensspielraum bei der Anwendung der Regelung“, sagt Noebel. „Rechts- und Planungssicherheit wurden somit nicht geschaffen.“

Eba'a will um seine Zukunft kämpfen. „Schon in meiner Heimat habe ich gehört, dass die Deutschen gerne arbeiten“, sagt er. „Und da wusste ich: Das ist mein Land.“ Und er will Vorbild sein. Er will zeigen, dass Asylbewerber nicht kommen, um dem Land auf der Tasche zu liegen: „Noch bin ich kein Beispiel“, sagt er. „Aber ich möchte eines werden.“ Und anders als ein Spiel des SV Breisach ist diese Ausbildung eine Herausforderung, die er nicht verlieren darf.