Bloß keinen Streit! CDU-Landeschef Thomas Strobl (l.) und Spitzenkandidat Guido Wolf stützen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Foto: dpa

Wenn es denn stimmt, dass Bundesfinanzminister Schäuble die Stimmung an der CDU-Basis „dramatisch“ schlecht einschätzt, dann ist das noch nicht an der Parteispitze im Land angekommen.

Stuttgart - Baden-Württembergs CDU steht nach Einschätzung führender Christdemokraten im Land uneingeschränkt hinter der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Die Kanzlerin hat im deutschen Südwesten Rückhalt“, sagte am Montag der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl nach einer Sitzung der Spitzengremien der Partei. Dies hätten „mehrere engagierte Wortmeldungen“ zum Ausdruck gebracht.

Zwar sei nicht förmlich abgestimmt worden, doch habe es „nicht eine einzige Wortmeldung“ in Präsidium und Landesvorstand gegeben, die Merkels Flüchtlingskurs infrage gestellt hätte, sagte Strobl, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender ist: „Es war einfach eine Stimmung, bei der man nicht sehr viel interpretieren muss.“

Der CDU-Spitzenkandidat zur Landtagswahl, Guido Wolf, bekräftigte dies, räumte allerdings eine „differenzierte Diskussion“ ein, die keine heiklen Fragen ausgelassen habe: „Wir sind in einer extrem schwierigen Situation und vor einer historischen politischen Herausforderung.“ Die Bevölkerung erwarte beim Flüchtlingsthema Antworten, die „auf Begrenzung ausgerichtet“ seien.

Strobl: Es geht nicht um Personen

Was die Menschen allerdings jetzt nicht wollten, sei politischer Streit. Wolf: „Darin liegt unsere politische Verantwortung.“ Jetzt gelte es zunächst, die kürzlich beschlossene Asylrechtsverschärfung in die Praxis umzusetzen. „Wenn wir um die Sache ringen, werden nicht gleich Personen infrage gestellt“, ergänzte Strobl. Die Lage sei natürlich ernst, man dürfe aber auch nicht in Depression verfallen.

Im Gegensatz dazu hatte der „Spiegel“ berichtet, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe in der jüngsten Sitzung des CDU-Bundespräsidiums darauf hingewiesen, dass die Stimmung an der CDU-Basis „dramatisch“ schlecht sei.

Den insbesondere von CDU-Generalsekretär Peter Tauber geschilderten großen Rückhalt in der Partei für Merkels Politik sehe er nicht. Wenn die Maßnahmen nicht bald Wirkung zeigten, stehe die CDU vor einer Zerreißprobe.

Der Brandbrief liest sich anders

Anfang Oktober hatten 34 CDU-Politiker aus ganz Deutschland einen Brandbrief an Merkel geschrieben, in dem es unter anderem heißt: „Ein großer Teil der Mitglieder und Wähler unserer Partei fühlt sich . . . von der gegenwärtigen Linie der CDU-geführten Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik nicht mehr vertreten.“ Am Sonntag wurde eine neue Umfrage bekannt (Emnid), die die CDU bei der Sonntagsfrage nur noch bei 36 Prozent sieht – der tiefste Wert seit September 2012.

Wolf warnte davor, im Südwesten nun alle notwendigen Investitionen unter den Vorbehalt der hohen Flüchtlingskosten zu stellen. Das hieße, an der falschen Stelle zu sparen. In ihrem Regierungsprogramm zur Landtagswahl, das der Landesvorstand am Montag verabschiedete, seien deshalb massive Investitionen in Straßen, Breitbandnetz und Bildung vorgesehen.

Allein für ein Landesstraßenbauprogramm wollen die Christdemokraten eine Milliarde Euro einsetzen. Die Polizei soll außerdem mit 1500 Stellen aufgestockt werden. In dem rund 100-seitigen Entwurf des Regierungsprogramms, der Ende November von einem Parteitag verabschiedet werden soll, skizziert die CDU Kernpunkte ihrer Politik für den Fall, dass sie bei der nächsten Wahl wieder die Regierung stellt.

Programm für die Regierungsübernahme

Eine Wahlfreiheit zwischen dem acht- und dem neunjährigen Gymnasium ist ebenso vorgesehen wie eine flexible Ganztagsbetreuung. „Jeder und jede in Baden-Württemberg soll schnelles Internet haben“, versprach Strobl außerdem. Nach dem angepeilten Regierungswechsel plant die Partei einen „Kassensturz“ – das Volumen des Staatshaushalts sei seit 2011 um 30 Prozent gestiegen. Baden-Württemberg müsse sich Bayern zum Vorbild nehmen, das nicht nur keine Schulden aufnehme, sondern den Altschuldenberg abbaue. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte kürzlich betont, das Land werde trotz mehr als 1,7 Milliarden Euro für die Flüchtlingshilfe 2015 und 2016 keine neuen Schulden machen.

Aus Sicht der SPD ist das Programm eine Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen. Antworten auf Finanzierungsfragen bleibe es schuldig.

Für den CDU-Landesparteitag Ende November in Rust kündigte Wolf an, er werde Thomas Strobl bei der turnusmäßigen Neuwahl der Parteispitze erneut zum Landesvorsitzenden vorschlagen: „Strobl und ich haben einen gemeinsamen Weg gefunden, der uns als CDU stark gemacht hat.“ Beim CDU-Mitgliederentscheid über den Spitzenkandidaten war Strobl im vergangenen Jahr gegen Wolf angetreten und unterlag.