Schnelle Umsetzung der Wohnsitzauflage: Innenminister Strobl (CDU) Foto: dpa

Die Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge kommt in Baden-Württemberg sehr rasch. Von diesem Montag an erhalten die Ausländerbehörden bereits die Anwendungshinweise für die Umsetzung aus dem Innenministerium. Doch was verbirgt sich dahinter? Wir geben Antworten.

Stuttgart -

Was verbirgt sich hinter der Wohnsitzauflage?
Seit dem 6. August dieses Jahres gilt das neue Integrationsgesetz des Bundes. Darin ist unter anderem eine Auflage verankert, wonach anerkannten Asylbewerber drei Jahre in dem Bundesland leben müssen, in dem ihr Asylantrag anerkannt wurde. Die Länder wiederum können ebenfalls eigene Wohnsitzauflagen erlassen. Das ermöglicht den Behörden, Flüchtlinge einem bestimmten Wohnort zuzuweisen. Ziel der Wohnsitzauflage ist eine gleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge und deren nachhaltige Integration. Die Wohnsitzauflagen sollen rückwirkend für Anerkennungen seit dem 1. Januar 2016 gelten.
Warum kommt die Wohnsitzauflage ?
Bisher zieht es viele Flüchtlinge in Ballungsräume, weil dort bereits Landsleute leben, die Willkommenskultur ausgeprägter scheint als in ländlichen Regionen und sie für sich eine bessere Perspektive sehen. Zugleich birgt das jedoch die Gefahr, dass Menschen gleicher Nationalität unter sich bleiben. Der Druck, die deutsche Sprache lernen und sich integrieren zu müssen, ist in dieser Umgebung geringer. Hinzu kommt, dass in manchen Kommunen durch die Vielzahl an Flüchtlingen der Wohnraum knapp wird und Angebote wie Sprach- und Integrationskurse oder arbeitsvorbereitende Schulungen nicht ausreichen.
Wie funktioniert die Umsetzung?
Werden Flüchtlinge in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anerkannt, bestimmt das landesweit für die Verteilung zuständige Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe anhand eines Bevölkerungsschlüssels, in welche Stadt oder welchen Landkreis sie ziehen müssen. Die dortige Aufnahmebehörde verteilt sie danach – anhand einer Quote, die sich an der Einwohnerzahl orientiert – auf die Kommunen und erlässt eine Wohnsitzverpflichtung. Diese Fälle sind wegen der langen Bearbeitungsdauer der Anträge eher selten. Üblicherweise sind die zu integrierenden Ausländer bei einem positiven Bescheid bereits in der vorläufigen kommunalen Unterbringung. Dann darf der Landkreis entscheiden, in welchem seiner Orte der Betroffene künftig zu wohnen hat. Meldet sich ein Flüchtling nicht an dem ihm zugewiesenen Ort an und bleibt dort, erhält er keine Sozialhilfe mehr.
Welche Ausnahmen gibt es?
Die Wohnsitzauflage greift nicht, wenn ein Schutzberechtigter oder einer seiner nächsten Angehörigen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Stunden pro Woche aufnimmt oder aufgenommen hat und er dabei mehr als 712 Euro im Monat verdient. Ebenfalls ausgenommen sind Flüchtlinge, die eine Berufsausbildung oder ein Studium absolvieren. Darüber hinaus gibt es Härtefall-Regelungen. In einem Entwurf der Anwendungshinweise für die Ausländerbehörden, der den Stuttgarter Nachrichten vorliegt, heißt es: „Bereits während des Aufenthalts eingeleitete, erfolgversprechende Integrationsschritte sollen bewahrt werden. Die Wohnsitzverpflichtung darf der Förderung einer nachhaltigen Integration nicht entgegenstehen.“ Das bedeutet: Absolviert ein Flüchtling im Rahmen seiner vorläufigen Unterbringung in einer Kommune bereits einen Sprachkurs und ist auch sonst in die Gemeinschaft eines Orts gut integriert, soll er nicht aus diesem Umfeld gerissen werden. Man werde immer den Einzelfall betrachten, heißt es dazu aus dem Innenministerium.
Wie halten es die anderen Bundesländer mit der Wohnsitzauflage?
Bayern hat sie bereits eingeführt. Viele andere Länder wollen nachziehen. Nur in der rot-rot-grünen Regierung Thüringens wehren sich Linke und Grüne gegen die Auflage. Die Grünen-Fraktion in Baden-Württemberg unterstützt das Vorhaben hingegen. „Wir tragen die Wohnsitzauflage mit – unter der Voraussetzung, dass es sich nicht integrationshemmend auswirken darf“, sagte der stellvertretende Fraktionssprecher und integrationspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Daniel Lede Abal, unserer Zeitung. Es müsse immer eine Priorität geben für die Möglichkeit, ein Angebot für einen Arbeitsplatz oder eine Ausbildung wahrnehmen zu können.