Die Mietpreisbremse soll von Juni an auch in Fellbach gelten. Foto: dpa

Die Mietpreisbremse soll von Juni an auch in Fellbach gelten. Darüber wundern sich sowohl Mieter als auch Vermieter. Die neuen Spielregeln gelten allerdings nur für Immobilien, die vor dem 1. Oktober 2014 gebaut wurden.

Fellbach - Die Überraschung ist der baden-württembergischen Landesregierung offensichtlich gelungen. Entgegen den Vorhersagen von Immobilien-Fachleuten soll die Mietpreisbremse vom 1. Juni an zumindest teilweise auch in Fellbach gelten. Damit werden bei bestehenden Mietverhältnissen innerhalb von drei Jahren Mieterhöhungen auf 15 Prozent, statt wie bisher auf 20 Prozent, gedeckelt.

Die einzige Stadt im Rems-Murr-Kreis

Dass unter den landesweit 45 Städten und den 12 Kommunen der Metropolregion Stuttgart auch Fellbach als einzige Stadt im Rems-Murr-Kreis unter die Mietpreisbremse fällt, hätte Roswitha Stahl, die Vorsitzende des Mietervereins Waiblingen und Umgebung, nicht erwartet: „Ich verstehe nicht, was der Unterschied zwischen Fellbach und Waiblingen ist.“ Die Rechtsanwältin begrüßt den Beschluss jedoch und hofft zum Schutz der Mieter auf eine Ausdehnung auf den gesamten Kreis. „Wir brauchen einfach Wohnraum, der billig ist“, sagt die Fachfrau und verweist auf das Beispiel einer neu zu vermietenden Wohnung, für die 300 Bewerbungen eingegangen waren. Roswitha Stahl plädiert zudem für ein stärkeres Engagement der Städte beim sozialen Wohnungsbau.

Ulf Krech, der Vorsitzende von Haus und Grund Fellbach und Umgebung, sieht dagegen keinen Grund dafür, in Fellbach die Mietpreisbremse anzuwenden: „Ich hätte es für Fellbach nicht erwartet, weil Fellbach nicht zu den Städten zählt, wo es einen angespannten Wohnungsmarkt gibt.“ Die Mitglieder seines Vereins seien weniger daran interessiert, eine höchstmögliche Miete zu erzielen, „wichtig ist vielmehr, ein langfristiges ordentliches Mietverhältnis zu haben“, sagt Ulf Krech, der als Immobilienökonom und Geschäftsführender Vorsitzender der Fewog breite Marktkenntnis vorweisen kann. Anders als in vielen Großstädten sei in Fellbach auch die Vermieterstruktur. Wohnungseigentümer und Mieter wohnen häufig unter einem Dach, und beide Seiten strebten ein gutes Verhältnis an, sodass Mieterhöhungen oftmals bislang schon geringer ausfallen, als es rechtlich möglich wäre.

Mietpreisbremse gilt nicht für Neubauten

Einig sind sich Roswitha Stahl und Ulf Krech nicht nur in ihrer Überraschung, sondern auch darin, dass sie keine negativen Auswirkungen auf den Neubau von Wohnungen befürchten. Ohnehin gilt die Mietpreisbremse nur für Immobilien, die vor dem 1. Oktober 2014 gebaut wurden. Eine zweite Ausnahme stellen Wohnungen dar, die umfassend renoviert wurden und anschließend erstmals neu vermietet werden.

Die Stadt Fellbach ist von der Landesregierung zu einer raschen Stellungnahme aufgefordert worden. Daran hat die Verwaltung mit Hochdruck gearbeitet und wird den gesetzten Termin am 15. April wohl halten können. Im Gegensatz zu anderen Kommunen übrigens, weshalb eine Fristverlängerung im Gespräch ist. Oberbürgermeister Christoph Palm hat das Thema Mietpreisbremse zur Chefsache erklärt und auf die Tagesordnung des Gemeinderats gesetzt. Das Stadtparlament tagt praktischerweise ohnehin am 14. April in öffentlicher Sitzung. Findet die Mietpreisbremse in Fellbach wie geplant Anwendung, so bewertet Christoph Palm dies als „gravierenden Wettbewerbsnachteil für den Wohn- und Investitionsstandort Fellbach“. Dabei lehnt er das Instrument nicht grundsätzlich ab, sieht aber die Gefahr der massenhaften Umwandlung von Mietwohnungen in teure Eigentumswohnungen durch Großinvestoren in Fellbach als nicht gegeben an. Völlig unverständlich ist für Oberbürgermeister Palm, dass vergleichbare Städte in der Region nicht betroffen sein werden.

Die Entscheidung basiert nach Angaben einer Sprecherin des zuständigen Finanz- und Wirtschaftsministeriums auf zwei Kennzahlen. Einerseits auf der so genannten Warmmietenbelastungsquote, die den Anteil der Warmmiete am monatlichen Haushaltseinkommen angibt, und andererseits auf dem Wohnungsversorgungsgrad. Er gilt als Indiz für eine Anspannung des lokalen Wohnungsmarkts.

Hier liegt Fellbach nach Ansicht des Ministeriums über dem Durchschnitt. Christoph Palm zweifelt die Zahlen jedoch an, unter anderem weil das Land Korrekturfaktoren berücksichtigt hat, die der Entwicklung in Fellbach nicht gerecht werden. So verweist Palm gegenüber unserer Zeitung beispielsweise auf die bis 2024 voraussichtlich entstehenden 1419 neuen Wohnungen. Allein 2016 und 2017 werden 476 Wohnungen gebaut, davon 180 auf dem ehemaligen Fromm-Gelände.