Umweltminister Franz Untersteller hält am Netzausbau fest. Foto: Patricia Sigerist

Der Umweltminister Franz Untersteller hält den Bau neuer Stromleitungen für unverzichtbar. Bei einem Kongress in der Schwabenlandhalle betont der Politiker, dass die Energiewende nur mit Beteiligung der Bürger gelingen könne.

Fellbach - Nur mit der Unterstützung und Beteiligung der Bürger könne die Energiewende gelingen, sagte der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Mittwoch in Fellbach. Zuspruch in der Bürgerschaft betroffener Regionen findet die Politik allerdings kaum, wenn sie zum Transport des Stroms, beispielsweise von den Windkraft-Parks im Norden zu den Stromverbrauchern im Süden, das Netz der Hochspannungsleitungen ausbauen will. Untersteller bleibt dennoch dabei: „Zum Umbau des Energiesystems gehört der Ausbau der Netze.“

Umweltminister informiert über Probleme beim Netzausbau

Mit dem Kongress, der gestern in der Schwabenlandhalle stattfand, wollte das Umweltministerium über die Art und Weise des Netzausbaus sowie die beim Netzausbau aufgetretenen Problemfelder informieren. Fellbacher Bürger können beruhigt sein. Der Kongress fand nicht in Fellbach statt, weil hier eine neue Freileitung geplant wäre, sondern wegen seiner zentralen Lage nahe der Landeshauptstadt.

In drei Korridoren sollen landläufig als Stromautobahnen bezeichnete Anlagen mit Hochspannungsgleichstrom-Übertragung (HGÜ) die Energie von den Erzeugern in den windreichen Bundesländern im Norden und den in der Ostsee stehenden so genannten Offshore-Windkraftwerken gen Süden transportieren. Aber nur zwei dieser Leitungen enden oder haben Abzweigungen in Baden-Württemberg. Diese speisen den Strom dort ins Netz, wo bisher die Atomkraftwerke (AKW) die Energie zulieferten, also die künftig wegfallenden AKW Neckarwestheim und Philippsburg, wie Achim Zerres von der Bundesnetzagentur erläuterte. Betroffen ist also unter anderem der Großraum Heilbronn mit dem Umspannwerk Großgartach in Leingarten. Die Bundesnetzagentur hat das Ausbauprogramm übrigens nach den Worten von Zerres vorerst zusammengestrichen: Statt vier Korridoren gibt es nur noch drei. Von 71 vorgeschlagenen Ausbauprojekten sind laut dem Beamten 44 übrig geblieben.

Neue Stromtrassen wecken Sorgen bei betroffenen Bürgern

Neue Stromtrassen bauen zu wollen weckt Sorgen bei den betroffenen Bürgern. „Deshalb suchen wir frühzeitig den Dialog“, versprach der Umweltminister. „Wir werden beim Bau notwendiger Stromleitungen Eingriffe in Landschaften und Lebensräume nicht verhindern können. Um so wichtiger ist es mir, über diese Eingriffe zu diskutieren und sie zu begründen.“

Deswegen aber über ein Moratorium zu reden, wie der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), gibt dem Umweltminister Anlass zur Warnung: „Wenn der Ministerpräsident eines wirtschaftsstarken Landes wie Bayern die Notwendigkeit neuer Stromleitungen von Nord nach Süd in Frage stellt, dann stellt er sich gegen die Interessen der Unternehmen in seinem eigenen Land. Das sieht nach kurzfristiger Wahltaktik aus, aber nicht nach verantwortungsvoller Energiepolitik.“ Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien dürfe nicht zu Abstrichen bei der Versorgungssicherheit führen: „An neuen Stromleitungen führt kein Weg vorbei.“

Nur mittelbar werden auch die Fellbacher Bürger von dem auf 35 Milliarden Euro geschätzten Netzausbau einschließlich des Anschlusses von Offshore-Windparks betroffen sein. Achim Zerres schätzt, dass sich dadurch die Netzdurchleitungs-Entgelte, die der Verbraucher über den Strompreis trägt, von 6,5 Cent je Kilowattstunde auf 7,8 Cent erhöhen werden.