Kitas haben Probleme, geeignete Mitarbeiter zu finden. Das ist gut für alle, die sich in diesem Bereich weiterbilden wollen. Foto: Rüdiger Ott

Quereinsteiger können sich in Vaihingen innerhalb eines Jahres für die Arbeit in einer Kita qualifizieren. Ein Jobangebot dürfte ihnen sicher sein. Denn der Fachkräftemangel ist so groß, dass eine Möhringer Einrichtung bereits schließen musste.

Vaihingen/Möhringen - Von außen sieht das Bürogebäude aus wie jeder andere Block im Step-Areal. Glasfassaden, zackig geschnitten, mit Parkplätzen davor und einer Grünfläche. Tatsächlich verbirgt sich im Erdgeschoss der Wankelstraße, in Nachbarschaft zu IT-Unternehmen und universitären Start-ups, die Freie Duale Fachschule für Pädagogik. Ihr Geschäftsfeld sind Kitas. Zwei große Seminarräume, einige kleinere Zimmer, mehr braucht es nicht. Vom 26. Januar an werden dort bis zu 20 Quereinsteiger zu Kindergarten-Erziehern ausgebildet. Normalerweise dauert die Berufsausbildung zwischen zwei und vier Jahre. In Vaihingen klappt das in einem.

Bedarf an Personal wächst - Fitmachen im Schnellverfahren

Möglich macht das eine Gesetzesnovelle, die seit Mai 2013 greift und die es erlaubt, Physiotherapeuten, Krankengymnasten, Hebammen, Logopäden und Lehrer im Schnellverfahren fit für die Kita zu machen. Denn so schnell, wie derzeit die Einrichtungen Pilzen gleich aus dem Boden wachsen, können die Schulen gar keine Erzieher ausspucken. Seit 2013 gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kitaplatz. Und vor einigen Wochen siegte ein Elternpaar vor dem Verwaltungsgericht. Es hatte die Stuttgarter Verwaltung verklagt, weil diese das Kind nicht versorgen konnte. Nun soll die Stadt die Mehrkosten für eine Privatkita zahlen.

Das Problem ist das fehlende Personal. „Wir haben immer zwischen 100 und 150 Vollzeitstellen offen“, sagt Heinrich Korn, der stellvertretende Leiter des Jugendamts. Das sind die Zahlen für die Gesamtstadt. Und dabei stehen allein auf der Filderebene demnächst einige Großeröffnungen an. So entstehen etwa an der Höhenrandstraße in Vaihingen, am Krehlplatz in Rohr und am Schneewittchenweg in Möhringen Fertigbau-Kitas, um dem ärgsten Mangel Herr zu werden. „Je Systembau brauchen wir aber 15 bis 20 Stellen, das ist ein Problem“, sagt Korn.

Den Anfang zu meistern ist noch die leichsteste Übung

Über die Anfangsphase macht sich der Mann vom Jugendamt keine Sorgen. Wird eine Einrichtung eröffnet, finden sich immer genügend Bewerber für die Kita- oder die Gruppenleitung. Das reicht für den Start. Doch dann wird es schwer. Deshalb geht Korn davon aus, dass die Fertigbau-Kitas vorübergehend weniger Kinder aufnehmen und erst nach einer gewissen Zeit voll ausgelastet sein werden.

„Das trifft uns genauso“, sagt Monika Lang. Sie ist die Leiterin der Kita Pasodi im Paritätischen Mehrgenerationenzentrum in Vaihingen. „Am Anfang zieht eine neue Kita, deshalb sah das gut aus.“ Eröffnung war Anfang des Jahres. Und bereits nach drei Monaten strebte man die Vollbelegung mit 55 Kindern an. Derzeit, so Lang, könne man aber nur 45 Kinder betreuen, und frühestens im April 2015 werde man das selbst gesteckte Ziel erreichen. An fehlenden Kindern liegt es aber nicht. „Die Warteliste ist lang genug“, sagt sie. „Aber wir können niemanden mehr aufnehmen.“ Rein rechnerisch fehlen anderthalb Fachkräfte. Ohne die gibt es keine Genehmigung für die letzte halbe Gruppe mit zehn Kindern.

Gute Aussichten für Fachkräfte

Größere Träger können damit umgehen. Kleinere stoßen schnell an ihre Grenzen, denn sie haben keinen Puffer. Im Sommer etwa traf es das Kanto-Kinderhaus in Möhringen. Eine Erzieherin hatte eine Arbeitsstelle gefunden, die näher an ihrem Wohnort war, eine andere war schwanger geworden. Ersatz konnten die Betreiber nicht finden, weshalb der Betrieb zum 31. August eingestellt werden musste. Glücklicherweise übernahm Himpelchen und Pimpelchen die Einrichtung. Damit ist der private Träger nun an insgesamt sieben Standorte vertreten.

Übertarifliche Bezahlung und gute Konditionen

Die Stadt ist der größte Träger von allen. Als solcher kann sie mehr bieten als andere. „Man muss attraktiv sein, man muss Fortbildungen bieten, man muss aufsteigen können“, sagt Korn, der Leiter des Jugendamts. Ungewöhnlich für einen öffentlichen Arbeitgeber bezahlt die Stadt die Kitamitarbeiter übertariflich, einhundert Euro im Monat sind zusätzlich drin. „Wir gehen auch auf fast jeden Teilzeitwunsch ein“, sagt Korn. Zuletzt wurden 20 deutschsprachige Fachkräfte aus Rumänien geworben, demnächst sollen 20 weitere aus Italien folgen. „Am wirkungsvollsten ist aber die Ausbildung“, sagt Korn. „Wir haben fast 200 zusätzliche Ausbildungsstellen geschaffen, und das wird auch nachgefragt.“

„Der Fachkräftemangel ist ganz klar ein Punkt“, sagt Desiree Schneider. Sie ist die Sprecherin des Vaihinger Unternehmens Konzept-e, zu dem auch die Freie Duale Fachschule für Pädagogik gehört, an der die Quereinsteiger ausgebildet werden. „Es ist aber auch deshalb wichtig, damit sich die Vielfalt der Gesellschaft in den Kitas abbildet.“ Pädagogen seien zwar wichtig, es gebe aber „auch andere Lebenserfahrungen“, sagt sie. „Das bereichert den Kita-Alltag.“

Und zudem ist ein Jobangebot nach der abgeschlossen Weiterbildung praktisch sicher. An 25 Tagen wird über das Jahr verteilt berufsbegleitend in dem Bürogebäude im Step-Areal unterrichtet. Anschließend dürfen die Teilnehmer mit einer Ausnahmezulassung in Kitas arbeiten. Daran verdient auch Konzept-e. Die Nachqualifizierung kostet rund 1300 Euro.