Das Cannstatter Fässle hat am 30. Mai zugemacht. Noch ist nicht klar, was für ein Geschäft nachfolgen wird (oben). An der Badergasse wird derzeit umgebaut. Foto: Rebecca Stahlberg

Wieder schließt ein Fachgeschäft: Das Cannstatter Fässle hat dicht gemacht, ein Nachfolger für die Ladenfläche direkt an der Marktstraße in Bad Cannstatt ist noch nicht in Sicht. Erst vor einigen Wochen hat ein Bastelgeschäft ums Eck aufgegeben. Dort gibt es allerdings schon einen neuen Pächter.

Bad Cannstatt - Alles muss raus: Am letzten Tag war großer Ausverkauf im Cannstatter Fässle an der Markstraße. Das Fachgeschäft für Essig, Öl, Spirituosen und Wein hat am 30. Mai geschlossen; erst vor Kurzem hat einige Schritte weiter ein Geschäft für Bastelbedarf und Dekorationsartikel aufgegeben. Täuscht der Eindruck, oder machen in Bad Cannstatt immer mehr Fachgeschäfte zu? Woran liegt es?

Detlef Günther, der das D.A.S. Basteln & Deko betrieben hat, erklärte auf der Facebookseite unserer Zeitung: „Ja, es ist sehr schade, dass wir schließen müssen, aber das letzte Jahr war so schlecht, dass es leider nicht anders geht. Es fehlt in Cannstatt einfach an Kaufkraft und an Parkmöglichkeiten. Wir wären noch sehr gerne geblieben und hoffen für Cannstatt, dass ein toller Laden rein kommt.“

Christoph Muffler, der Betreiber des Cannstatter Fässles, war gegenüber der Redaktion zu keiner Äußerung bereit, weshalb er sein Geschäft aufgeben hat. Der Vermieter der Ladenfläche ist Hannes Keim von der Galerie Keim. Er habe Muffler zehn Jahre lang als Pächter gehabt und finde es sehr schade, dass er aufgebe. „An der Miete liegt es sicher nicht, die ist nicht zu hoch“, sagt Keim. „Es liegt an der Marktstraße selber, die Nachfrage ist nicht ausreichend da.“ So machten Fachhändler zu und stattdessen kämen immer mehr „Billigfriseure“ nach – kein guter Trend findet der Vermieter.

Im Fachhandel beraten lassen und dann online shoppen

Ist der Grund das veränderte Kaufverhalten der Konsumenten, die heutzutage gerne im Internet shoppen? „Kann gut sein“, sagt Keim. Oft heiße es bei den Leuten: „Oh, schon wieder schließt ein schönes Geschäft.“ Aber bestellen würden die Kunden dann eben doch online – nachdem sie sich im Fachhandel haben beraten lassen, kritisiert er. Eine Immobilienmaklerin sei nun damit beauftragt, einen Nachmieter für die Fläche an der Marktstraße zu finden, sagt er. „Aber ein Billigfriseur oder ein Billigmodegeschäft kommt für mich nicht in Frage. Da lasse ich es eher leer stehen.“

Für die Fläche an der Badergasse gibt es bereits einen Nachmieter. Das Gebäude gehört der Mutter von Dirk Strohm, dem Inhaber des Schuhhaus Strohm und Vorsitzenden des Vereins Die Altstadt Bad Cannstatt. „Wir haben gut fünf Monate gesucht, es wird ein Friseur- und Kosmetikgeschäft einziehen“, sagt Strohm. Derzeit werde dort für gut 30 000 Euro aufwendig umgebaut. „Ich bin begeistert, wie professionell der Nachmieter es angeht und wie viel er investiert“, sagt Strohm. Es sei nicht einfach gewesen, jemand Passendes zu finden. Mit 70 Quadratmetern sei der Laden nicht groß. Ein Craft-Beer-Anbieter hätte gerne seine handgemachten Biere angeboten und auch eine Parfümerie habe Interesse gehabt; doch für beide habe die Fläche nicht ausgereicht.

Kein Negativ-Trend in der Cannstatter Innenstadt

Der Vorsitzende der Werbegemeinschaft ist überzeugt, dass sich für die Fläche des ehemaligen Fässles ein guter Nachmieter finden wird. „Die Lage direkt vorne an der Marktstraße ist gut.“ Weitaus mehr Sorge mache er sich um das Bekleidungsgeschäft Boogie Fashion gegenüber dem Kaufhof, wie er sagt. Auch dort läuft gerade ein Räumungsverkauf. An sich sehe er aber für die Cannstatter Innenstadt keinen negativen Trend, sagt Strohm. „Der Handel war schon immer Wandel. Und auch das mit den Billigheimern reguliert sich wieder“, ist er überzeugt.

Die Stadtteilmanagerin Mareike Merx findet die aktuellen Geschäftsaufgaben „bedauerlich, aber eine gewisse Fluktuation ist der normale Weg“. Glücklicherweise habe man in Bad Cannstatt kein großes Problem mit Leerstand – im Gegenteil. Oft werde sehr schnell wieder vermietet, manches Mal aber eher im günstigeren Sektor. „Wir gehen auf die Immobilieneigentümer zu und bieten ihnen Vermittlung an. Diese wird aber nicht immer nachgefragt“, sagt Merx. Teils wolle ein Vermieter lieber schnell wieder verpachten als zu schauen, was für ein Angebot für die Allgemeinheit sinnvoll wäre. „Dafür wollen wir sensibilisieren“, sagt die Stadtteilmanagerin. Letztlich entscheide natürlich auch der Kunde mit. „Er kann die Entwicklung vor Ort durch sein Kaufverhalten unterstützen. Wenn er aber kein attraktives Angebot vorfindet, kommt er natürlich nicht – so schließt sich der Kreis“, sagt sie. Ihr Appell: Wer ein Interesse an einem lebendigen Ortskern habe, der kaufe dort ein.