Robert Müller sammelt alte Fotos aus Kornwestheim. In unserer Bildergalerie hat er elf seiner eindrucksvollsten Fotos für uns zusammengestellt. Foto: factum/Granville

Der pensionierte Polizist Robert Müller sammelt historische Bilder seiner Stadt und lädt sie auf einer Facebook-Gruppe hoch. Mittlerweile hat er mehr als 2500 Fans.

Kornwestheim - Robert Müllers neueste Errungenschaft wartet bereits darauf, ihren Weg ins Netz zu finden. Der 63-Jährige war in einem Irish Pub in Kornwestheim und hat einen Vortrag über die Stadt in früheren Zeiten gehalten. Prompt kam ein älterer Herr aus der voll besetzten Kneipe auf ihn zu und bot ihm Fotos an – da kann Müller nicht Nein sagen. Jetzt steht ein Umzugskarton mit Fotoalben und großen Keksdosen voller alter Fotos in seinem Wohnzimmer und wartet darauf, durchstöbert zu werden.

Seit knapp vier Jahren sammelt der Stadtrat und ehemalige Polizist historische Bilder seiner Stadt und lädt einige davon auf einer eigens dafür erstellten Gruppe auf Facebook hoch (Kornwestheim – Alte Bilder und Geschichten von früher). Interessante Fotos stellt er dem Stadtarchiv zur Verfügung. „Sonst würde meine Wohnung zusammenbrechen“, meint er.

Die Gruppe gehört zu den aktivsten in Kornwestheim

Inzwischen hat die Gruppe mehr als 2500 Fans und zählt zu einer der aktivsten Facebook-Seiten in Kornwestheim. Gruppenmitglieder laden selbst Bilder hoch oder kommentieren Fotos, ordnen sie zeitlich ein oder schwelgen in Erinnerungen. Es gibt Bilder über Persönlichkeiten aus Kornwestheim, vom Salamander-Gelände oder alles um den Bahnhof.

Müller achtet darauf, dass auch Bilder aus den Jahren 1933 bis 1945 zu sehen sind. „Auch hier gab es die Nationalsozialisten. Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, daran zu erinnern, dass das nicht alles nur in Berlin oder München passiert ist.“ So habe es im damaligen Gasthof Schwanen Veranstaltungen der Nazis gegeben – derselbe Gasthof, in dem Willy Brandt Jahre später eine Rede hielt. Und so setzt sich die Stadtgeschichte für Müller wie bei einem Puzzle langsam zusammen. Die Teile dafür bekommt er von Bürgern geschenkt.

Mehr als 4000 Bilder eingescannt

Wie kam Müller zu diesem ungewöhnlichen Hobby? „Das fing eigentlich damit an, dass ich in den 70er-Jahren eine gute Kamera geschenkt bekommen habe. Damit habe ich dann Bilder von Gebäuden gemacht, die bald abgerissen werden sollten.“ Die Bilder lagen dann, wie bei vielen anderen, lange herum, bis Müller 2013 die Facebook-Seite startete. „Dann war das wie ein Schneeballsystem.“ Mittlerweile hat er knapp 4000 Bilder eingescannt. Gesichtet hat er wesentlich mehr: „Viele geben mir ihre Taufbilder oder ähnliche Familienfotos. Die mögen für die Einzelperson von hohem Wert sein, aber wenn man nichts von Kornwestheim sieht, ist das für meine Seite uninteressant“, erklärt Müller.

Interessanter sind für Robert Müller Ereignisse wie der Besuch der schwedischen Königin Silvia 1979. Dabei stand Kornwestheim gar nicht auf ihrem Plan. „Aber sie war schwanger, wollte deswegen nicht fliegen und fuhr Zug. Und in Kornwestheim ist eben der Verladebahnhof für Autos.“ Damals sei die halbe Stadt auf den Beinen gewesen, erinnert sich der 63-Jährige. Er lebt selbst seit seiner Geburt in Kornwestheim. Dennoch hat er durch sein Hobby viel Neues über die Stadt erfahren. „Manchmal knacken wir in der Gruppe auch Rätsel“, erzählt er. Beispielsweise, wenn es darum geht, ein Bild zeitlich und räumlich zu verorten. Oder Enkel und Söhne entdecken unbekannte Bilder von ihren Verwandten auf der Seite. Die Gruppe bei Facebook ist eine geschlossene. Das bedeutet: nur mit Müllers Okay kann man teilnehmen. „So bleiben die Diskussionen freundlich und auf hohem Niveau.“

Die Vergangenheit soll nicht in Vergessenheit geraten

Mit seinem Hobby will Robert Müller dazu beitragen, dass die Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät. „Alte Fotos sind ein unglaublicher Schatz.“ Oftmals hätten die Enkel der heutigen Großeltern-Generation keinen Bezug mehr zu den Bildern und würden sie wegwerfen. „Ich sage dann immer: ‚Du vernichtest gerade deine Familiengeschichte.’“, erzählt Müller. In einer der Keksboxen hat er gerade einen Familienstammbaum entdeckt, der bis ins Jahr 1808 zurückreicht.