Krassimir Balakov mit Tochter und Pokal: Sein größter Triumph im VfB-Dress war 1997 das 2:0 gegen Energie Cottbus im Pokalfinale. Foto: Baumann

Krassimir Balakov bangt um den VfB Stuttgart. Der Ex-Profi kritisiert die Personalpolitik der Roten.

Stuttgart - Wie gewinnt man ein direktes Abstiegsduell? Wenn das beim VfB einer weiß, dann Krassimir Balakov (44): Der Bulgare erzielte 2001 den 1:0-Siegtreffer gegen Schalke. "Als Spieler muss man alle negativen Einflüsse ausschalten", sagt er vor dem VfB-Spiel bei Borussia Mönchengladbach.

Herr Balakov, im Dezember sind Sie als Trainer des bulgarischen Erstligisten Chernomore Burgas zurückgetreten. Sie haben also viel Zeit, um über die Misere beim VfB nachzudenken. Leiden Sie sehr?

Die Situation ist schwierig, verdammt schwierig sogar. Aber wissen Sie was?

Sagen Sie es uns.

Sie wollen doch mit mir über 2001 reden. Damals war die Situation noch schwieriger.

Wir erinnern uns: vorletzter Spieltag, letzte Minute gegen Schalke, Tor durch Krassimir Balakov, 1:0, Sieg, gerettet. Ein Märchen?

Ein Märchen war es erst hinterher. Die 90 Minuten waren eher die Hölle.

Erzählen Sie.

Das Spiel war für beide Vereine ein Finale. Schalke musste gewinnen, um Meister zu werden. Der VfB musste siegen, um nicht abzusteigen. Der Druck auf Schalke war mindestens so groß, das war unser Vorteil.

So wie jetzt? Der VfB muss gewinnen, Mönchengladbach aber auch.

Das Gute ist nur: Es kommen danach noch 13 Spiele. Bei uns kam damals nur noch eins. Hätten wir gegen Schalke verloren, wären wir von den anderen abhängig gewesen.

Erinnern Sie sich noch an Ihr Tor?

Wir hatten 89 Minuten lang alles versucht - vergebens. Dann kommt der Ball zu mir, volle Konzentration und intuitiv Richtung Tor gedreht. Das war der Wahnsinn, eine riesengroße Befreiung. Jeder im Stadion wusste: Das ist der Sieg und der Klassenverbleib. Das war ein ganz großer Moment. Ich war immer überzeugt, dass irgendwann die Chance kommen würde.

Macht das einen großen Spieler aus? Dass er nie an sich zweifelt?

Ich war damals 35 Jahre alt. Ich hatte viele Erfahrungen gemacht. Und da waren Zvonimir Soldo und ein paar andere erfahrene Spieler, die diesen Sieg ermöglicht haben.

Welche Tipps können Sie den jungen Ulreichs, Funks und Gebharts geben?

Man muss immer an den Erfolg glauben, nicht nachgeben, nicht negativ denken, negative Einflüsse von außen ausschalten und nicht verkrampfen. Die Spieler müssen die Realität verdrängen, sie müssen die Tabelle ausblenden.

Keiner der Spieler hat so eine bedrohliche Situation schon mal erlebt, die Mannschaft ist relativ jung. Wie war das 2001?

Na ja, wir hatten schon drei, vier erfahrene Spieler, die der VfB heute nicht hat. Marcelo Bordon in der Abwehr, Zvonimir Soldo als Vorstopper, Silvio Meißner und ich im Mittelfeld, Viorel Ganea im Angriff. Das war eine Achse, die Stabilität gebracht hat.

So eine Miniachse hatte der VfB bis vergangenen Sommer auch: Jens Lehmann im Tor, Sami Khedira und Alexander Hleb im Mittelfeld. Rächt sich jetzt, dass der Verein zu viel Erfahrung abgegeben hat?

Jeder Einzelne war wichtig. Nicht nur wegen seiner spielerischen Qualität, sondern wegen seiner Persönlichkeit, seiner Qualitäten als Führungsspieler. Der Verein hat die Lücken nicht geschlossen.