Der Euro fällt auf den tiefsten Stand seit viereinhalb Jahren. Foto: dpa

Der Euro ist zu Beginn des neuen Jahres auf den tiefsten Stand seit viereinhalb Jahren gefallen. Die Aussicht auf ein weiteres Öffnen der Geldschleusen durch die Europäische Zentralbank habe die Gemeinschaftswährung belastet, hieß es aus dem Handel.

Frankfurt/Main - EZB-Chef Mario Draghi hat die Bereitschaft zu weiteren Maßnahmen im Kampf gegen eine zu niedrige Inflation bekräftigt und den Euro auf den tiefsten Stand seit viereinhalb Jahren geschickt.

Die vom Notenbank-Präsident geschürte Aussicht auf ein weiteres Öffnen der Geldschleusen der Europäischen Zentralbank habe die europäische Gemeinschaftswährung belastet, hieß es am Freitag aus dem Handel. Das hat unterschiedliche Auswirkungen: Fällt der Euro gegenüber dem Dollar, können Exportunternehmen ihre Waren auf dem Weltmarkt günstiger verkaufen. Andererseits bekommen Touristen außerhalb des Währungsraums weniger für einen Euro.

Notenbank-Präsident Draghi hatte im "Handelsblatt"-Interview (Freitag) gesagt: "Das Risiko, dass wir unser Mandat der Preisstabilität nicht erfüllen, ist höher als vor sechs Monaten." Die EZB sei deshalb in technischen Vorbereitungen, "um den Umfang, Tempo und die Zusammensetzung unserer Maßnahmen Anfang 2015 zu verändern, sollte dies notwendig werden, um auf eine lange Periode zu niedriger Inflation zu reagieren". Gerechnet wird mit einem breiten Aufkauf-Programm für europäische Staatsanleihen.

Während die Eurozone damit auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik zusteuert, verfolgt die US-Notenbank Fed seit geraumer Zeit eine Straffung. Die Aussicht auf eine erste Zinserhöhung in den USA nach der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise beflügelt auf den Devisenmärkten den Dollar und setzt im Gegenzug den Euro immer stärker unter Verkaufsdruck.

Draghi: Reformschwäche, Bürokratie und Steuerlast behindern Erholung

"Der Wechselkurs ist keine Zielgröße der EZB-Politik", sagte Draghi. Er sei aber wichtig für Preisstabilität und Wachstum. Der schwache Wechselkurs der vergangenen Monate sei auch auf die schwache Wirtschaftserholung und die höhere Arbeitslosigkeit in Europa zurückzuführen. Der EZB-Chef mahnte Reformen, Investitionen und Steuererleichterungen in den Euro-Staaten an. Dies gelte für alle Mitgliedstaaten inklusive Deutschland. "Der Dreiklang aus Reformschwäche, Bürokratie und Steuerlast behindert Europas Erholung. Wenn wir das nicht lösen, bleibt unser Wachstum schwach."

Draghi verteidigte die expansive Geldpolitik der EZB und sprach sich deutlich gegen mögliche Leitzinserhöhungen aus. "Die Stabilität würde leiden - und das würde Investoren und Sparer noch mehr schädigen. Wir halten die Zinsen niedrig, um die Wirtschaft zu stimulieren und Preisstabilität zu erreichen."

Am Freitagmorgen rutschte der Euro auf 1,2035 US-Dollar und erreichte damit den tiefsten Stand seit Juni 2010. Die EZB hatte den Referenzkurs zuletzt am Mittwoch auf 1,2141 (Dienstag: 1,2160) Dollar festgelegt.

Einen Wechsel in die Politik als möglicher Nachfolger des italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano schloss Draghi aus: "Ich will kein Politiker sein. Mein Mandat als EZB-Präsident dauert bis zum Jahr 2019"", sagte der EZB-Präsident.