Am Wochenende wird auf dem EU-Gipfel in Brüssel über die Spitzenposten der EU verhandelt. Foto: dpa

Wieder ein Gipfel zu Spitzenpersonalien:  Dieses Mal gibt es kein Zurück. Am Samstag müssen Europas Staats- und Regierungschefs Farbe bekennen. Es geht um Macht und Einfluss in Brüssel.

Wieder ein Gipfel zu Spitzenpersonalien:  Dieses Mal gibt es kein Zurück. Am Samstag müssen Europas Staats- und Regierungschefs Farbe bekennen. Es geht um Macht und Einfluss in Brüssel.

Brüssel - Die Hoffnungen darauf, dass der EU-Gipfel am Samstag in Brüssel das Führungsproblem der Gemeinschaft löst, sind gesunken. Stattdessen tobt im Hintergrund ein immer erbitterter geführter Streit zwischen Paris und Berlin. Auslöser ist die Absicht des französischen Staatspräsidenten François Hollande, seinen früheren Finanzminister Pierre Moscovici als neuen Wirtschafts- und Währungskommissar in Brüssel zu installieren. Für die Bundesregierung ist der 56-Jährige ein rotes Tuch. Gehört der Sozialist doch zu den scharfen Gegnern des Sparkurses, den Bundeskanzlerin Angela Merkel in der EU so entschlossen verteidigt.

Die Bedeutung des Wirtschafts- und Währungsressorts in der neuen Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker, die am 1. November ihre Arbeit aufnehmen soll, wird in deutschen Regierungskreisen als „sehr hoch“ eingeschätzt. Man wehre sich nicht gegen einen französischen Kommissar, „wohl aber gegen einen Sozialisten“, hieß es am Donnerstag. Zwar wird diese Personalie derzeit hinter den Kulissen verhandelt, dennoch könnte sie auf dem Treffen der Staats- und Regierungschefs an diesem Wochenende zu erneuten Auseinandersetzungen zwischen Sparkurs-Befürwortern und Gegnern führen.

Frankreich und Italien stehen an der Spitze der Kritiker einer allzu engen Spar-Linie. Sie fordern mehr Spielraum zum Schuldenmachen, um ihre Wirtschaft ankurbeln zu können. Die Kritiker der Merkel-Linie haben in diesen Tagen prominente Unterstützung bekommen. Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), sprach sich bei einer internationalen Konferenz in den USA ausdrücklich für „eine wachstumsfreundliche Gestaltung der Finanzpolitik“ aus. Vor dem Hintergrund enttäuschender Konjunkturdaten und großer Stabilitätsprobleme des Euro sprach Draghi sogar offen davon, alles Notwendige zu tun, um die Gemeinschaftswährung zu retten.

Der Krach zwischen Berlin und Paris könnte dazu führen, dass auch das dritte Gipfeltreffen der 28 Staats- und Regierungschefs zum Thema Besetzung der Top-Jobs nur ein Teilerfolg wird. Es sei „bestenfalls“ mit der Benennung eines neuen Ratspräsidenten (bisher Herman Van Rompuy) und eines neuen Außenbeauftragten (derzeit Catherine Ashton) zu rechnen, hieß es.

Mehr als die Besetzung dieser beiden Top-Jobs sei am Samstag nicht drin, unkte so mancher EU-Diplomat. Eine Beratung über die künftige Zusammensetzung der Kommission könne erst im September stattfinden. 23 Staaten habe inzwischen ihre Kandidaten nominiert und damit schon jetzt für heftige Proteste gesorgt: Denn unter den Bewerbern gibt es nur vier Frauen. „Das werden wir nicht hinnehmen“, hieß es daraufhin aus dem Europäischen Parlament. „Wenn nicht mindestens 40 Prozent Frauen in der künftigen Juncker-Kommission sitzen, lassen wir sie alle durchfallen“, zeigten sich einige Volksvertreter kämpferisch.

Auch Juncker droht mit einer subtilen Rache: „Weibliche Kommissare werden ganz sicher sehr gute Chancen auf ein wichtiges Portfolio oder den begehrten Posten eines meiner Stellvertreter haben“, sagte der künftige Kommissionspräsident.

Welchen Posten der deutsche Kommissar Günther Oettinger in seiner zweiten Amtszeit erhalten wird, scheint ebenfalls noch nicht festzustehen. Angestrebt wird ein wichtiges Kommissionsamt im Wirtschaftsbereich – und ein Vizekommissarsposten.