Die EU fordert, dass Stuttgart deutlich mehr gegen Feinstaub unternimmt Foto: dpa

Die Bürger in der Landeshauptstadt werden nicht ausreichend vor krebserregendem Feinstaub geschützt. Das stellt die EU-Kommission fest. Sie verlangt rasche Verbesserungen. OB Fritz Kuhn erklärt, man nehme das Thema sehr ernst.

Stuttgart - Die EU-Kommission hat der Landeshauptstadt am Mittwoch die Gelbe Karte gezeigt. Stuttgart schütze seine Bürger „nicht ausreichend vor der Belastung durch Feinstaub“. Die winzigen Teilchen kommen aus Industrie-, Straßenverkehrs- und Heizungsabgasen und können Asthma, Herz-Kreislauf-Probleme und Lungenkrebs verursachen.

Das EU-Recht verpflichtet die Mitgliedstaaten, ihre Bürger zu schützen. In Stuttgart und der Region wird mit Luftreinhalteplänen versucht, das Problem zu begrenzen. In der Landeshauptstadt zeitigen diese aber nicht den geforderten Erfolg, Grenzwerte werden zum Beispiel bei der Messstation am Neckartor regelmäßig überschritten.

Die EU-Kommission hat am Mittwoch mitgeteilt, dass nach ihrem Dafürhalten weder in Stuttgart noch in Leipzig, Graz (Österreich) und in mehreren Städten der Slowakei genug für den Gesundheitsschutz getan werde. Diese seien aufgefordert, „zukunftsorientiert, rasch und wirksam tätig zu werden“.

Die Stellungnahme der Kommission gilt als letzte Warnung vor der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof. Am Mittwoch wurde Spanien wegen Versäumnissen bei der Abwasserbehandlung verklagt.

In Stuttgart ist der Luftreinhalteplan durch das Regierungspräsidium (RP) auf Druck eines Klägers vor wenigen Wochen fortgeschrieben worden. Maßnahmen wie Tempo 40 auf Steigungsstrecken, Verkehrsverflüssigung auf der B 14 oder ein ausgedehntes Parkraummanagement brauchen aber viel Zeit, die Wirksamkeit wird von dem Feinstaub-Kläger außerdem bezweifelt. Anders als bisher bei diesem Thema will das RP nicht die nächste Klage abwarten, sondern mit Kläger und Stadtverwaltung über weitere Maßnahmen sprechen.

OB Fritz Kuhn (Grüne) erklärte am Mittwoch, man nehme das Thema sehr ernst. Es gebe aber „nicht die eine Maßnahme, die dauerhaft die Schadstoffbelastung im Stuttgarter Kessel mit seiner besonderen Topografie behebt“. Das Problem mit Stickoxiden und Feinstaub lasse sich nicht von heute auf morgen lösen. Das erwartet die EU auch nicht. Sie verliert allerdings die Geduld. Die zuständigen Länder hätten bereits seit 2005 die Aufgabe, für Abhilfe zu sorgen. Falls weiter nicht reagiert werde, könne das Gericht angerufen werden. Am Mittwoch wurden in anderer Sache insgesamt sechs Klagen eingereicht.

Von drastischen Verkehrsbeschränkungen – zum Beispiel täglich wechselnde Fahrerlaubnis für Fahrzeuge mit gerader und ungerader Zulassungsnummer – wurde bisher in Stuttgart abgesehen. „Die aktuellen Messdaten zur Luftqualität im Kessel weisen daraufhin, dass die Überschreitungswerte am Neckartor für 2014 rückläufig sind“, teilte die Stadtverwaltung am Mittwoch mit.