Klaus Eberhardt sprüht vor Ideen: Hier hat er eine kleine Katze porträtiert . Foto: Horst Rudel

Der Künstler Klaus Eberhardt malt in Airbrush-Technik Katzen, Frösche und alle Arten von Fabelwesen. Nebenher kümmert sich um einen Künstlerverein und macht ein Projekt mit Flüchtlingen in Neuen Weststadt

Esslingen - Sein Lebenslauf ist so krumm wie die Papierschablone, die er in der rechten Hand hält. Ein krummer Lebenslauf, ist das schlimm? „Pffff!“ macht die Airbrushpistole.

Der Kompressor im Oberesslinger Atelier ist kaum hörbar. Klaus Eberhardt sprüht einen kleinen Farbklecks auf die Finger, um zu prüfen, ob die Düse sauber ist und die richtige Farbe enthält. Den Trick mit den Fingern hat er sich von Kollegen abgeschaut, genauso wie die Staffelei aus Metall, auf der das Bild mit Magneten fixiert ist. Er könnte die Farbe auch auf einem anderen Untergrund prüfen, „aber die Finger habe ich immer dabei.“

Mit einer Pipette tropft er nochmal Farbe und Verdünnung in den zierlichen Metallbecher der Pistole. „Ein Pinsel aus Haaren greift immer auf den Untergrund ein“, sagt der Oberesslinger Airbrush-Künstler, der kleine Zerstäuber jedoch nicht. Daher auch der Name: Airbrush, Luftpinsel.

Mit ihm bekommt man präzise und klare Übergänge hin, und deswegen malt man mit Airbrush vor allem gegenständlich, und deswegen ist man mitten drin in der Diskussion über abstrakte Malerei.

Das erste Airbrush-Bild wurde vor 120 Jahren gemalt, das erste abstrakte Bild vor 110 Jahren, und für viele Künstler ist es jetzt Zeit, wieder in die wilde Welt der Gegenstände zurückzukommen. In der Diskussion hält sich Klaus Eberhardt bedeckt, etwa so wie eine Airbrush-Farbschicht von ein paar tausendstel Millimetern. „Für mich ist ein Plakatmaler ein genauso guter Künstler wie einer, der auf der Akademie war.“ Für ihn zählt der Respekt. Jeder abstrakte Maler muss wohl zugeben, dass er die Figuren und Tiere eines Airbrushers nicht malen könnte, und jeder Airbrusher müsste zugeben, dass er die Arbeit mit Pinseln aus Tierhaaren nicht hinbekommt. Diese Gegensätze sind zumindest in der Künstlergruppe „Fundus Artifex“ verschwunden, deren Präsident Klaus Eberhardt geworden ist, wo sich aller Arten Künstler gleichberechtigt tummeln.

Mit sicherem Blick malt er von Fotos ab. Er gibt Katzenaugen jene verstörende Gleichgültigkeit, mit er sie eine Maus betrachten, bevor diese aufgefressen wird, er lässt einen Skorpion aussehen wie eine Drohung. So klar sind die Details, dass er nicht mehr wie ein Tier wirkt, sondern wie eine Drohne aus einem Science-Fiction-Film. 1956 ist Eberhardt in Ratingen bei Düsseldorf geboren, wurde Schaufenstergestalter, wollte nach der Bundeswehr Grafiker werden und ging dann zum Radio. Machte die Filstalwelle in Göppingen unsicher, wechselte zu anderen kleinen Radios, moderierte, legte Platten auf und ließ es dann, um im Jahr 2000 auf die Airbrushschule in Bochum zu gehen. Nebenher bemalte er alles, was einen Untergrund hat. Er fertigte Bühnenbilder an, entwarf Plakate, er illustrierte Bücher und bemalte, wie es sich für einen echten Airbrusher gehört, Motorhauben von Autos, Tanks von Motorrädern und Handyhüllen.

Als die Flüchtlinge in die Neue Weststadt zogen, wollte er weder zu denen gehören, die blindlings jeden willkommen hießen, der nach Deutschland zog, noch zu denen die den ganzen Tag über Ausländer schimpfen. Also engagierte er sich im Verein „Miteinander“, der das Camp in der Neuen Weststadt betreute, wollte die Brücke zu den Kulturen über Kunst schlagen. Einen Künstler hat er entdeckt unter den damals hundert Flüchtlingen im Camp, der Mann will jetzt Filmemacher werden. Die anderen hat er zu einem Projekt vereint, aber der Weg und die Kommunikation sei mühsam gewesen. „Sie wussten nicht mal, dass man Pinsel nach Gebrauch wieder auswaschen muss.“ Die Flüchtlinge bräuchten mindestens fünf Jahre, bevor sie in der deutschen Arbeitswelt zu gebrauchen seien, schätzt Klaus Eberhardt.

„Wenn ich nicht daneben gestanden bin, haben sie die Pinsel einfach wieder fallen lassen“, sagt er. Aber dennoch: Er hat es geschafft, mit seiner Gruppe alte Stühle zu bemalen und sie auf der Inneren Brücke in Esslingen aufzustellen. Jetzt zieht er sich langsam aus der Flüchtlingsarbeit zurück. Denn neue Aufgaben warten in der Kunst und im Verein Fundus Artifex, für den er vor allem hier in Esslingen Ausstellungsflächen sucht.