Auf dem Grünen Heiner an der A 81 steht seit 1999 ein Windrad, in den nächsten Jahren könnten auf dem Tauschwald südlich von Stuttgart-Weilimdorf Foto: Max Kovalenko

Die Stadtwerke Stuttgart haben am Mittwoch den Spatenstich für einen Windpark in Dinkelsbühl gefeiert. Ob es in Stuttgart zum Bau von Windrädern kommt, ist fraglich. Im Gemeinderat haben die Befürworter mit OB Fritz Kuhn (Grüne) nur eine Mehrheit von drei Stimmen.

Stuttgart - In Dinkelsbühl stecken die Stadtwerke 25 Millionen Euro in den Bau von vier Windrädern, die 12 000 Haushalte mit Ökostrom versorgen können. „Wir setzen unseren Entwicklungspfad zum Ausbau der erneuerbaren Energien konsequent fort“, betonte Stadtwerke-Geschäftsführer Michael Maxelon. Bei den beiden geplanten Standorten im Stuttgarter Tauschwald bläst Maxelon allerdings heftiger Gegenwind ins Gesicht.

Am Abend beschäftigten sich die Beiräte der betroffenen Bezirke Botnang, Feuerbach und Weilimdorf mit den an der Nabe 137 Meter hohen Stromerzeugern im Tauschwald. Sie liegen 900 bis 1200 Meter von Wohngebieten entfernt an der denkmalgeschützten Steinstraße.

Zahl der Befürworter im Gemeinderat schmilzt

Das Beiräte-Votum ist nicht bindend, die Entscheidung für die weitere, dann genehmigungsreife Planung, fällt am Dienstag der Technikausschuss des Gemeinderates. Weil die CDU dem Standort auf Stuttgarter Markung eine Absage erteilt hat, schmilzt die Zahl der Befürworter im Gemeinderat dahin.

Die Windkraft-Mehrheit aus Grünen, SPD und SÖS/Linke zählt, wenn man OB Fritz Kuhn (Grüne) einrechnet, 32, die Gegner zählen voraussichtlich 29 Stimmen. Die avisierte Zusage für weitere Planungen will Hannes Rockenbauch, Sprecher der Fraktion SÖS/Linke-plus, nicht als Freibrief verstanden wissen.

„Die politische Meinungsbildung sollte alle Argumente einbeziehen, dazu gehören die weiteren Verfahren, auch vor dem Regierungspräsidium“, sagt Rockenbauch. Noch sei nicht klar, ob es für die Hindernisse eines Standorts im dichten Waldgebiet Lösungen gebe. Den Schutz einzelner Tierarten will Rockenbauch nicht zu hoch hängen. „Vorrangige Artenschutzaufgabe ist, die Klimaerwärmung zu begrenzen“, sagt er. Die Fraktion glaube, dass Stuttgart dazu auch auf der eigenen Fläche einen Beitrag leisten müsse. Allerdings, so Rockenbauch, „ist das keine definitive Festlegung, dazu müssen wir noch mehr wissen“.

„Natürlich sind Schwierigkeiten da“

Ähnlich wie Rockenbauch argumentiert Stuttgarts Bau- und Umweltbürgermeister Matthias Hahn (SPD). Eine Ausnahmegenehmigung, die den Artenschutz betreffen würde, hält er für möglich. „Natürlich sind Schwierigkeiten da“, sagte Hahn am Mittwoch auf Anfrage, er halte die Windräder „für ein Fortschrittssymbol“. Die Windkraft sei „ein Beitrag zur Energiewende, Stuttgart sollte Windräder haben“, so Hahn. Die Absage an den Standort Bernhartshöhe bei Vaihingen wegen des nahen Flughafens sei ärgerlich, sagt Hahn.

Der Aufsichtsrat der Stadtwerke hat am 4. März die Weichen für die weitere Planung gestellt. Sie wird rund 150 000 Euro kosten. 230 000 Euro wurden bisher vor allem für Gutachten am Standort Tauschwald ausgegeben. „Unsere Aufgabe ist es, die urbane Energiewende voranzubringen. Jetzt zu sagen, wir machen es hier nicht, weil es unbequem ist, kann kein Kriterium sein“, sagt ein Stadtwerke-Sprecher. Es könne möglich sein, für die von den Windrändern gefährdeten Arten wie den Wespenbussard (europarechtlich streng geschützt) und den Baumfalken Lösungen zu finden. Die Anlagen im Tauschwald seien „auch bei den bisherigen Einschränkungen wirtschaftlich zu betreiben“.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Naturschutzbund (Nabu) glauben nicht, dass die Einschränkungen, die vor allem das Abschalten der Räder in bestimmten Monaten in der Nacht vorsehen, ausreichend sind. „Wir appellieren, diesen Standort auf keinen Fall weiter zu verfolgen“, sagten Ulrich Tammler, der erste stellvertretende Nabu-Vorsitzende in Stuttgart, und BUND-Regionalgeschäftsführer Gerhard Pfeifer am Mittwoch bei einem Pressegespräch.

Bereits der Verlust eines Brutpaares könne beim Wespenbussard den lokalen Bestand gefährden, so die Umweltschützer. Das Regierungspräsidium könne diese Tierarten „nicht für zwei Windräder über die Klinge springen lassen“ , es sei unmöglich, eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen. Eine Lösung sieht Pfeifer nicht. Die Anlagen könnten wegen der für sie nötigen Windgeschwindigkeit nicht von der Kuppe im Tauschwald weg verschoben werden.

„Bund und Nabu stehen der Windenergie positiv gegenüber“, so Pfeifer. Das Argument, die Anlagen bauen zu müssen, weil es die einzigen in Stuttgart sind, sei unsinnig, schließlich gebe es die auf dem Grünen Heiner. Das Genehmigungsverfahren fortzuführen sei „Zeit- und Geldverschwendung“.