Verständliche Symbole wie der Käfer sollen das Geschehen im Wald erklären. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

An den fünf Stationen eines neuen Pfads beim Haus des Waldes können Menschen mit und ohne Handicap die Entwicklung vom Sämling bis zum veredelten Holzstück nachvollziehen.

Stuttgart - Für Berthold Reichle war es ein sehr erhebender Moment, als er rund 100 Gäste im Haus des Waldes in Degerloch zur Eröffnung des Walderlebnispfades Sinneswandel begrüßte. Und doch stimmte der Leiter der Einrichtung die Menschen mit einer nachdenklichen Geschichte auf den großen Moment ein. Er habe vor einer Woche mit einem Kollegen noch einmal die einzelnen Stationen überprüft und sei dann von einer Spaziergängerin angesprochen worden, was denn die Sachen im Wald sollen. Reichle erklärte ihr das Projekt Sinneswandel, bei dem Menschen mit und ohne Handicap künftig an fünf kreativ gestalteten Stationen den Wald mit allen Sinnen erleben können. Die Antwort der Frau machte Reichle wütend und kämpferisch zugleich. „Wegen der paar Blinden hier oben treiben sie so einen Aufwand“, sagte die Passantin. Reichle wusste dadurch, dass „wir auf dem richtigen Weg sind“.

Barrieren nicht nur im Wald, sondern auch in den Köpfen

Für Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) ist die Reaktion der Frau ein Zeichen, dass Barrieren nicht nur im Wald, sondern vor allem in den Köpfen der Menschen abgebaut werden müssen. „Jetzt können hier alle das Wunder Wald erleben“, sagt Isabel Fezer. 1200 Arbeitsstunden und 1200 Tonnen Material wurden aufgewendet, um den 1,3 Kilometer langen Pfad zu bauen, der sowohl von Menschen mit Rollstuhl als auch von Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder mit Sehbehinderungen genutzt werden kann. Die fünf Punkte greifen das Thema Wald vom Sämling bis zum veredelten Holzstück auf. „Der Wald war ein herausforderndes Objekt beim Thema Barrierefreiheit. Aber wichtig ist, dass wir alle einen neuen Zugang zum Thema Wald bekommen“, sagt Landesforstpräsident Max Reger. Für Berthold Reichle stecken im Namen des Erlebniswegs zwei Bedeutungen: Der Mensch erlebt den Wald mit seinen Sinnen, und es werden auch die Sinne gewandelt. Die Stationen sind in die Themen Waldraum, Walderleben, Baumbegreifen, Baumwandel und Holzwege eingeteilt. Alle 100 Meter lädt eine Bank zum Sitzen ein, Bodenmarkierungen, Boden- und Handleitsysteme helfen bei der Orientierung, und rote Kunststoffhülsen am Seil weisen auf Besonderheiten hin. Die Texte auf den Tafeln sind leicht verständlich, und im Haus des Waldes kann man Tablets ausleihen, um die passende App zu nutzen.

Der Weg zum Haus des Waldes in Degerloch geht vom Königsträßle ab und ist ausgeschildert. Hin geht es mit der U 7 zur Stadtbahnhaltestelle Waldau.