An der Ecke Achalmstraße/Herdweg in Böblingen laufen die Sanierungsarbeiten an den schadhaften Geothermielöchern Foto: factum/Bach

Nach den jetzt vorliegenden Satellitenaufzeichnungen hebt sich die Erde seit der Sanierung der Bohrlöcher im Norden der Stadt Böblingen deutlich weniger. Auch im südlichen Schadensgebiet haben sich die Bodenbewegungen verlangsamt.

Böblingen - Bisher bestanden zumindest bei den Versicherungen noch Zweifel, ob die Geothermiebohrungen in Böblingen dafür verantwortlich zu machen sind, dass in zwei Stadtgebieten die Erde aufquillt. „Wir haben nun den letzten Beweis in der Hand, dass die 17 schadhaften Bohrlöcher Schuld an der Misere sind“, erklärte der Böblinger Landrat Roland Bernhard am Montag. Im Norden waren die Sanierungsarbeiten von zwei Erdwärmesonden in diesem Februar beendet, im südlichen Schadensgebiet wird zurzeit das insgesamt zwölfte Geothermieloch mit Zement verfüllt. Laut einer Messung mittels Satellitentechnik, die vom 25. Februar 2014 bis zum 9. September diesen Jahres vorgenommen wurde, hat sich die Hebungsgeschwindigkeit im Norden mehr als halbiert, im Süden sei sie ebenfalls signifikant zurückgegangen, bilanzierte Jan Anderssohn, der Manager der beauftragten Firma Airbus Defence and Space aus Potsdam.

Die ersten Schäden an den nunmehr 200 Gebäuden waren den Besitzern bereits im Jahr 2009 aufgefallen, nachdem zwischen den Jahren 2006 und 2008 Erdwärmesonden in die Erde versenkt worden waren. Die Renninger Firma Gungl hatte für 17 Geothermieanschlüsse gesorgt, die Bohrungen jedoch unsachgemäß durchgeführt. Es waren Hohlräume entstanden, in die Wasser eindringen konnte das dabei mit Gipskeuper in Berührung kam. Dadurch quoll die Erde auf. Als Experten die Bohrlöcher im vergangenen Jahr untersuchten, stellten sie fest, dass sie nicht ausreichend isoliert worden waren. „Bislang durften wir lediglich von einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgehen, dass die schlechten Bohrungen die Ursache für die Erdhebungen waren“, betonte der Landrat. „Wir haben uns dennoch für die Sanierung sämtlicher Löcher entschieden und liegen damit goldrichtig“, ergänzte Bernhard.

Erde beruhigt sich

Seien bisher im nördlichen Gebiet an der Siemens-, Altinger- und Robert-Bosch-Straße Hebungsraten von rund fünf Millimeter pro Monat festgestellt worden, haben sich diese im September mit noch rund zwei Millimetern monatlich deutlich verringert. Im Süden wiederum, im Bereich des Herdweges, der Achalmstraße und des Schliffkopfweges seien nun statt der bislang drei Millimeter im Monat nur noch zwei Millimeter ermittelt worden, Die Erde beruhige sich dort nicht so rasch, weil noch sechs weitere schadhafte Bohrungen saniert werden müssten, erklärte Jochen Weinbrecht, der Leiter des Wasserwirtschaftsamts in der Kreisbehörde. Die Arbeiten sollen im nächsten Frühjahr beendet sein. Ob und wann die Erdhebungen gestoppt werden können, darüber wagt er allerdings keine Prognose. Für die Sanierungsarbeiten habe der Kreis bisher 3,5 Millionen Euro aufgebracht, „am Ende landen wir wohl bei etwa fünf Millionen Euro“, sagte Weinbrecht.

Schiedsverfahren der Versicherungen

Keine der drei Versicherungen, bei denen die insolvente Firma Gungl während des Zeitraums der Bohrungen unter Vertrag stand – darunter befindet sich auch die Allianz – wollte bisher für die Häuserschäden aufkommen. Sie haben sich deshalb auf ein außergerichtliches Schiedsverfahren geeinigt, „mit dem es nun durch diese Messergebnisse hoffentlich schneller vorangeht“, unterstrich Bernhard. Der Landrat erneuerte seine Forderung an die Versicherer, wenigstens eine Soforthilfefonds zu bilden, damit die Hausbesitzer die gröbsten Risse an ihren Gebäuden flicken können. „Meine Geduld ist nun allmählich erschöpft. Den Betroffenen muss so schnell wie möglich geholfen werden“, betonte er. Von der Allianz war am Montag dazu keine Stellungnahme zu erhalten. Vertreter der Interessengemeinschaft Erdhebungen Böblingen ließen verlauten, dass sie den Druck auf die Versicherungen erhöhen und möglicherweise einen Prozess anstrengen wollen. Von der Insolventen Firma Gungl sei nicht viel zu holen, war ebenfalls zu hören. Landrat Roland Bernhard ist deshalb mit dem Land in Gesprächen, das für die Sanierungskosten aufkommen soll.