Mit 25 000 Euro jährlich fördert der Kreis die Entwicklungshilfe. Einst waren es 100 000. Foto: Archiv

Der Landrat würdigt Entwicklungshilfeprojekte – mit dankenden Worten und mit Geld. Der Landkreis ist der einzige im Land, der Dritte-Welt-Projekte finanziell fördert.

Böblingen - Ginge es nach dem Landrat, müssten wesentlich mehr Frauen und Männer im Saal sitzen. 28 sind gekommen, ihnen allen ist gemeinsam, dass sie irgendwo auf der Welt Gutes tun. Dafür übergibt ihnen Roland Bernhard an diesem Montag Dankesurkunden. Die wiederum sind verbunden mit einer Wohltat: Der Landkreis Böblingen ist der einzige in Baden-Württemberg, der Entwicklungshilfeprojekte finanziell fördert.

Drei- bis vierstellig sind die Einzelsummen, die an die Organisationen überwiesen werden. Insgesamt verteilt der Kreistag jährlich 25 000 Euro für Wohltaten in fremden Ländern. „Das war einmal deutlich mehr“, sagt Bernhard. Es waren einmal 100 000 Euro pro Jahr, bis finanziell schlechte Zeiten kamen und eine Sparkommission die Summe zusammenstrich.

Der Landrat Bernhard lässt in seiner Rede wenig Zweifel daran, dass er persönlich die Förderung wieder erhöhen würde. „Die Bundesrepublik gibt jährlich 0,42 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe aus“, sagt Bernhard. „Für meine Begriffe müsste da mindestens eine Eins stehen“ – vor dem Komma. In dieser Runde ist ihm für diesen Satz der Applaus gewiss. Im Kreistag hingegen waren bei der Beratung der aktuellen Förderliste Zweifel am Sinn so manchen Projektes laut geworden. Dennoch wurde sie am Ende unverändert befürwortet.

„Hier im Landkreis schaffen wir das“

Bernhard nutzt die Gelegenheit auch, um sich gleichsam an die Seite der Bundeskanzlerin zu stellen. „Wir hier im Landkreis schaffen das“, sagt er. „Mich schmerzt, dass wir langsam beginnen abzustumpfen, wenn Menschen im Mittelmeer sterben“. Die Milliarden für Grenzsicherung und Flüchtlingsunterbringung wären besser in den Herkunftsländern investiert. Ungeachtet dessen dürfe die Republik ihre Hilfe für Flüchtlinge nicht verweigern. „Erheben Sie ihre Stimme in der politischen Diskussion“, sagt der Landrat.

Von den 25 000 Euro fließt jeder Cent in eines jener Herkunftsländer – oder potenziellen Herkunftsländer, denn die Projekte kommen auch Menschen in Peru oder Mexiko zugute, aus denen kaum ein Flüchtling stammt. In Tansania will der Herrenberger Verein „time2help“ einen gebrauchten Schulbus kaufen. Der alte ist seit einem schweren Unfall im Oktober vergangenen Jahres Schrott. Seither fahren die Kinder in der Stadt Arusha im Mietbus, der pro Monat 800 Euro kostet. Der Verein, der dies ändern will, steht in diesem Jahr erstmals auf der Förderliste. Mit 1000 Euro bezuschusst der Landkreis das Ansinnen. Das Doppelte war beantragt. Kein einziges Projekt bekommt die beantragte Summe.

1500 Euro für den Verein Partnerschaft Dritte Welt, ebenfalls in Herrenberg ansässig, sind die höchste Einzelsumme auf der Förderliste. Das Geld soll helfen, den Schacht für einen Trinkwasserbrunnen im Tschad zu bohren. Solche Beträge „sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Bernhard. Allerdings fördert der Landkreis die Entwicklungshilfe schon seit dem Jahr 1987, und seither sind viele Tropfen auf den heißen Stein gefallen. Insgesamt summiert sich die Förderung auf mehr als 1,8 Millionen Euro.