Windräder in Niedersachsen – Baden-Württemberg hängt noch hinterher bei der Energiewende Foto: dpa

Der zwölf Jahre alte Rekord beim Windkraft-Ausbau ist 2014 übertroffen worden. Ein Grund: Die Länder stellen mehr Flächen zur Verfügung. Ein bisher skeptisches Land überrascht besonders.

Berlin/Stuttgart - 2014 hat der Bau neuer Windräder in Deutschland ein Rekordniveau erreicht. Insgesamt wurden 1766 Windräder an Land mit einer Gesamtleistung von 4750 Megawatt errichtet, teilten der Bundesverband Windenergie und der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) am Donnerstag in Berlin mit. Die neuen Kapazitäten entsprechen theoretisch der Leistung von über drei Atomkraftwerken. Der bisherige Rekord war 2002 mit 3240 Megawatt.

Windkraft an Land ist der günstigste Weg der Ökoenergie-Gewinnung. Diese Kosten sind für die Verbraucher weit weniger spürbar als die Solarförderung. Weit teurer ist in den nächsten Jahren hingegen der Ausbau der Windkraft im Meer.

Hauptgrund für den massiven Ausbau an Land waren großzügigere Flächenzuweisungen durch die jeweiligen Landesbehörden, aber auch die im August in Kraft getretene Ökostrom-Reform trug dazu bei – die Förderkürzungen führten dazu, dass zuvor noch viele Anträge gestellt wurden. Mit 4750 Megawatt wurde das Regierungsziel von maximal 2600 Megawatt im Jahr deutlich übertroffen – damit gibt es weitere Kürzungen. Allerdings fallen unter die Zubauzahlen auch viele leistungsstärkere Anlagen, die an bestehenden Standorten alte Windräder ersetzt haben (Repowering). In Schleswig-Holstein wurden 2014 am meisten Windräder installiert, Schlusslicht mit einer Anlage ist Berlin. Erstmals wurden in allen 16 Bundesländern neue Anlagen gebaut.

Insgesamt stehen in Deutschland an Land nun 24 867 Windräder mit einer Leistung von 38 115 Megawatt, die meisten in Niedersachsen. Überraschend ist, dass das bisher Windkraft-skeptische Bayern 2014 auf Platz fünf lag – hier wurden 154 Windräder errichtet. Dies lag vor allem an Vorzieheffekten wegen einer neuen Mindestabstandsregelung zu Wohngebieten, die den Ausbau künftig im Freistaat deutlich drosseln könnte.

Durch ein neues Anlagenregister wird der Ausbau bundesweit besser gesteuert. Zudem werden zunehmend alte Anlagen durch größere und leistungsstärkere ersetzt. Die durchschnittliche Leistung betrug im vergangenen Jahr bei neu errichteten Anlagen 2,7 Megawatt, der Rotordurchmesser 99 Meter und die Nabenhöhe im Schnitt 116 Meter.

Der Unions-Wirtschaftsexperte Joachim Pfeiffer warnte vor den Kosten: „Diese Fehlsteuerung führt zu einer Mehrbelastung der Stromkunden von mindestens einer Viertelmilliarde Euro.“ Der Präsident des Windenergie-Verbandes, Hermann Albers, verwies hingegen darauf, dass durch den Windstrom die Strom-Einkaufspreise deutlich gesunken seien. „Die Kostensenkung ist ein Dauerauftrag“, so Albers.

In Baden-Württemberg hatte das federführende Umweltministerium vor wenigen Tagen seine Windkraft-Bilanz gezogen. Fazit: 2014 kamen nur sieben neue Windräder hinzu. Per Saldo waren es sogar nur vier, weil drei alte abgebaut wurden. Allerdings wird der Windkraftausbau in diesem Jahr an Fahrt aufnehmen. Mit 62 Anlagen wurden im Südwesten 2014 mehr als doppelt so viele Anlagen genehmigt, wie in den drei vorangegangenen Jahren zusammen. Da eine Genehmigung Folgekosten von bis zu einer halben Million Euro pro Windrad nach sich ziehen, sei davon auszugehen, dass einmal genehmigte Anlagen auch erreichtet werden, sagte Sebastian Grosch vom Windkraftprojektierer WPD unserer Zeitung.

Laut Umweltministerium liegen derzeit 263 Anträge zur Genehmigung einer Windanlage im Land vor. Vom Ziel bis 2020 zehn Prozent des Stromverbrauchs im Südwesten über Windräder abzudecken, ist man aber immer noch weit entfernt. Bis zu 1200 Anlagen sind dafür nötig. Aktuell sind 393 Anlagen in Betrieb.

Und die Bedingungen verschlechtern sich. Die Förderung neuer Windräder vermindert sich jedes Viertel Jahr automatisch. Überschreitet der Windrad-Neubau die Schwelle von 2600 Megawatt pro Jahr, wird zusätzlich gekürzt. Besonders windschwächere Standorte werden so unrentabel. In Baden-Württemberg gibt es davon besonders viele.