Energie-Branchenverband VfEW im Südwesten mit neuem Chef – Klaus Saiger Foto: VfEW

Die Bundesländer haben sie schon hinter sich, nur der Bund will noch nicht so recht. Die Energiewirtschaft fordert mehr Mittel, um den Ausbau der engmaschigen Verteilnetze zu finanzieren. Ohne diesen könnte die Energiewende in Schwierigkeiten kommen. Zahlen müsste die Rechnung aber der Stromkunde.

Marbach - Die Energiebranche im Land hat sich für eine bessere Förderung des Netzausbaus ausgesprochen. Um die 210 000 Kilometer langen Strom-Verteilnetze im Südwesten fit für die Energiewende zu machen, brauche man die „entsprechenden finanziellen Mittel“, sagte der am Mittwoch in Marbach am Neckar zum Präsidenten des Energie-Branchenverbands VfEW gewählte Klaus Saiger. Der Investitionsbedarf betrage bis 2030 allein in Baden-Württemberg rund drei Milliarden Euro.

Saiger hat auf der am Mittwoch in Marbach abgehaltenen Jahresversammlung des VfEW den langjährigen Verbandspräsidenten Rudolf Kastner abgelöst, der sich nach sieben Jahren nicht mehr zur Wahl stellte, den VfEW aber weiterhin in Bundesgremien vertritt. Sein Nachfolger Saiger ist hauptberuflich Geschäftsführer des Reutlinger Netzbetreibers Fair-Netz. Nachdem viele regionale Energieversorger in den vergangenen Jahren Energie- und Wassernetze von den großen Energiekonzernen zurückgekauft haben, verschlechtern sich nun die finanziellen Rahmenbedingungen zum Netzbetrieb. Im Zug einer neuen Runde bei der sogenannten Anreizregulierung soll der Betrieb der Leitungen, den die Energiekunden über den Strompreis bezahlen, günstiger werden. Eckpunkte, wie es billiger werden könnte, hat das Bundeswirtschaftsministerium Mitte März in Berlin vorgelegt.

Seitdem ist die Unruhe vor allem bei den Stadtwerken groß. Sie beklagen ein Übermaß an Bürokratie und für viele Unternehmen nicht mehr auskömmliche Renditen beim Netzbetrieb. „Der Netzbereich braucht Ertragskraft“, sagte Saiger. Alles andere würde den Zielen der Energiewende entgegenlaufen.

Unbestritten ist, dass 80 bis 90 Prozent aller Erneuerbare-Energien-Anlagen in Deutschland in die engmaschigen Verteilnetze einspeisen, diese aber teils dringend erneuerungsbedürftig sind. Um neue Windräder oder Fotovoltaikanlagen anzuschließen, müssen neue Stränge her. Die vorhandenen müssen mit intelligenter Technik nachgerüstet werden – etwa damit sie Leistungsschwankungen im Stromnetz besser wegstecken können. Die bundesweiten Investitionen dafür werden bis 2030 auf etwa 30 Milliarden Euro geschätzt. Dieser Betrag sei nur wenig höher als die Summe, die die Stromverbraucher jährlich zur Förderung erneuerbarer Energien aufbringen müssten, sagte Ex-VfEW-Präsident Kastner. Gerade die kleinen Verteilnetze seien aber für eine sichere Energieversorgung enorm wichtig – zumal es derzeit auch beim Bau der großen deutschen Energietrassen hapert. Ein zügiger Trassenbau werde aktuell „im Wesentlichen durch die singuläre Politik Bayerns“ behindert, sagte Kastner. Bayern hatte erst kürzlich einen bereits gefundenen Kompromiss zum Verlauf zweier wichtiger Stromtrassen infrage gestellt. Aktuell deutet sich aber nun doch ein Kompromiss an.

Der für Baden-Württemberg wichtige Ausbau der Windkraft ist nach VfEW-Angaben weiter mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Die Widerstände vor Ort stiegen nach einer Phase relativer Ruhe wieder an, sagte Saiger. Kastner sagte, bereits kleine Verschärfungen in der Naturschutzgesetzgebung könnten den Bau von Windrädern enorm ausbremsen. Baden-Württemberg verfügt hier über sehr umfängliche Vorschriften und Regelwerke.