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Regierungsfraktionen geben grünes Licht für Kapitalspritze von 400 Millionen.

Stuttgart - Die EnBW wird für Grün-Rot zur Dauerbaustelle. Zwar haben die Regierungsparteien nun die 400 Millionen Euro schwere Kapitalspritze genehmigt, aber der Streit um den Geheim-Deal hält an.

Grüne und SPD möchten die Energie Baden-Württemberg (EnBW) nicht länger im Unklaren lassen. Und so gaben die beiden Regierungsparteien am Dienstag in ihren Fraktionssitzungen grünes Licht für eine Kapitalerhöhung in Höhe von 400 Millionen Euro für den drittgrößten deutschen Energiekonzern. Man habe „die klare Erwartung“, dass mit dem Geld die Energiewende weiter vorangetrieben und in erneuerbare Energien investiert werde, sagte Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann. Und man setze darauf, dass die EnBW mehr als bisher „mit den Kommunen und Stadtwerken auf Augenhöhe“ agiere.

Auch SPD-Landtagsfraktionschef Claus Schmiedel sieht das so. Mit der Kapitalerhöhung sei „das klare Signal“ verbunden, dass die EnBW den Stadtwerken ein Angebot für Partnerschaften machen müsse: „Wir können es uns nicht leisten, dass man sich im Land gegenseitig bekriegt. Wir erwarten vielmehr ein Miteinander.“

Villis bei Grün-Rot auf Widerstand gestoßen

Der noch amtierende EnBW-Vorstandschef Hans-Peter Villis hatte nach den Einnahmeausfallen durch das Abschalten von Kernkraftwerken in den vergangenen Monaten immer wieder für die Kapitalspritze geworben. Während der andere Hauptanteilseigner – die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) – schon frühzeitig grünes Licht für ihre 400 Millionen Euro Finanzhilfe gegeben hatte, war Villis bei Grün-Rot aber auf Widerstand gestoßen.

Wiederholt hatte die Regierung angemahnt, es fehle der EnBW ein schlüssiges Konzept für die Zeit nach der Atomkraft. Villis bestritt das und verwies auf vorliegende Pläne und Investitionen. Ohne Erfolg. Daraufhin kündigte er im alten Jahr entnervt an, er stehe für einen neuen Vertrag ab Herbst 2012 nicht mehr zur Verfügung.

Schmiedel und Sitzmann freilich mochten nichts davon wissen, dass es sich bei der nun genehmigten Kapitalerhöhung um eine Art Kopfgeld handle. „Wir unterstützen das strategische Konzept mit der Kapitalerhöhung“, beteuerte die Grüne. Die EnBW habe sich weiter entwickelt, die Bilanzen seien ordentlich, die Zielrichtung stimme, lobte sie ungewohnt offen den Kurs von Villis. Und auch der SPD-Vormann ergänzte: „Es handelt sich um ein betriebswirtschaftlich stimmiges Konzept.“

Kapitalspritze kommt das Land teuer zu stehen

Aber die Kapitalspritze kommt das Land teuer zu stehen. Denn Grün-Rot muss die Summe von 400 Millionen Euro über eine Anleihe der Landestochter Neckarpri finanzieren, der Landtag soll die entsprechende Landesbürgschaft leisten. „Niemand hat 400 Millionen Euro so einfach rumliegen“, begründete Schmiedel die neuen Schulden. Während CDU und FDP ihre Zustimmung signalisierten und Grün-Rot zugleich vorwarfen, viel zu lange gezögert zu haben, gab es von den Jungen Liberalen scharfe Kritik: „Mit der Kapitalspritze verabreicht Grün-Rot der jungen Generation eine giftige Dosis Langzeitschulden“, so ein Sprecher.

Sitzmann wie Schmiedel machten zugleich aber deutlich, dass mit der Geldspritze der Finanzbedarf der EnBW bis mindestens zum Jahr 2014 gedeckt sein müsse. „Wir gehen davon aus, dass es keine weiteren Anforderungen eines neuen Vorstandsvorsitzenden gibt“, hieß es an die Adresse des neuen EnBW-Chefs, der derzeit noch gesucht wird.

Mit der Entscheidung dürfte für Grün-Rot auf der Baustelle aber keineswegs Ruhe einkehren. Denn im Vorfeld des Untersuchungsausschusses, der ab 3. Februar die Hintergründe des Aktienkaufs aufklären soll, wird der Umgangston immer ruppiger. Nur so viel steht fest: Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU), der den Aktienkauf im Alleingang eingefädelt und ohne Beteiligung des Landtags abgeschlossen hatte, darf im Ausschuss aussagen. Er sei von seinen Verschwiegenheitspflichten entbunden, sagte Staatsministerin Silke Krebs (Grüne).

„Nichts ist mehr geheim.“

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kritisierte zugleich, dass die damals für den Geheim-Deal verantwortliche Investmentbank Morgan Stanley darauf bestehe, dass ihre Informationen wegen des Bankgeheimnisses vom Untersuchungsausschuss vertraulich behandelt werden: „Für die Beurteilung des Sachverhalts ist es natürlich von hoher Bedeutung, was da bei Morgan Stanley steht.“

Andreas Stoch, SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss, vermutet Mappus als Drahtzieher der Bank-Haltung. „Das Ganze sieht so aus, als ob es Teil einer Strategie sein könnte, die nicht von Morgan Stanley entwickelt worden ist.“ Schmiedel wiederum forderte die Bank am Dienstag zu kompletter Transparenz auf: „Die sollen jetzt alle Papiere rausrücken. Nichts ist mehr geheim.“

Grüne und SPD hatten wiederholt behauptet, die Bank habe vor dem Kauf im Dezember 2010 den Wert der EnBW-Anteile nicht ordnungsgemäß geprüft. Zudem gebe es keine Akten. Eine Sprecherin von Morgan Stanley hatte das zurückgewiesen und darauf verwiesen, dass Grün-Rot seit Herbst 2011 ein geheimer Datenraum zur Verfügung stehe, in dem alle Unterlagen einsehbar seien. Ein Regierungssprecher hatte dann betont, man habe erst kurz vor Weihnachten einen Zugang dazu erhalten. Andere Quellen besagen aber, das Land hätte bereits seit Mitte November in den Datenraum gehen können, forderte die Passwörter aber nicht an.