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Kohle ist billiger als Öl - deshalb kehren immer mehr Unternehmen zu diesem Brennstoff zurück.

Stuttgart - Die Bemühungen von Kommunen, Unternehmern und Hausbesitzern, auf erneuerbare Energien umzustellen, wachsen stetig. Sie werden jedoch von Betrieben konterkariert, die den Energiewechsel in die genau andere Richtung vornehmen: von Öl und Gas zu Kohle.

Rottweil heißt die "Energie-Kommune des Monats Februar". Mit diesem Titel der Agentur für Erneuerbare Energien darf sich allmonatlich eine Stadt schmücken, die sich in besonderer Weise für den Klimaschutz einbringt. Die älteste Stadt Baden-Württembergs hat sich den Preis durch eine Biogasanlage verdient, mit der ein Stadtteil mit 1000 Einwohner nahezu klimaneutral mit Strom und Wärme versorgt werden kann.

Eine Erfolgsgeschichte von vielen. Doch sie bildet nicht die ganze Wirklichkeit ab. Zahlreiche Betriebe im Land machen nämlich derzeit die Rolle rückwärts - und stellen ihre Feuerungsanlagen ganz oder teilweise auf schmutzige Kohle um. Aktuellstes Beispiel: Im Großraum Stuttgart will eine Wäscherei ihre Anlage zur Dampferzeugung künftig mit Anthrazitkohle statt mit Heizöl antreiben. Die Begründung ist einfach: "Kohle kostet uns im Vergleich zu Öl rund die Hälfte", sagt deren Geschäftsführer, der nicht genannt werden will. Wie hoch die Ersparnis im Jahr ausfällt, kann er noch nicht sagen, da Verbrauch und Abschreibungsdauer eine Rolle spielen. Aber es lohnt sich auf jeden Fall. "Eine Holzhackschnitzelanlage wäre teurer - und hätte rein aus Platzgründen nicht gepasst", erläutert der Geschäftsführer seinen Entschluss, der zwar seinen Geldbeutel schont, aber nicht die Umwelt: Pro Jahr werden so 800 Tonnen CO2 zusätzlich in die Luft geblasen. Gegenüber Öl setzt Kohle das 1,4-Fache des klimaschädlichen Gases frei, gegenüber Erdgas 1,8-mal so viel.

Mit ihrem neuen alten Brennstoff steht die Metzinger Wäscherei nicht alleine da. Auf Anfrage des Grünen-Politikers Franz Untersteller hat Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) jetzt eine Liste mit 26 Betrieben veröffentlicht, die in den vergangenen beiden Jahren auf Kohlestaub umgestellt haben. Die meisten von ihnen aus dem energieintensiven Asphaltgewerbe. "Die Zunahme der jährlichen CO2-Emissionen kann nicht direkt quantifiziert werden", schreibt die Umweltministerin. Auch wenn die 26 Kleinbetriebe an der Zerstörung des Klimas keine Protagonistenrolle spielen werden - die Umweltministerin ist zerknirscht, allein wegen der Symbolwirkung. Sie könne die Enttäuschung von Kommunen, Bürgerinitiativen und Umweltverbänden jedenfalls gut nachvollziehen. "Die Entwicklung ist nicht erfreulich."