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Debatte um neue Strategie, 400-Millionen-Spritze und Zukunft von Villis weitet sich aus.

Stuttgart - Wenn Winfried Kretschmann besonders verschwiegen wirken will und Geheimnisse am liebsten runterschlucken würde, greift der Ministerpräsident gerne zum schwäbischen Vokabular. So geschieht es auch am Dienstag. Vor der Landespresse geht es um das brisante Thema EnBW und die Frage, ob der noch amtierende Vorstandschef Hans-Peter Villis auch unter Grün-Rot der Vorstandschef bleibt. Zuletzt waren Informationen bekanntgeworden, wonach der 53-jährige Villis bis zum Jahresende von der neuen Landesregierung ein Signal erwartet, ob sein Vertrag an der Spitze des 210000 Mitarbeiter großen Konzerns über 2012 hinaus verlängert wird oder nicht. Die klare Botschaft aus der EnBW-Führungsetage: Wenn Grün-Rot die EnBW zu einer Art baden-württembergischem Stadtwerk zusammenstreichen wolle, werde Villis nicht mehr zur Verfügung stehen. Und was sagt Kretschmann zu dieser Art von Ultimatum und der Frage der Vertragsverlängerung? "I woiß nix."

Eigentlich will Kretschmann zum Hin und Her um die EnBW am Dienstag nicht mehr sagen. "Ich schlafe deswegen schon schlecht genug. Das soll sich nicht noch weiter verschlechtern." Aber das Thema nagt an ihm. "Die EnBW gehört zu meinen schwierigsten Baustellen", betont der Ministerpräsident, da habe er "eine riesige Erblast von seinem Vorgänger übernommen". Gemeint ist die Tatsache, dass der ehemalige Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) im Dezember 2010 quasi über Nacht für rund fünf Milliarden Euro den Landesanteil an der EnBW vom französischen Staatskonzern EdF zurückgekauft hat und die neue Landesregierung nun nicht weiß, wie sie mit dem großen Konzern und dessen Wertverlust umgehen soll.

Kretschmann jedenfalls ist mächtig verärgert über Forderungen der EnBW-Chefetage, für den von Grün-Rot geforderten Umbau vom Atom- zum Ökokonzern brauche man jetzt von den beiden Großaktionären - also dem Land und der OEW - jeweils 400 Millionen Euro. "Das alles sind keine hilfreichen Dinge. Ich bin über diese Äußerungen nicht sehr glücklich", rügt Kretschmann die EnBW-Forderungen. Wer weiß, wie der Regierungschef im Inneren tickt, der weiß auch, dass die Formulierung untertrieben ist. "Einfach freihändig zu behaupten, was das Land tun müsste, finde ich nicht gut." Grün-Rot müsse den Landeshaushalt sanieren und habe "schwierige Operationen" vor sich. "Da muss ich erst mal wissen, ob ich Geld geben kann und wofür. Beides ist nicht klar."

Kretschmann macht damit am Dienstag das klar, was sein Finanzminister Nils Schmid (SPD) schon in den Tagen zuvor betont hatte. Erst einmal müsse die EnBW ein Konzept für den Umbau des Konzerns vorlegen, dann sehe man weiter. Das Problem: Die EnBW steht auf dem Standpunkt, dass man zum einen seit langem in erneuerbare Energien investiert und es zudem ein Konzept für den weiteren Ausbau längst gibt.

So dürfte die Debatte um die EnBW-Zukunft weitergehen. Schon morgen droht das nächste Kapitel. Dann tagt der Aufsichtsrat, und darin wird es - mit den Vertretern des Landes - um die weitere Strategie gehen. "Wir haben schwierige Fragen zu erörtern", räumt Kretschmann ein. Was das im Detail heißt? "Ich kann jetzt keine Zwischenergebnisse vermelden", sagt er mit gerunzelter Stirn und fügt hinzu: "Die EnBW befindet sich in schwierigem Fahrwasser."