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Am Runden Tisch zum Pumpspeicherwerk Atdorf geht es um Alternativen für Stausee-Projekt.

Atdorf - Einen Tag vor Beginn des Runden Tisches zum Pumpspeicherwerk Atdorf an diesem Samstag in Bad Säckingen haben Umweltschützer Alternativen zu dem Stausee-Projekt gefordert. Die gäbe es zum Beispiel in der Schweiz: Das Land könnte "Batterie Europas" werden.

Bürgermeister und Abgeordnete, Energieexperten und Umweltschützer, Unternehmer und Beamte: Es ist ein bunt gemischter Kreis, der sich an diesem Samstag im Bad Säckinger Kursaal an einen Tisch setzt. Die rund 40 Teilnehmer wollen unter der Moderation der ehemaligen Grünen-Politikerin Michaele Hustedt ausloten, ob es einen Kompromiss gibt im Streit über das geplante Pumpspeicherwerk im nahen Atdorf - das nach Stuttgart 21 größte Bauprojekt in Baden-Württemberg.

Bisher sind die Fronten starr. Während eine Bürgerinitiative mit Unterstützung der örtlichen Grünen und Sozialdemokraten den Bau zweier Stauseen aus ökologischen und touristischen Gründen ablehnt, wirbt der Bauherr - die EnBW/RWE-Tochter Schluchseewerke AG - mit energiewirtschaftlichen Argumenten: Ohne solche Speicher sei der Umstieg auf regenerative Energie nicht zu schaffen.

Doch muss es ausgerechnet in geschützten Regionen des Südschwarzwalds sein? Bisher sei es den Schluchseewerken nicht gelungen, die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Projekts in dieser Dimension und am favorisierten Standort nachzuweisen, sagt Berthold Frieß, Landesgeschäftsführer des Bunds für Umwelt und Naturschutz. Es müssten auch Alternativen und Varianten geprüft werden, so dass man Atdorf am Ende in einem neuen Licht sehen könne. Frieß: "Wichtig ist es für den Runden Tisch und seinen Erfolg, dass die Schluchseewerke AG bereit sind, ihre Ausbaupläne neu zu bewerten."

Nicht weit von Atdorf entfernt sind solche Alternativen bereits im Entstehen: Die Schweiz und Österreich schaffen in den Alpen gerade riesige Speicherkapazitäten. Im eidgenössischen Kanton Glarus zum Beispiel entsteht bis 2015 das Kraftwerk Linthal Limmern mit einer Leistung von 1480 Megawatt - etwa so viel wie in Atdorf.

Die Schweiz, die Batterie Europas

In Graubünden (Lago Bianco) sind weitere 1000 Megawatt, im Wallis (Nante de Drance) 900 Megawatt im Bau. Insgesamt planen oder bauen die Eidgenossen derzeit acht Pumpspeicherwerke mit 4600 Megawatt sowie sechs Laufwasserkraftwerke.

"Die Schweiz, die Batterie Europas", lautete denn auch der Titel einer Fachtagung, die vergangene Woche in Pfäffikon stattfand. Ob das mehr ist als eine Parole - sie stammt übrigens von der schweizerischen Energieministerin Doris Leuthard -, hängt nach Ansicht von Fachleuten wesentlich von einem leistungsfähigen Stromnetz ab. Denn nur wenn moderne Leitungen vorhanden sind, lassen sich große Mengen an Windenergie in die Schweiz führen, dort speichern und bei Bedarf wieder abrufen.

Allein das kleine Alpenland müsste bis zum Jahr 2020 rund 1000 Kilometer Leitungen erneuern, sagte kürzlich Pierre-Alain Graf, der Chef der Netzgesellschaft Swissgrid. Allerdings sind die Hausbesitzer zwischen Basel und Bellinzona ebenso wenig erfreut wie jene in Deutschland, wenn eine Hochspannungsleitung über ihr Grundstück verlaufen soll.

Auch der Bau der Pumpspeicherwerke ist keineswegs unumstritten. Denn für die Stromkonzerne rechnen sich die vor allem dann, wenn sie das Wasser in nachfrageschwachen Zeiten (nachts) mit preiswertem Atomstrom in die Oberbecken pumpen können - um die Energie dann tagsüber teuer zu verkaufen. Umweltschützer lehnen das ab.

Vor kurzem haben auch die Eidgenossen entschieden, aus der Atomkraft auszusteigen. Auch wenn kein konkretes Datum dafür benannt wurde - die fünf Reaktoren sollen laufen, solange sie sicher sind -, so vermag doch niemand die Auswirkungen auf den Bau weiterer Stauseen vorherzusagen.

Auch in Atdorf war bisher ein Haupteinwand, die EnBW wolle ihren Atomstrom durch die Speicherung "waschen". Dieses Argument ist nach Ansicht von Michaele Hustedt allerdings mit dem Ausstiegsbeschluss der Bundesregierung vom Tisch. Über die grundsätzliche Berechtigung von Pumpspeicherwerken soll dennoch diskutiert werden. Nicht an diesem Samstag, aber auf einer der vier oder fünf nächsten Sitzungen.