Rauchende Schornsteine: Die EU will, dass Industriebetriebe mehr Geld in klimaschonendere Produktionsverfahren investieren Foto: dpa

Die EU will den Klimaschutz verbessern und die Industrie für den Ausstoß des Treibhausgases CO2 mehr zahlen lassen.

Brüssel/Strassburg - Europa baut die wichtigste Säule seiner Klimaschutz-Politik um. Nach monatelangen Auseinandersetzungen stimmte das Europäische Parlament in Straßburg dem Vorhaben der Kommission zu, rund 900 Millionen CO2-Zertifikate zeitweise vom Markt zu nehmen. Dadurch soll der dramatisch gefallene Preis für die Papiere wieder in die Höhe getrieben werden. „Die Entscheidung ist ein positives Signal für den weltweiten Klimaschutz“, erklärte der Umweltpolitiker der konservativen Mehrheitsfraktion im Europäischen Parlament, Peter Liese (CDU). „Der Emissionshandel ist besser geeignet, die Klimaschutz-Ziele zu erreichen, als ein Stückwerk aus nationalen Regelungen, die auch die Wirtschaft im jeweiligen Land einseitig belasten.“

Tatsächlich schrieben die europäischen Verschmutzungs-Bons bisher keine Erfolgsgeschichte. Ursprünglich sollten sie die Industrie anhalten, lieber in kohlendioxidarme Produktionsverfahren als in Zertifikate zu investieren. Doch die Steuerungswirkung, für die nach Expertenangaben ein Preis von 40 Euro je Tonne Kohlendioxid nötig gewesen wäre, blieb aus. Zuletzt kosteten die Bons nur noch drei bis fünf Euro. Die EU-Kommission wollte gegensteuern und einige Papiere für mindestens ein Jahr vom Markt nehmen, um die Kosten dafür zu steigern. Zweimal sagte das Europäische Parlament Nein. Am Dienstag stimmte es schließlich zu.

Den Gegnern war vor allem der Eingriff in den Markt zuwider. Der Chef der CDU-Abgeordneten in Straßburg, Herbert Reul, sprach von einer „Wendehals-Entscheidung“, mit der sich Europa „lächerlich“ mache. Man könne und dürfe einen Preis nicht so lange manipulieren, bis er einem politisch passe. Dabei ist noch nicht einmal klar, ob der Wert der Zertifikate nun auf die gewünschten 30 Euro steigt.

Der liberale Abgeordnete Holger Krahmer sprach am Dienstag von einer „Schönheitskorrektur“, die den Handel nicht „flottmachen“, sondern stattdessen die Unternehmen mit höheren Kosten „belasten“ werde. Auch andere Experten gehen davon aus, dass der Effekt der Verknappung von Zertifikaten verpuffen könnte. Schließlich gebe es ohnehin fast zwei Milliarden Papiere zu viel auf dem Markt. Außerdem würden zwischen 2013 und 2015 weitere 3,5 Milliarden Papiere planmäßig ausgegeben. Da seien Preiserhöhungen bestenfalls kurzzeitig wahrscheinlich.

Nach Angaben der Befürworter wird sich die Maßnahme nicht auf Privathaushalte auswirken. Veränderungen der Emissions-Gutschriften beträfen lediglich den Börsenstrompreis. Darüber hinaus sei der Energieverbraucher durch das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) um das Zwanzigfache mehr belastet als durch die Belastungen im Emissionshandel.

Nach der Entscheidung des Parlamentes müssen nun noch die Wirtschaftsminister der Mitgliedstaaten den Beschluss billigen. Deren Zustimmung gilt aber als sicher.