Der neue Sportwagen wird als erster Porsche rein elektrisch betrieben. Foto: Porsche

Die VW-Tochter Porsche punktet wieder mit guten Nachrichten. Mit einem 600 PS starken Elektro-Sportwagen wollen die Stuttgarter an der Konkurrenz vorbeiziehen. Sie können so wohl auch dem hippen Tesla S Paroli bieten.

Stuttgart - 500 Kilometer mit einer Batterieladung – mit einer solchen Leistung machte bisher allenfalls der kalifornische Trendauto-Hersteller Tesla mit seinem Top-Fahrzeug Tesla S von sich reden. Nun aber schickt sich Porsche an, die Amerikaner herauszufordern – mit einem Fahrzeug, das in Stuttgart-Zuffenhausen gebaut und in den nächsten Jahren maßgeblich in Weissach zur Serienreife entwickelt wird. „Ein Tag zum Jubeln“, sagt Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück. „Porsche fährt mit der heutigen Entscheidung mit Vollgas ohne Geschwindigkeitsbegrenzung in die automobile und industrielle Zukunft.“

Tatsächlich macht Porsche mit dem Viersitzer nicht nur den Sprung ins elektromobile Zeitalter, sondern setzt sich auch das anspruchsvolle Ziel, gleich die Spitze einzunehmen. Und das nicht nur bei der Reichweite, sondern auch bei anderen Kriterien, die bisher der Verbreitung der Technologie im Wege standen wie etwa der Ladedauer. Stundenlange Ladezeiten halten viele Interessenten bisher vom Kauf eines E-Autos ab. Diese Sorgen kann Porsche den zahlungskräftigen Kunden nehmen – das neue Fahrzeug soll mit einer 800-Volt-Schnelllade-Einrichtung innerhalb einer Viertelstunde zu 80 Prozent aufgeladen werden können.

Damit hat Porsche-Chef Oliver Blume gute Chancen, selbst Tesla die Schau zu stehlen – denn dessen Spitzenmodell braucht für die 80-Prozent-Ladung fast dreimal so lange.

Bis zum Marktstart werden noch mehrere Jahre vergehen

Noch allerdings ist manche Aussage des Konzerns Zukunftsmusik – denn auf den Markt kommen soll das Auto erst Ende dieses Jahrzehnts. Schließlich müssen erst noch die Voraussetzungen für die Produktion geschaffen werden. Diese entstehen fast ausschließlich in der Region Stuttgart. 700 Millionen Euro fließen allein in den Standort Zuffenhausen – zusätzlich zu der Milliarde Euro, die der Vorstand erst im Juli ohnehin an Investitionen zugesagt hatte. Für das Fahrzeug werden eine neue Lackiererei und eine eigene Montage errichtet. Das Motorenwerk wird ausgebaut, um die künftigen Elektromotoren herzustellen, und die Karosseriefertigung wird erweitert. Der Elektroflitzer wird in Zuffenhausen nicht nur zusammengebaut, auch ein beträchtlicher Teil der Wertschöpfung findet vor Ort statt.

Dies auch deshalb, weil der Motor, den manche anderen Hersteller als „commodity“ (Allerweltsprodukt) betrachten, bei Porsche als wichtiger Technologieträger gilt, der selbst hergestellt wird. Die PSM-Technologie („permanterregte Synchronmaschinen“) soll dafür sorgen, dass der Motor einerseits eine Beschleunigung von null auf 100 Stundenkilometer in 3,5 Sekunden schafft – und andererseits die Batterie so schont, dass die enorm hohe Reichweite von 500 Kilometern bei einer Leistung von 600 PS erst möglich wird. „Wir nehmen die Herausforderung der Elektromobilität konsequent an“, sagt der neue Porsche-Chef Oliver Blume, der als Produktionsvorstand bereits in die Planungen eingebunden war.

Noch gibt es diese Batterie allerdings gar nicht. Erst beim Marktstart in mehreren Jahren muss – und wird – sich zeigen, ob Porsche halten kann, was man versprochen hat. Branchenexperten halten die Aussagen allerdings durchaus für realistisch. „Was Porsche in Aussicht stellt, dürfte in einigen Jahren möglich sein“, sagt einer. „Es ist dann keine Frage der Technologie mehr, sondern allenfalls noch eine des Preises.“ Aber billig soll das Auto ohnehin nicht werden – in Branchenkreisen ist die Rede von 100 000 Euro aufwärts. Doch selbst bei den Kosten ist viel Bewegung im Markt: Erst im September hatte Bosch-Chef Volkmar Denner erklärt, sein Konzern verfüge über die Technologie, um bis zum Jahr 2020 die Energiedichte – also die Menge des speicherbaren Stroms – mehr als zu verdoppeln und die Kosten um deutlich mehr als die Hälfte zu senken.

Schon in der Vergangenheit erlebte Zuffenhausen stürmisches Wachstum

Für Zuffenhausen bedeutet die Standortentscheidung weiteres Wachstum. Innerhalb von sieben Jahren hat sich die Zahl der Porsche-AG-Beschäftigten bereits verdoppelt; durch die Entscheidung werden weitere 1000 Arbeitsplätze aufgebaut. Eine Jobgarantie bis 2020 haben die Mitarbeiter in Zuffenhausen, Weissach und Ludwigsburg bereits in der Tasche.

Auch in Weissach wird für das E-Auto kräftig investiert – in den Ausbau der Entwicklungskapazitäten sollen weitere 300 Millionen Euro fließen. Bereits in den vergangenen Jahren wurde an den Standorten im Südwesten kräftig gebaut. In Weissach stellte Porsche 2014 einen Erweiterungsbau mit Windkanal fertig, außerdem entsteht ein neues Prüfgebäude für Antriebe. In Zuffenhausen entstehen ein neues Motorenwerk sowie ein Bau für die Karosseriefertigung und ein Ausbildungszentrum. Die nun vom Porsche-Aufsichtsrat beschlossenen Investitionen kommen zu diesen Projekten noch hinzu. Im Gegenzug zu diesen weitreichenden Investitionen kommen die Mitarbeiter Porsche bei der Flexibilität entgegen. Auch soll die Produktivität steigen. Nur dadurch wird es möglich, am räumlich stark beengten Standort Zuffenhausen in diesem Ausmaß zusätzliche Kapazitäten aufzubauen.

Der Aufsichtsrat bewilligte zudem eine Vorstandspersonalie: Der bisherige VW-Manager Albrecht Reimold wird neuer Porsche-Vorstand für Produktion und Logistik und damit Nachfolger des neuen Porsche-Chefs Oliver Blume.