So voll wie beim Maikäferfest ist es in der Bahnhofstraße sonst selten. Foto: Patricia Sigerist

Fellbacher Gemeinderäte diskutieren über mögliche Verbesserungen in der Einzelhandelsstruktur. An vielen Tagen im Jahr lässt der Zustrom nämlich zu wünschen übrig.

Fellbach - Prima Klima herrscht bei den Einzelhändlern in der nördlichen Bahnhofstraße – bei bestimmten Gelegenheiten wie beim Maikäferfest oder am verkaufsoffener Herbst-Sonntag, wenn großes Gedränge herrscht auf dieser zentralen Nord-Süd-Achse in Fellbach. An anderen Tagen allerdings lässt der Zustrom zu wünschen übrig. Das soll sich ändern, der Bereich zwischen Stuttgarter Platz und Bahnhof soll wieder an Zugkraft gewinnen. Darum geht es auch in der Fortschreibung des Fellbacher Einzelhandelsgutachtens speziell zum „Planungsraum nördliche Bahnhofstraße“, die Baubürgermeisterin Beatrice Soltys jetzt im Gemeinderat vorgestellt hat.

Bereits vor zehn Jahren wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben

Bereits vor zehn Jahren wurde das Lörracher Büro für Stadt- und Regionalentwicklung Donato Acocella mit einem ersten Einzelhandelsgutachten beauftragt. Seitdem wurden Händler und Passanten befragt, es gab Ortsbegehungen, das Einzelhandelsangebot wurde ermittelt, Innenstadtszenarien wurden erarbeitet. Erkannt wurde beispielsweise „die besondere Herausforderung der Fellbacher Innenstadt mit ihrem gestreckten Siedlungskörper – aus der fehlenden Zentrumsbildung resultieren geschwächte Einzelhandelsstrukturen sowie Nachteile für die Fellbacher Nahversorgung“. Und: „Seit einigen Jahren befindet sich die nördliche Bahnhofstraße im Umbruch.“

Ein neuralgischer Punkt sind etwa die fehlende barrierefreie Zugänge in den Erdgeschossen

Neuralgische Punkte sind etwa fehlende barrierefreie Zugänge in den Erdgeschossen; zwischen der Außengastronomie in dieser „Gastronomiemeile“ und der Gehwegnutzung ergibt sich ein Konfliktpotenzial, Fachgeschäfte fehlen zunehmend. Ein Problem seien die häufig kleinen Ladenflächen. Als Standortvorteil genannt werden wiederum die niedrigen Mieten.

Im Sommer 2015 gab es einen Stadtspaziergang mit 40 Beteiligten – Anwohnern, Gewerbetreibenden, Immobilienbesitzern. Eine Erkenntnis war, „dass der Planungsraum in der Wahrnehmung der Akteure schon immer abgeschnitten von der Fellbacher Innenstadt beziehungsweise, positiv formuliert, als selbstständiger Raum wahrgenommen wurde“, heißt es im Bericht. Vor allem Dienstleistung und Einzelhandel stellten mit ihrem leistungsfähigen und servicestarken Angebot „Alleinstellungsmerkmale der nördlichen Bahnhofstraße“ dar. Eine Bürgerin erklärte allerdings nach jenem Stadtspaziergang: „Bei den Geschäften gibt es eine deutliche Entwicklung nach unten.“ Generelles Fazit: Es gibt teils sehr unterschiedliche Interessen und Meinungen an einer Straße, „an der eingekauft, gewohnt, eingekehrt und auf der mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln gefahren wird.“

Zwei weitere Stadtspaziergänge sollen Einblicke ermöglichen

Demnächst werden, so Soltys, zwei weitere Stadtspaziergänge folgen: Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres zwischen Stuttgarter Platz und Cannstatter Platz sowie später im Jahr 2017 in der Fellbacher Altstadt samt dem Rathaus-Carrée.

In der Diskussion zeigten sich die Fraktionsvertreter großteils einverstanden mit dem Sachstandsbericht. Ulrike Dreßler-Uetz (SPD) erklärte, in der Bahnhofstraße sei „viel im Umbruch, kleine Läden verschwinden, Gastronomie und Dienstleistung zieht ein“. Auch gebe es Herausforderungen etwa mit dem neuen Waiblinger Tor. Ulrich Lenk (Freie Wähler/Freie Demokraten) mahnte allerdings auch „unser alle Einkaufsverhalten“ an – viele ließen sich vom Fachhändler beraten und kauften dann bei den Billigläden auf der grünen Wiese oder im Internet ein. Man müsse sich jedoch auch „eingestehen, dass unsere Möglichkeiten, diesen Trend zu stoppen, begrenzt sind“. Wichtig sei aber, dass jedes Geschäft für Belebung sorge, auf dass man sich in dieser Umgebung gerne aufhalte.

Hans-Ulrich Spieth (CDU) wollte „noch eine Idee einbringen“ – nämlich wie man aktuelle Leestände zur Belebung nutzen könne, indem in der Zwischenzeit bis zur Neuvermietung dieser Läden „junge Unternehmen ihre Geschäftsidee für ein paar Wochen zeigen können“. Spieth offenbarte Expertenwissen: „Pop-Up-Store heißt das heutzutage.“ Er empfahl, diesen Vorschlag „über unser Stadtmarketing einzubringen – ein Versuch ist es wert.“