Der erste Schultag ist für Sechsjährige noch ein Ereignis Foto: Jan Reich

Aufs Lesen sind alle 57 Kinder neugierig, die am Donnerstag in der Carl-Benz-Schule willkommen geheißen worden sind. Mit Eltern, Geschwistern und Großeltern feierten sie ihre Einschulung – ein Fest, das in dieser Woche an 72 weiteren Grundschulen stattfindet.

Stuttgart - Bunte Seidenpapierbüschel wippten durch die Turnhalle der Carl-Benz-Schule im Hallschlag, die ersten Stuhlreihen waren den Erstklässlern vorbehalten. Sie sollten schließlich freien Blick auf das Theaterstück der Viertklässler haben, die von Lotta erzählten, einem Mädchen, das nicht zur Schule gehen will. Doch wer lesen kann, ist klar im Vorteil – das haben ihr die vielen Waldtiere und Wandersleut’ beigebracht, denen Lotta begegnete. Ende gut, alles gut, und alle singen: „Alle Kinder lernen Lesen, Indianer und Chinesen . . .“

Das Lesenlernen klappt freilich nicht bei allen Erstklässlern reibungslos. Darauf lässt die Statistik schließen. Zum 30. Juni 2014 lebten 5023 Kinder im Alter zwischen sechs und sieben Jahren in Stuttgart. 2978 davon haben laut Statistischem Amt einen Migrationshintergrund, was einer Quote von 59 Prozent entspricht. Waren die Kinder aus den Migrationsfamilien vorm Schuleintritt zu Hause nicht mit der deutschen Sprache konfrontiert, verlieren sie unter Umständen schnell den Anschluss. Um dem vorzubeugen, hat die Stuttgarter Schulverwaltungfür 202 Kinder mit Sprachdefizit so genannte Spracheingangsklassen gebildet, eine davon auch an der Carl-Benz-Schule.

Insgesamt 4358 Sechsjährige feiern in dieser Woche im Stadtgebiet ihre Einschulung, 580 Kinder mussten vom Schulbesuch zurückgestellt werden. 200 Fünf- und Sechsjährige davon besuchen weiterhin die Kindertagesstätte, 380 Kinder werden in einer Grundschulförderklasse aufgenommen, wo sich die Pädagogen noch intensiver um die Einzelnen und ihre Stärken und Schwächen kümmern können.

„Wir haben in diesem Schuljahr drei Grundschulförderklassen und werden, auch was die anderen Schüler angeht, das individuelle Lernen vertiefen“, sagt Schulleiterin Ingrid Vanek. Das Förderkonzept, das sich an den Fähigkeiten der einzelnen Kinder orientiert, war schon im vergangenen Jahr ein Schwerpunktthema, jetzt geht es an die Umsetzung. Drei Kinder mit Handicap werden in eine Regelklasse kommen und dort sonderpädagogische Unterstützung bekommen.

Als so genannte Brennpunktschule wird die Carl-Benz-Schule schon seit einigen Jahren als Ganztagsschule geführt. Das Kinder- und Jugendhaus Hallschlag von der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft trägt die Betreuung am Nachmittag, „von diesem Schuljahr an bekommen wir auch Schulsozialarbeiter“. Das Bemühen wird belohnt: Die Carl-Benz-Schule hat den Anteil der Kinder, die nach der vierten Klasse auf eine höhere Schule wechseln können, kontinuierlich erhöht in den vergangenen fünf Jahren.

Viele Schulen gehen neue Wege: Im Grundschulbereich starten die Filderschule, die Körschtalschule und die Luginslandschule als Ganztagsschule; auch die Steigschule, eine Förderschule, ändert von 2014/15 an ihr Konzept entsprechend und die Gemeinschaftsschule in Münster bietet auch ab Klasse 1 schon Ganztag. 19 Werkrealschulen und sechs Realschulen sehen darin ebenfalls die Chance zu mehr Förderung.