Mit Mit allen Mitteln versuchen die Menschen in Liberia andere über die Symptome eine Ebola-Infektion aufzuklären – hier, in der Hauptstadt Monrovia, mit Hilfe eines Graffiti Foto: dpa

Mit interaktiver Grafik - In Westafrika  sind die Ebola-Stationen überfüllt. Gisela Schneider vom Deutschen Institut für Ärztliche Mission Tübingen half in Liberia und erzählt vom langwierigen Aufbau einer Hilfe, die nicht schnell genug erfolgen kann. 

In Westafrika  sind die Ebola-Stationen überfüllt. Gisela Schneider vom Deutschen Institut für Ärztliche Mission Tübingen half in Liberia und erzählt vom langwierigen Aufbau einer Hilfe, die nicht schnell genug erfolgen kann. 

Tübingen/Monrovia - Sie hat Medikamente gebracht, Anzüge, Überzieher und Mundschutz – alles Dinge, die verhindern sollen, dass das Ebola-Virus die Menschen infiziert, die den Kranken versuchen zu helfen. Doch niemand in Liberia schüttelte ihr dafür die Hand, niemand nahm sie herzlich in den Arm – so, wie Gisela Schneider es sonst von ihren Reisen nach Afrika gewohnt war . Die Dankbarkeit zeigte sich anders: in Blicken und Worten. Aber nicht in Berührungen. „Ich habe schnell gemerkt: Ich bin in einem No-Contact-Land“, sagt die Direktorin des Difäm – des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission und der Tropenklinik Paul-Lechler-Krankenhaus.

Es ist eine ungewohnte Distanz, die sich die Menschen in dem westafrikanischen Land Liberia angeeignet haben – vielmehr: aneignen mussten. Das Vermeiden jeglichen Körperkontakts und stetes Händewaschen ist bislang der einzig wirksame Schutz, der gegen das Ebola-Virus hilft, das seit Monaten die Bevölkerung beutelt: Selbst an Tankstellen und Supermärkten stehen vor dem Eingang Waschschüsseln mit chlorhaltigem Wasser. Bei Fahrten über Land gibt es Straßenkontrollen, die nur passiert werden dürfen, wenn zuvor Fieber gemessen wurde.

Doch das reicht nicht aus: In Liberia wurden 2046 Infizierte gemeldet, knapp die Hälfte aller Erkrankten in ganz Westafrika. In der Hauptstadt Monrovia lieferten sich die Leute schon selbst ein, sagt Gisela Schneider. „Weil es keine Krankenwagen gibt, fahren sie mit Sammeltaxis zur Klinik.“ Dabei infizieren sie noch mehr Menschen. „Im Krankenhaus werden sie dann abgewiesen, weil keine Betten frei sind.“ Und unter der Notfallnummer, unter der Ebola-Fälle gemeldet werden sollen, ist niemand zu erreichen.

Bereits im August hat Difäm eine Hilfslieferung nach Liberia geschickt

Eine Woche lang hat die 56-jährige Missionsärztin zusammen mit der christlichen Hilfsorganisation Christian Health Association of Liberia (Chal) die Seuchengebiete des Landes besucht. Sie war in Gesundheitsstationen und Krankenhäusern im Busch, wo nur schlammige Straßen hinführen.

Ende Juni hatte die Organisation mit Sitz in Tübingen beschlossen, Liberia im Kampf gegen Ebola zu unterstützen, bereits im August hat die Arzneimittelhilfe des Difäm eine Lieferung im Wert von 10 000 Euro nach Liberia geschickt. Doch bei ihrem Besuch wurde Gisela Schneider schnell klar, dass die Menschen nicht nur medizinische Hilfe benötigen. „Sie brauchen Hoffnung und das Wissen, dass man sie im Kampf gegen die Epidemie nicht alleine lässt.“ Fünf der sieben Kliniken, die Schneider aufsuchte, hatten Mitarbeiter an die Seuche verloren. In einem Hospital war das Personal kurz davor, zu streiken – aus Angst, sich ebenfalls mit der tödlichen Virus anzustecken. Gespräche und eine Schulung, wie das Infektionsrisiko verringert werden kann, hätten sie aber zum Weiterarbeiten bewogen, so Schneider.

Das Durchhalten ist wichtig, denn die Ebola-Epidemie ist noch lange nicht überstanden: So befürchtet die Weltgesundheitsorganisation WHO, dass die Ebola-Seuche noch neun Monate dauern und 20 000 Infektionen erreichen wird. US-Experten gehen sogar von mindestens 12 bis 18 Monaten aus und von einer Infektionsrate von 20 000 Neuansteckungen pro Monat. Erst am Wochenende kamen Vertreter verschiedener Hilfsorganisationen auf Einladung der WHO zusammen, um über das weitere Vorgehen in dem Seuchengebiet zu beraten.

Difäm will in fünf Regionen Liberias weiter Hilfe leisten

In fünf Distrikten Liberias will Difäm weiter Hilfe leisten - nicht nur mit Geld und medizinischem Material, sondern insbesondere mit Schulungen. „Wir brauchen Mitarbeiter, die mit der Kultur und der Sprache des Landes vertraut sind “, so Schneider.

Ziel sei es, den Gemeinden Hilfe zur Selbsthilfe zu geben: Haushalte sollen einzeln aufgesucht werden, um mögliche Infizierte zu finden. Statt Betroffene in eines der überfüllten Krankenhäuser zu verlegen, sollen sie zu Hause unter Quarantäne gestellt und täglich von geschulten Mitarbeitern mit Medikamenten und Essen versorgt werden. Das Programm, das bis Jahresende geplant ist, soll 2000 Haushalte mit je 20 Personen abdecken und wird etwa 250 000 Euro kosten. „Unsere Hoffnung ist es, Weihnachten zu feiern – ohne das Virus“, sagt Schneider.

Infos gibt es auf der Webseite von Difäm, www.difaem.de. Es wird auch für die Ebola-Hilfe ein Spendenkonto eingerichtet, Kontonummer 406 660, Bankleitzahl 520 604 10, IBAN  DE36 5206 0410 0000 4066 60 bei der Evangelischen Kreditgenossenschaft Stuttgart.