Theodor Kaßberger, Paul Sander und Peter Mommsen (von links) haben die Einflüsse der 68er-Bewegung auf das Ebelu aufgearbeitet. Foto: Malte Klein

Ein früherer Schulleiter und zwei Absolventen des Ebelus haben die 68er-Jahre am Gymnasium aufgearbeitet. Sie gaben einen Eindruck davon, wie sich die Studentenbewegung auf die Schule auswirkte.

S-Nord - Die Zeit der 1968er-Bewegung ist in der Historie des seit 1686 bestehenden Eberhard-Ludwig-Gymnasiums (Ebelu) in Stuttgart nur eine kurze Episode, aber eine ereignisreiche. Einen Eindruck davon, wie sich die Studentenbewegung auf die Schule auswirkte, haben ein früherer Schulleiter und zwei Absolventen des Ebelu am Freitag gegeben. Peter Mommsen, der von 1989 bis 2002 Schulleiter war, Theodor Kasper, der 2010 Abitur machte, und Paul Sander aus dem Abijahrgang 2012 hatten zu dem Thema im Schularchiv geforscht. Das Interesse an ihrem Vortrag war groß, und es kamen auch viele Absolventen, die die 68er-Zeit als Schüler erlebt hatten.

Mutwillige Zerstörung des Schulhauses im Jahr 1972

„Es ging den Schülern mit ihrem Protest nicht darum, die Republik zu verändern, sondern die Schule“, sagte Theodor Kasper. Sie hätten durch den Einfluss der Schriften des Philosophen Herbert Marcuse einen Widerspruch in ihrem Leben bemerkt. „Einerseits erwarteten die Eltern, dass ihre Kinder zu Staatsbürgern erzogen werden“, sagte Kasper. „Auf der anderen Seite brachten ihnen die Lehrer bei, Situationen kritisch zu hinterfragen.“ Dieser Widerspruch zwischen dem Funktionieren nach den Regeln der Gesellschaft und der Erziehung zum Denken habe die Schüler unzufrieden gemacht. Wie sich das ausgewirkt hatte, haben die Referenten recherchiert.

„Im Jahr 1972 haben Schüler mutwillig große Teile des Schulhauses zerstört“, sagte Sander. Sie hätten Stühle vom Boden gerissen, Löcher in die Wände geschlagen und Schilder abgerissen, berichtete er. „Warum das geschehen ist, davon steht in dem Artikel aber nichts.“ In Protokollen habe Sander aber gelesen, dass das Verhältnis zwischen Schülern und einigen Lehrern angespannt gewesen sei. Er nannte ein Beispiel: In einem Protokoll stehe, dass Schüler sich darüber beschwert hatten, von einem Lehrer als „Fauler Badenser“ oder „Grasaffe“ beschimpft worden zu sein und dieser es darauf angelegt habe, die Klasse zu spalten. Das hätten sich die Schüler nicht gefallen lassen. „Es war mutig, dass sie sich mit dem Lehrer an den Tisch setzten und mit ihm darüber gesprochen haben“, sagte Sander. „Sie wollten Lehrern nicht um jeden Preis Contra geben, sondern sich mit ihm auf eine Stufe stellen“, so Kasper.

Kritik am Unterricht

Doch den Schülern sei es laut Sander nicht nur um Zwist mit Lehrern gegangen, sondern auch darum, an der Schule rauchen zu dürfen und um Kritik am Unterricht. „Es ging um das Riesenthema Sexualität. Denn die Schüler wollten nicht nur biologischen Sexualkundeunterricht“, sagte Sander und ergänzte: „Es gab Ausgaben der Schülerzeitung, in denen es nur um Sexualität ging“, sagte Sander. In einer anderen Ausgabe sei ein Interview mit Rudi Dutschke erschienen, der sich in der Studentenbewegung engagiert hatte.

Der damalige Schulleiter Haußmann habe seine schützende Hand über die Schülerzeitungen gehalten, sagte Mommsen. Haußmann sei aber auch streng gewesen. „Es häuften sich Ultimaten und Schulverweise“, sagte Mommsen. Während der Zeit der 68er-Bewegung sei Haußmann zwischen die Stühle geraten. „Die Schüler forderten mehr Freiheiten und er war ja liberal, aber dann wünschten sich die Lehrer sein Eingreifen“, sagte Mommsen. Ein Zuhörer, der mit Haußmann befreundet war, sagte, dass die Zeit Spuren beim Rektor hinterlassen habe. „Er war ein gebrochener Mann und hat die Zeitläufte nicht durchgestanden“, sagte er. Der Rektor habe die Jugend prägen wollen. „Dann merkte er aber, dass seine Welt nicht mehr galt, und erlebte den Zusammenbruch seines Fachs Griechisch.“

Ein Zuhörer, der damals Schüler war, sagte, er habe Haußmann nicht als gebrochenen Mann erlebt. Zu dem Abend waren aber nicht nur ehemalige, sondern auch heutige Schüler gekommen. „Es ist interessant, wie unterschiedlich die Blickwinkel sind“, sagte Stefan Maurer, der in die zwölfte Klasse geht. Es sei interessant, was damals passiert sei, es sei aber eine andere Welt gewesen. „Heute sind die Schüler des Ebelu sehr korrekt.“