Ludwigsburg Zero findet, dass beim Bau von PV-Anlagen noch viel Luft nach oben ist. Foto: (Imago/Manngold)

Die Initiative Ludwigsburg Zero will per Einwohnerantrag erreichen, dass bis Ende 2030 dreimal so viel Sonnenstrom wie jetzt in der Stadt produziert wird. Wie stehen die Chancen?

Die Stadt Ludwigsburg bezuschusst die Installation von Photovoltaikanlagen, Balkonkraftwerken und Speichern, beteiligt sich an der einschlägigen Kampagne „Das Dach kann mehr“ und unternimmt noch andere Anstrengungen, um die Solarenergie zu pushen. Ludwigsburg Zero findet gleichwohl, dass die Schlagzahl erhöht werden müsste. „Wir wollen, dass der Ausbau der PV-Anlagen bis Ende 2030 auf Bestandsdächern verdreifacht wird“, sagt Annika Urhahn, die zum Kernteam der Initiative gehört. Das Anliegen soll auch im Gemeinderat diskutiert werden – deshalb haben die Aktivisten eine Unterschriftenaktion gestartet.

Noch fehlen Unterschriften

Bis Mitte vergangener Woche hatte Ludwigsburg Zero rund 850 Signaturen beisammen. Das reicht noch nicht, damit der Antrag im Gremium behandelt werden muss. Wenigstens 1,5 Prozent aller Einwohner müssten ihren Namen auf die Liste setzen, erklärt Meike Wätjen, Pressesprecherin der Stadt. Das wären rund 1200 Personen. Die Unterzeichner müssen mindestens 16 Jahre alt sein, damit die Unterschrift zählt. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das zusammenbekommen“, sagt Achim Egner, der wie Urhahn zum Kernteam der Initiative gehört.

Urhahn erinnert daran, dass die Stadt sich das Ziel auf die Fahnen geschrieben habe, bis 2035 klimaneutral zu agieren. Dazu müsse aber eben ein höheres Tempo beim Ausbau der Sonnenkollektoren angeschlagen werden. „Der Gemeinderat soll sich damit beschäftigen, wie das gelingen könnte“, sagt die Studentin. Sie kann sich vorstellen, zum Beispiel die Beratung zu verbessern, klarzumachen, an wen man sich mit Fragen rund um den Themenkomplex wenden kann und Anliegen dann auch schnell zu behandeln. Bis Ende 2030 sollen jedenfalls so viele Module in Ludwigsburg verschraubt und installiert sein, dass zusammen eine Leistung von 60 000 Kilowattpeak erreicht wird. Aktuell, Stand 27. Juni, seien es 22 540 Kilowattpeak, erklärt Stadtsprecherin Meike Wätjen.

Bürgermeisterin: nur gemeinsam geht es

Würde der Antrag umgesetzt, müsste also eine beachtliche Lücke geschlossen werden. Allerdings, das macht auch die Stadt klar, gebe es eine Menge Solarpotenzial, das bislang brachliege. „Auch aus Sicht der Stadt ist es daher wichtig, die Photovoltaik stark auszubauen und voranzubringen“, betont Wätjen. Die Ludwigsburger Baubürgermeisterin Andrea Schwarz erklärt jedoch auch, dass die Kommune dabei auf die Mithilfe der Bürger angewiesen sei. Der Ausbau von Photovoltaik nur auf den städtischen Dächern werde „bei Weitem nicht ausreichen, um die Ziele des Antrags zu erreichen. Hierzu bedarf es des Engagements jedes und jeder Einzelnen, egal ob zur Miete oder im Eigentum. Es ist nur gemeinsam zu stemmen.“

Das unterstreichen auch die Zahlen, die die Stadt zur Stärke der Module auf den eigenen Dächern liefert. Diese leisten zusammengenommen etwa 1 Megawattpeak. Über ein Ausbauprogramm sollen bis spätestens 2030 weitere rund 5 Megawattpeak draufgepackt werden. Bedeutet: Nur circa 10 Prozent des von Ludwigsburg Zero angepeilten Zielwerts könne „durch die Solarnutzung der städtischen Dachflächen abgedeckt werden“, sagt Pressesprecherin Wätjen. Wobei es auch möglich sei, das Potenzial auf denkmalgeschützten Gebäuden zu nutzen. Es sei aber noch nicht ermittelt, um welche Dimensionen es in dem Bereich geht.

Rabatt auf Grundsteuer vorgeschlagen

Wenngleich also die Kommune offenbar den Wunsch von Ludwigsburg Zero nicht im Alleingang erfüllen könnte, hält Jens Walter den Zielwert von Egner, Urhahn und Co. sogar für zu niedrig angesetzt. „Es hätten eher 90 000 Kilowattpeak sein müssen“, sagt der Vorsitzende der Solarinitiave Ludwigsburg. Das würde bedeuten, dass auf jeden Einwohner ungefähr 1 Kilowattpeak käme. Jeder Haushalt könne sich doch mindestens ein bis zwei Balkonmodule anschaffen, dann wäre schon viel gewonnen. Dank einheitlicher Stecker sei der Anschluss ein Kinderspiel. „Das größte Hemmnis sind hier die Eigentümergemeinschaften“, erklärt Walter. Optische Bedenken würden oft vorgebracht. Doch dieses Problem lasse sich leicht aus der Welt schaffen, indem man sich eben auf eine einheitliche Linie verständige, wie die Module angebracht werden. Die Stadt wiederum könnte die Solartechnik weiter forcieren, indem beispielsweise Eigentümern mit entsprechenden Anlagen ein Rabatt bei der Grundsteuer gewährt werde.

Stimmt ein altes Vorurteil überhaupt?

Walter räumt auch mit einem weitverbreiteten Vorurteil auf, wonach die Module mit der Zeit stark an Wirkkraft verlören. „Wir können aus unserer langen Praxiserfahrung sagen, dass das nicht stimmt. Der Leistungsverlust von Altanlagen, die wir als Verein vor 20 Jahren in Betrieb genommen haben, liegt vielleicht bei vier bis fünf Prozent“, sagt er.

Ludwigsburg Zero, kleine Initiative mit großem Ziel

Antrag
Mit dem Einwohnerantrag will Ludwigsburg Zero erreichen, dass die Stadt den Zubau von Photovoltaik auf bestehenden Ludwigsburger Dachflächen fördert und auf eigenen Gebäuden beschleunigt, um bis Ende 2030 eine Photovoltaik-Leistung von mindestens 60 000 Kilowattpeak zu erreichen. Die Kommune solle zudem „jährlich einen Bericht über die geplanten Maßnahmen und den Stand der Umsetzung veröffentlichen“.

Gespräche
Bei Ludwigsburg Zero handelt es sich um eine Initiative, die aus rund einem Dutzend Sympathisanten besteht. Das Kernteam bilden eine Handvoll Aktivisten, die nach eigenen Angaben bereits mit einigen Fraktionen des Gemeinderats Gespräche geführt haben und dort im Grundsatz auf offene Ohren für ihr Anliegen gestoßen sind.