Christoph Werner, Vorsitzender der Geschäftsführung von dm, will auf die Vorwürfe von Verdi nicht konkret eingehen. Foto: dpa/Uli Deck

Die Gewerkschaft Verdi geht in den Clinch mit der Geschäftsführung der Drogeriemarktkette dm. Anlass ist die Entlassung eines Ehepaars aus krankheitsbedingten Gründen. Nun wird protestiert.

Die Drogeriemarktkette dm feiert 2023 ihr 50-jähriges Bestehen und hat daher die Tarifeinkommen ihrer Beschäftigten rückwirkend zum April um sechs Prozent erhöht. Dies soll nicht nur ein Vorgriff auf den noch offenen Tarifabschluss sein – das Unternehmen legt wie so oft Wert auf den Eindruck, dass es wertschätzend mit den Mitarbeitenden umgeht.

Umso empfindlicher wird das Bild der Harmonie von zwei Kündigungsschutzklagen vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe gestört, die an diesem Freitagvormittag verhandelt werden. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi hat das Unternehmen Ende Mai fast gleichzeitig zwei Eheleuten gekündigt, die 17 beziehungsweise zwölf Jahre bei dm beschäftigt seien und drei Kinder im Alter zwischen acht und 18 Jahren hätten. Grund sollen längere Fehlzeiten aufgrund von Krankheitsphasen gewesen sein.

„Hartes Regime“ im dm-Verteilzentrum

Das Ehepaar ist im dm-Verteilzentrum im badischen Waghäusel beschäftigt, wo ein laut Verdi „hartes Regime“ seitens der Leitung geführt wird. 16 Beschäftigte sind nach Betriebsratsangaben krankheitsbedingt entlassen worden – gerade Angestellte in der Warenkommissionierung mit höherem Alter sowie längeren Zugehörigkeiten von 14 Jahren und mehr seien betroffen.

Die Zahl der Kündigungen soll gegenüber den Vorjahren klar gestiegen sein. Während der laufenden Tarifrunde, in der Verdi Warnstreiks am Standort organisieren konnte, sei immer wieder Druck durch den Arbeitgeber ausgeübt worden. Nun hätten etliche Beschäftigte gegenüber der Gewerkschaft die Angst geäußert, sich krankzumelden. Etwa 950 Beschäftigte sind in Waghäusel tätig.

Mehr als 150 Beschäftigte zur Solidaritätsaktion erwartet

Verdi-Sekretär Robin Weller zeigt sich „erschrocken“ von dem Vorgang und nennt die Kündigungen „existenzbedrohend für die fünfköpfige Familie“. Er appelliert an die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Verständigungsversuche sind offenbar gescheitert. Verdi hat daher für diesen Freitag zur Solidaritätsaktion von Beschäftigten des Einzelhandels im Rahmen der Tarifrunde aufgerufen. Dazu werden mehr als 150 Leute aus 15 Standorten diverser Unternehmen erwartet.

Christoph Werner: dm orientiert sich am Gesetz

dm will auf Anfrage die Anschuldigungen nicht im Detail bewerten. „Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, wollen wir uns inhaltlich zu den konkreten Vorwürfen von Verdi nicht äußern“, sagt Christoph Werner, der Vorsitzende der Geschäftsführung. Generell könnten krankheitsbedingte Kündigungen laut Gesetz ausgesprochen werden, wenn in einem Zeitraum von drei Jahren jedes Jahr mindestens sechs Wochen Abwesenheit durch Krankheit festgestellt worden sei, zudem wenn Wiedereingliederungsbemühungen ohne Erfolg seien und mit einer negativen Prognose stattgefunden hätten. „Gerade weil wir uns bei dm sowohl für die Arbeitsgemeinschaft als auch für jeden einzelnen Mitarbeitenden verantwortlich fühlen, orientieren wir uns an diesen Maßstäben bei der schwierigen Entscheidung einer krankheitsbedingten Kündigung“, sagte er.